Faszinierend wie der Kuss des Herzogs
verliebt.“
Über den vergoldeten Rand seines Weinglases hinweg schaute er zu Thalia hinüber, die sich lächelnd mit den Elliotts unterhielt. Ihr Haar schimmerte im Kerzenlicht wie eine goldene Gloriole. „Und deine hübsche Schwester? Ist sie in mich verliebt?“
„Damit würde ich nicht rechnen, mein Freund. Sie mag wie ein Engel aussehen, besitzt aber die Seele eines Dämons. Sei vorsichtig, sonst wirst du bald im Amphitheater hin und her laufen und alle ihre Befehle befolgen. Diese Wirkung übt sie nun einmal auf die Männer aus.“
„Niemals lasse ich mich von einer Dame herumkommandieren. Außer von dir.“
„Nur weil meine Befehle dir helfen, deine Ziele zu erreichen – die Altertümer nach Italien zurückzubringen.“
„Gewiss, das stimmt.“
„Und was hat dich nach Santa Lucia geführt?“
Marco sah sich im dicht bevölkerten Salon um. „Darüber sollten wir hier nicht reden.“
„Natürlich nicht.“ Trotz ihres Entschlusses, die Liliendiebin endgültig zu vergessen, fühlte Clio, wie die vertraute Erregung aus ihrem langen, respektablen Schlaf erwachte, das Bestreben, altes Unrecht wiedergutzumachen. Sie umfasste den Stiel ihres Weinglases etwas fester. Nein! Ganz egal, was Marco plante – daran würde sie sich nicht beteiligen. Das hatte sie Calliope versprochen.
Aber es würde nicht schaden, sich anzuhören, was er beabsichtigte …
„Schick mir später eine Nachricht“, flüsterte sie.
Ernsthaft schaute er in ihre Augen. „Nimm dich in Acht, Clio. Hier geschehen Dinge, die dich gefährden könnten.“
Sie dachte an Edwards Warnung, an Rosas Gerede von Geistern und Flüchen. „In dieser verschlafenen Stadt?“
„Sicher weißt du besser als sonst jemand , wie oft der äußere Schein täuscht.“ Er stellte sein leeres Glas auf das Podest der Komödienstatue und verschränkte die Hände hinter dem Rücken. „Sei vorsichtig bei deiner Arbeit, Clio.“
„Oh, ich bin immer vorsichtig.“ Zumindest fast immer. Wenn sie nicht gerade Edward küsste – unfähig, damit aufzuhören …
Als hätten ihre Gedanken ihn heraufbeschworen, öffnete sich die Tür des Salons, und der Duke trat ein. Und an diesem Abend war er der Duke, nicht Edward, der mit ihr auf einem alten Turm gestanden und etwas gespürt hatte, das sie beide nicht kontrollieren konnten … Über einer Weste aus Goldbrokat trug er einen saphirblauen Abendfrack mit Diamantknöpfen und dazu seidene Kniehosen. Seine antiken Ringe glänzten an langen, schmalen Fingern und verbargen deren Kraft.
Gegen ihren Willen erinnerte Clio sich an die Liebkosungen dieser Hände, an das Prickeln, das sie erzeugten. Dann schüttelte sie den Kopf und verdrängte die lockenden Fantasiebilder. Lady Rivertons Salon, in dem sich so viele Gäste aufhielten, war ein unpassender Ort für lustvolle Emotionen.
Während sie beiläufiges Interesse heuchelte, beobachtete sie, wie sich Lady Rivertons gezwungenes Lächeln in freudiges Strahlen verwandelte. Von Mr. Frobisher gefolgt, eilte sie dem ersehnten Ehrengast entgegen.
Auch die Gäste wandten sich zur Tür, das Stimmengewirr verstummte. Ein Duke, welch eine Sensation! Und nicht nur ir gendeiner, sondern der attraktive, berühmte Duke of Averton!
„Was macht er hier?“, murmelte Marco mit rauer Stimme.
Clio schaute ihn an und bemerkte seine finstere Miene, die Anspannung seiner breiten Schultern unter dem eleganten dunkelgrünen Frackrock. Als wollte er sich auf den Duke stürzen und rächen, was vor all den Monaten in Yorkshire geschehen war, beim Verlust der Alabastergöttin … Damals hatte Marco ebenso wie Cameron gewalttätige Neigungen verspürt.
Besänftigend legte sie eine Hand auf seinen Arm. Was würde er tun, wenn er erfuhr, die Artemis-Statue würde sich möglicherweise in Santa Lucia befinden? Oder wusste er das bereits? Hielt er sich deshalb in der Stadt auf? Wollte er beenden, was in Yorkshire begonnen hatte?
Andererseits – sein Blick verriet echte Überraschung. Wenn es nicht um Artemis ging – aus welchem anderen Grund war er hierhergekommen?
„Was er in Sizilien vorhat, weiß ich nicht“, antwortete sie leise. „Vielleicht interessiert er sich nur für die Sehenswürdigkeiten, so wie wir alle.“
„Das glaubst du nicht, Clio. Natürlich plant er irgendwelche unlauteren Aktivitäten.“
Im Gegensatz zu dir, dachte sie ironisch und beobachtete Edward, der die Hand der errötenden Gastgeberin an die Lippen zog. „Bevor er uns Ärger macht, muss er erst einmal
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