Faszination Menschenfresser
ein damals 78-jähriger Schweizer, der im Juli 1974 während einer Exkursion auf Komodo verschwand. Die Stelle, an der man später seine Hasselblad-Kamera mit zerrissenen Riemen und einen blutverschmierten Schuh fand, markiert heute ein weißes Kreuz, auf dem zu lesen ist: »In Erinnerung an Baron Rudolf von Reding, Biberegg. Geboren in der Schweiz am 8. August 1895 und verschwunden auf dieser Insel am 18. Juli 1974. Sein Leben lang liebte er die Natur.«
Im September 1990 war es dann ein Einheimischer, der einen blutigen Kampf auf Leben und Tod mit einem über zwei Meter langen Komodowaran zu bestehen hatte. Die Echse hatte den Mann aus dem Hinterhalt attackiert und sich anschließend in das Bein ihres Opfers verbissen. Über 40 Minuten dauerte das gefährliche Duell, bevor es dem Mann letztendlich gelang, die riesige Echse mit einer Machete zu töten.
2001 schaffte es ein in Gefangenschaft gehaltener Komodowaran in die Schlagzeilen. Der »Komodo-Drache« hatte Phil Bronstein, den Ehemann der amerikanischen Schauspielikone Sharon Stone, bei einem privaten Besuch des Zoos von Los Angeles kräftig in den Fuß gebissen. Bronstein mussten in einer großen Operation mehrere Fußsehnen ersetzt werden. Sein großer Zeh war sogar dermaßen zerfetzt, dass einer der in Hollywood so reichlich vorhandenen plastischen Chirurgen tätig werden musste.
2007 wurde dann ein neunjähriger Junge, der zusammen mit seinem Onkel mit dem Ausbessern von Fischernetzen beschäftigt war, unvermittelt von einem fast drei Meter großen Komodowaran äußerst brutal attackiert. Der Waran riss dem Jungen zunächst mit den Klauen ein Bein auf, packte ihn dann mit den Zähnen und versuchte, ihm durch kräftiges Hin- und Herschütteln das Rückgrat zu brechen. Anschließend schleuderte die gewaltige Echse das Kind regelrecht durch die Luft und biss immer wieder mit seinen rasiermesserscharfen Zähnen zu. Als es dem Onkel und anderen Dorfbewohnern schließlich gelang, den Waran mit Steinwürfen zu vertreiben, war es zu spät. Der Junge war seinen schweren Verletzungen erlegen.
Nur zwei Jahre später wurde ein indonesischer Fischer im Komodo-Nationalpark gleich von mehreren Komodowaranen zerfleischt. Der Mann, der verbotenerweise im Park Früchte sammeln wollte, konnte nicht mehr gerettet werden.
Das vorläufig letzte Mal kam es dann im Februar 2010 zu einem blutigen Zwischenfall, als ein über zwei Meter großer Komodowaran einen Parkranger attackierte und sich in dessen Fuß verbiss. Durch die Schreie des Opfers alarmierte Kollegen konnten Schlimmeres verhindern, indem sie die Echse mit heftigen Stockschlägen vertrieben. Das Opfer, das bei der Attacke tiefe Fleischwunden erlitt, musste stationär im Krankenhaus behandelt werden.
Walter Auffenberg, Zoologe an der University of Florida und einer der führenden Komodowaranexperten weltweit, der zwischen 1969 und 1972 die Lebensgewohnheiten der großen Echsen detailliert studierte, schätzte die Gefährlichkeit der »letzten Drachen« als nicht kalkulierbar ein: »Von hundert Tieren verhalten sich höchstens zwei dem Menschen gegenüber aggressiv. Alle anderen sind scheu und gehen ihm möglichst aus dem Weg. Ein absolut angriffiger männlicher Komodowaran war ›Nummer 34‹. Er attackierte einen meiner Mitarbeiter ohne jede Vorwarnung, und er verfolgte einmal auch meine Kinder vom Strand bis zu unserer Hütte. Zum Glück ist in beiden Fällen nichtspassiert. Trotz aller Unberechenbarkeit ist der Komodowaran aber kein Ungeheuer und ist Komodo nicht Jurassic Park . Komodowarane sind einfach kräftige Raubtiere. Nicht mehr und nicht weniger. Verteufeln wäre völlig fehl am Platz.«
Als nicht gerade ungefährlich für Komodo-Besucher betrachten Reptilienexperten die auf der Insel durchaus gängige Praxis, die üblicherweise nur schwer zu beobachtenden Komodowarane an speziellen »viewing sites« mit geschlachteten Ziegen anzulocken, um zahlungskräftigen Komodotouristen Gelegenheit für spektakuläre Fotos bzw. Videoaufnahmen zu bieten. Die Warane lernen hier nämlich im Laufe der Zeit, Menschen mit Nahrung zu verbinden, und das könnte für den einen oder anderen Besucher mehr als ungemütlich werden.
Es ist schon erstaunlich, dass ein so gewaltiges Tier wie der Komodowaran der Wissenschaft relativ lang verborgen bleiben konnte. Denn bis zum Jahr 1910 wusste man in der westlichen Welt so gut wie nichts von den auf Komodo lebenden größten Echsen der Welt. Zwar machten immer wieder Gerüchte von
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