Faszinierend wie der Kuss des Herzogs
mehr an und lachte nur. Rasch wandte sie sich ab, eilte zur beleuchteten Piazza zurück, zum willkommenen Lärm, ins wirkliche Leben.
13. KAPITEL
Edward stemmte seine Hände gegen die Gartenmauer. Die Augen geschlossen, zwang er sich, tief durchzuatmen, den feurigen Aufruhr in seinem Innern zu besiegen.
Aber er roch immer noch Clios Lilienduft. So sicher war er gewesen, er hätte die heißen Wünsche, die sie weckte, längst begraben. Trotzdem sehnte er sich inständig nach ihr, mit allen Fasern seines Körpers, mit seiner ganzen Seele.
Und das lenkte ihn von seinen Plänen ab – etwas Sonderbares, Elementares, das er nicht bekämpfen konnte. Der Mann, der er früher gewesen war, hätte sich nicht zurückgehalten und genommen, was er wollte. Auf nichts hätte er verzichtet. Jetzt war er nicht mehr der verwöhnte junge Aristokrat. Mit seinen unbedachten, impulsiven Aktionen hatte er andere verletzt. Seine Familie, seine zahlreichen Geliebten, viele Menschen, die seine Freundschaft gesucht hatten – und eine junge Frau mit traurigen Augen, deren Bild ihn bis zu diesem Tag verfolgte, die wegen ihrer unklugen Liebe zu dem selbstsüchtigen, herzlosen Jüngling ins Unglück gestürzt war …
So wie damals durfte er sich nie mehr verhalten, schon gar nicht, wenn es um Clio ging.
Langsam wanderte Clio an den Tanzpaaren vorbei. Durch ihren Schleier sah sie die ausgelassenen, bunt gekleideten Gestalten wie in einem fernen Traum. Nur die wenigen Momente, die sie mit ihm verbrachte, erschienen ihr immer eindringlicher wie die wahre Realität. Bald musste etwas geschehen, irgendetwas musste sich ändern. In Zukunft durfte sie Edward nicht mehr so wild und verzweifelt begehren. Sonst würde sie sich selbst verlieren.
Was sollte sie tun? Ihre vernünftige Schwester Calliope würde ihr sicher einen guten Rat geben. Noch nie hatte Clio sich so einsam gefühlt. Sie nahm einen gefüllten Weinkelch von einem der Buffettische. Während sie daran nippte, beobachtete sie die Menschenmenge. Ihr Vater und Lady Rushworth saßen mit Freunden unter einem Portal, plauderten angeregt und ließen eine Platte voller Käse und Oliven herumgehen. So früh wie auf Lady Rivertons Party würde sich Sir Walter diesmal nicht verabschieden. Alt und erschöpft – also wirklich …
Eine Zeit lang hielt sie vergeblich nach Thalia Ausschau, dann entdeckte sie das elfenbeinweiße, von Goldfäden durchzogene Kleid, das leuchtende blonde Haar. Ihre Schwester tanzte nicht. Stattdessen saß sie auf den Kirchenstufen und lachte mit einem Mann in einem rotschwarz gestreiften Umhang. Als er sich näher zu ihr neigte, streifte er seine Maske zu seinem Haaransatz hinauf, und Clio erkannte ihn – Marco.
Verwirrt und besorgt, runzelte sie die Stirn. Mit seinem Charme hatte er schon viele Frauen betört. So leicht ließ Thalia sich nicht zum Narren halten. Andererseits war sie jung und unerfahren – und Marco sehr attraktiv. Wenn er sie verletzte … Nun, das würde er bitter bereuen. Dafür werde ich sorgen, schwor sich Clio.
Als die beiden von den Stufen aufstanden und Hand in Hand zur Tanzfläche zurückkehrten, wandte sie sich ab. Bisher war Edward nicht erschienen, und sie konnte endlich etwas ruhiger atmen. Sie schob ihren Schleier beiseite, schlenderte umher und versuchte festzustellen, wer sich hinter welcher Maske verbarg. Sicher war die Schäferin im rosa Brokat, mit Diamanten geschmückt, Lady Riverton. Und der Gentleman im weißen Pelz musste Mr. Frobisher sein. Der kichernde Engel, der mit dem Harlekin tanzte, war Susan Darby. Mit Peter Elliott? Schande über ihn! So schnell vergaß er Thalia und erwärmte sich für Miss Darby?
Clio lachte und nahm noch einen Schluck Wein. Als sie den Kelch senkte, bemerkte sie eine verstohlene Bewegung an der Ecke der Bäckerei. Ein großer Mann in einem braunen Umhang, mit einer Totenkopfmaske, spähte über seine Schulter, ehe er in der Gasse zwischen dem Haus und einer geschlossenen Gemüsemarktbude verschwand. Das fand sie sehr verdächtig.
Kurz entschlossen stellte sie das Weinglas auf einen Tisch, zog den Schleier wieder vors Gesicht und eilte zu der dunklen Gasse. Aus einem hinteren Fenster der Bäckerei drang schwaches Licht, und sie sah, wie der Mann, der die Totenkopfmaske trug, mit jemandem sprach, einer kleineren Gestalt in einem schwarzen Cape.
Aus früheren diebischen Zeiten kannte Clio das Gefühl einer geheimnisvollen Gefahr, und ihr Puls beschleunigte sich. Die Röcke gerafft, um das
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