Faszinierend wie der Kuss des Herzogs
Italiener! Und mit keinem einzigen Mann kann man interessante Gespräche führen. Die sitzen nur da und starren mich an – wie lauter Idioten.“
„Und sie schicken dir Blumen und bringen dir Ständchen unter deinem Fenster“, warf Clio lächelnd ein.
„Für diesen Unsinn habe ich keine Zeit.“
„Eines Tages wirst du dir Zeit dafür nehmen müssen. So wie wir alle.“
„Was meinst du?“
„Nachdem Calliope geheiratet hat, erwartet man, dass wir beide die Nächsten sind.“
Entschlossen schüttelte Thalia den Kopf. „Unserem Vater ist es gleichgültig, ob wir heiraten oder nicht. Mit seiner Villa und den Mosaiken hat er genug zu tun. Also wird er sich nicht um solche belanglosen Dinge kümmern.“
Clio schaute wieder in den Garten hinab, wo ihr Vater und Lady Rushworth einträchtig beieinandersaßen. Als Ihre Ladyschaft ihm eine Stelle in ihrem Buch zeigte, ergriff er ihre behandschuhte Hand und hauchte einen Kuss darauf. Da errötete sie, eine Witwe mit zwei erwachsenen Söhnen und Enkelkindern.
Seit dem Tod der Mutter hatte Clio ihren Vater nicht mehr so glücklich gesehen. „Vielleicht wird das nächste Mitglied der Familie Chase, das vor den Traualtar tritt, keine Muse sein.“
Thalia trat an ihre Seite und beobachtete die Szene unter dem Mandelbaum. „Meinst du … Vater wird Lady Rushworth heiraten?“
„Möglicherweise.“
„Aber sie sind nur befreundet!“
„Falls sie dennoch heiraten, will Vater in der ersten Zeit bestimmt nicht zu viele Musen am Hals haben. Und da du die Schönste von uns allen bist, wirst du als Nächste heiraten.“
Die Stirn gerunzelt, wandte Thalia sich vom Fenster ab. „Ich? Wie ein Bonbon sehe ich aus – und du gleichst einer Göttin. Zweifellos wirst du das Herz eines interessanten, starken, klugen Mannes gewinnen und …“ Ihre Stimme erstarb, und sie senkte den Kopf.
Besorgt musterte Clio ihre Schwester, die nur selten bedrückt wirkte und meistens vor Selbstvertrauen strotzte. „Stimmt etwas nicht, Liebes?“, fragte sie und ergriff Thalias Hand. „Ist etwas geschehen?“
Thalia hob das Kinn. Obwohl sie lächelte, erschien ein seltsamer Glanz in ihren hellblauen Augen. „Natürlich nicht, Clio. Was könnte denn passieren? Ich will nur nichts von einer Heirat hören.“
„Niemals würde Vater dich zu irgendetwas zwingen …“
„Keine Bange, eines Tages werde ich heiraten – wenn ich jemanden treffe, der so gut zu mir passt wir Cameron zu Calliope.“ Besänftigend drückte Thalia die Hand ihrer Schwester und schlenderte zum Schreibtisch zurück, wo sie einen Brief ergriff. „Wie ich sehe, hast du heute eine Nachricht von ihr erhalten.“
„Ja, ich dachte, nach dem Dinner könnten wir alle ihre Neuigkeiten lesen.“
„Was meinst du, wo die beiden jetzt sind? Auf Capri? In der Toskana? In Venedig?“
„Eher auf der Rückreise nach England. Hoffentlich erwarten sie uns, wenn wir selber heimkehren.“
„Mit einem kleinen Chase-de Vere unter Calliopes Herzen …“ Thalia legte den Brief auf den Tisch zurück. „Vermisst du sie?“
„Ja, gewiss.“ Clio entsann sich, wie sie mit Cal am Ufer eines Flusses in Yorkshire gesessen und die Schwester sie beschworen hatte, ihr in Zukunft alles zu erzählen. Sie hatte versprochen, keine Geheimnisse mehr zu hüten und die Aktivitäten der Liliendiebin aufzugeben. „Niemals waren wir alle so lange voneinander getrennt. Fehlt sie dir auch?“
„Sogar sehr. Aber ich dachte, für dich wäre es noch schlimmer, weil ihr euch immer so nahegestanden habt.“
„Ja. Ich habe jedoch immer noch dich. Und dabei wird es bleiben, wenn wir Altjungfernmusen werden.“
Darüber musste Thalia lachen, und die Melancholie, unter der sie zu leiden schien, verflog. „Was für formidable alte Tanten werden Cals Kinder beglücken! Ich unterrichte sie in Musik und Literatur und bringe ihnen bei, wie man mit Pfeil und Bogen schießt. Von dir lernen sie schwimmen und wie man in einer Tonscherbe die Geschichte einer ganzen Ära liest.“
Auch Clio lachte. „Und wie man miserabel näht?“
„Das auch. Aber da das erste Kind noch gar nicht auf der Welt ist, müssen wir uns vorerst nicht damit befassen … Oh!“
„Was ist los?“
„Beinahe hätte ich vergessen, warum ich zu dir gekommen bin. Ich möchte Lady Riverton besuchen, und du hast versprochen, mich zu begleiten.“
Unbehaglich biss Clio auf die Lippe. Die verwitwete Lady Riverton war die selbst ernannte gesellschaftliche Anführerin der englischen
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