Faszinierend wie der Kuss des Herzogs
zögernd legte sie ihre behandschuhten Finger darauf und folgte ihm zum Speiseraum. „Außerdem will ich die Gelegenheit nutzen und Ihnen ein paar Fragen stellen.“
„Worüber?“, fragte sie argwöhnisch.
„Oh, dies und das. Hauptsächlich interessiere ich mich für Ihren Freund, den Conte de Fabrizzi.“
In Clios Wangen stieg ein rosiger Schimmer, und sie wich seinem Blick aus. „Ich kenne ihn kaum. Und dass er sich in Sizilien aufhält, erfuhr ich erst während einer Teeparty bei Lady Riverton.“
„Ach, Sie kennen ihn kaum? Wahrscheinlich kennen Sie einen Zigeuner namens Marco etwas besser – einen Burschen, der großartig mit Stemmeisen umgehen und Schlösser aufbrechen kann.“
„Keine Ahnung, warum er hier ist … Jedenfalls hat er seine frühere … Beschäftigung aufgegeben, das weiß ich.“
„So wie Sie?“
„Ja, Euer Gnaden.“ Jetzt schaute sie ihn an. „Hängt die Gefahr, die Sie erwähnt haben, mit dem Conte zusammen?“
Abrupt ließ sie seinen Arm los und ging zu einem leeren Stuhl am Ende der langen Tafel. Edward folgte ihr etwas langsamer. Offenbar war es ein Fehler gewesen, ihr sein Interesse an Fabrizzi zu verraten. In Zukunft würde er vorsichtiger taktieren.
11. KAPITEL
Clio wanderte Lady Rivertons Terrasse entlang. Die hohe Glastür stand halb offen, Stimmengewirr und bernsteingelbes Licht drangen heraus. Nach dem Dinner spielten die Gäste im Salon Karten.
Vom Mondschein versilbert, wuchsen Blumen und Kräuter in Terrakottatöpfen am Rand der Terrasse. Hinter dem gepflegten Garten lag die kleine Stadt, still und friedlich.
Aber wie Clio wusste, verbargen stille Fassaden oft die größten Gefahren. Sie legte ihre behandschuhten Hände auf die kalte steinerne Balustrade und blickte in die schweigende dunkle Nacht, die stets ihre Freundin gewesen war. In ein paar Tagen würden, wie Rosa erklärt hatte, die Musik und die helle Beleuchtung des Frühlingsfestes die Ruhe stören. Man würde den Vollmond und das Ende des Winters feiern, in der Hoffnung auf eine gute Ernte und Wohlstand. Früher hatte man Demeter und ihrer Tochter gehuldigt, jetzt bot das Fest den Vorwand für eine große Party.
Was würde sie feiern? Was erhoffte sie, was würde ihr das restliche Jahr bringen? Sie fühlte, dass sie an einem Wendepunkt stand. Nun existierte die Liliendiebin nicht mehr. Doch die Ideale, die sie zu jenen Taten veranlasst hatten, erfüllten sie immer noch. Was sollte sie tun?
Sie hörte, wie die Glastür weiter aufschwang, auf dem Marmorboden näherten sich Schritte. Wer zu ihr kam, wusste sie, noch bevor er sie erreichte, denn sie spürte eine vertraute, lockende Wärme. „Ich dachte, vielleicht sind Sie durstig“, sagte Edward und stellte ein Glas mit rubinrotem Wein auf die Balustrade.
„Danke.“ Clio nippte an dem aromatischen Getränk. „Trinken Sie nichts?“
„Schon vor langer Zeit habe ich dem Wein abgeschworen.“
„Offenbar auch den Spielkarten.“ Sie wies auf die Glastür, hinter der sich die Gäste mit Pikett und Lu vergnügten.
„Damit habe ich mich in meiner Jugend oft genug befasst.“
„Ja, irgendwann müssen wir alle aufgeben, was uns schadet.“
„Oder es bringt uns um.“
Clio stärkte sich mit einem zweiten Schluck Wein. „Wie Sie wissen, habe ich mit meinen schlechten Gewohnheiten gebrochen. Das versprach ich meiner Schwester Calliope. Seither ist meine Arbeit mit den Altertümern über jeden Verdacht erhaben.“ Was immer ihn nach Santa Lucia geführt haben mochte, was er zu entdecken hoffte – sie wollte ihm klarmachen, damit habe sie nichts zu tun.
„Das weiß ich. Auch ich habe die schlechten Gewohnheiten meiner Jugend abgelegt. Wie ich bereits in England erwähnt habe, arbeite ich jetzt für die Antiquities Society und lege Kunstdieben das Handwerk. Aber manchmal folgen uns einstige Taten in die Zukunft, mit Konsequenzen, die wir nicht vorhersehen.“
Forschend schaute sie ihn an. Was meinte er? Was war in seiner Jugend geschehen? Gewiss, er hatte wie die meisten reichen jungen Aristokraten zu viel Alkohol getrunken, zu viel Geld verspielt und sich zweifellos auch mit Frauen von fragwürdigem Ruf amüsiert. Doch da musste noch etwas anderes vorgefallen sein, und sie würde gern herausfinden, warum Calliopes Ehemann ihn hasste. Leider gab Edward sein Inneres ebenso wenig preis wie sie. Und so schlichen sie umeinander herum, unsicher und misstrauisch, aber magisch zueinander hingezogen.
„Warum Marco hier ist, weiß ich wirklich
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