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Faszinierend wie der Kuss des Herzogs

Faszinierend wie der Kuss des Herzogs

Titel: Faszinierend wie der Kuss des Herzogs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: AMANDA MCCABE
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Masken.
    „So, ich bin fertig, Signorina“, sagte die Schneiderin. „Sind Sie zufrieden?“
    „O ja, sehr, Signora.“ Thalia sprang vom Stuhl und drehte eine Pirouette.
    „Würden Sie Ihr Kostüm anprobieren, Signorina Clio?“ Die Schneiderin nahm ein zusammengerolltes schwarzes Teil aus einem Korb. „Wenn es bis heute Abend fertig werden soll, habe ich noch viel zu tun.“
    „Natürlich, zieh es an, Clio!“, drängte Thalia. „Ich habe dein Kostüm noch gar nicht gesehen.“
    „Weil ich keine Zeit für Frivolitäten habe, im Gegensatz zu meiner schönen kleinen Schwester“, scherzte Clio. In Wirklichkeit liebte sie es genauso wie Thalia, sich zu verkleiden. Bestand das Leben nicht aus lauter Verkleidungen? Sie trat hinter einen Wandschirm und vertauschte ihr schlichtes Musselinkleid mit dem zusammengehefteten Kostüm. In glänzendem schwarzem Satin und feiner Spitze verkörperte sie eine Königin der Nacht. Eine schwarze, mit Jettperlen besetzte Maske verdeckte ihr Gesicht, ein Tüllschleier verbarg ihr Haar – so würde niemand sie erkennen.
    Sie wollte mit der Dunkelheit verschmelzen und die Wahrheit hinter all den Rätseln finden, die sie in Santa Lucia quälten. An diesem Abend würde sich nicht einmal Edward vor ihr verstecken können.
    Nach Sonnenuntergang verwandelte sich die Piazza. Die Läden und Marktstände waren geschlossen, die Fassaden mit Frühlingsgirlanden und Fahnen in Grün, Weiß und Gold geschmückt. Am violetten Himmel leuchtete der Vollmond und schien auf die fröhlichen Leute herab, die auf dem Kopfsteinpflaster zu traditionellen Melodien tanzten. Lange Buffettische standen unter einem Portal. Auf den Kirchenstufen erhob sich die bemalte Statue der heiligen Lucia. Normalerweise wurde sie nur an ihrem Feiertag in Dezember aufgestellt. Aber an diesem Abend beobachtete sie das festliche Treiben mit hellblauen Glasaugen. Zu ihren Füßen häuften sich Früchte und Blumen.
    Das Licht flackernder Fackeln am Rand der Tanzfläche spiegelte sich im Brunnenwasser und in den Augen der Tänzer, die sich hinter gefiederten oder perlenbesetzten Masken zeigten. Fantastisch gewandet, wiegten sich die Paare im Takt – in schwarzen Dominos, raschelndem Satin, mittelalterlichen Wämsern. Heilige und Teufel mischten sich mit griechischen Göttern, Drachen und Prinzessinnen.
    Aufgeregt umklammerte Thalia die Hand ihrer Schwester. Auch Clios Herz pochte schneller. Hier ging es nicht so zu wie auf den Londoner Maskenbällen, wo alle Gäste inkognito blieben. Denn in dieser kleinen Stadt erkannte man jeden. In dieser oder jener Verkleidung konnten nur Mr. Frobisher, Peter Elliott und der sizilianische Bäcker stecken. Oder ein exotischer Fremder …
    „Wie schön, Clio!“, flüsterte Thalia.
    „Ja, wundervoll.“
    Ein junger Mann in der schwarz-weißen Seide eines Harlekins umfing ihre Taille und tanzte mit Thalia davon.
    Lächelnd sah Clio ihren Vater im Sokrateskostüm mit Lady Rushworth in einem aufwendigen elisabethanischen Gewand zu den Buffets schlendern. Bald würden sie Freunde finden und die ganze Nacht über die Arbeit in der alten Villa reden. So wie die unermüdliche Thalia bis zum Morgengrauen tanzen würde …
    In den nächsten Stunden wird niemand nach mir suchen, dachte Clio. Am Rand des Gedränges ging sie zur Kirche. Lachend wehrte sie einen Apollo ab, der mit ihr tanzen wollte.
    Zu ihrer eigenen Verblüffung musste sie sich eingestehen, wie gern sie tanzen würde. Das war nicht ihr liebster Zeitvertreib, und sie bewegte sich auch nicht so anmutig wie Thalia. Aber an diesem Abend verspürte sie eine wachsende Erregung, hervorgerufen von der Musik, den Fackeln, den schönen Masken, und sie wollte umherwirbeln, bis ihr schwindlig wurde, bis alles ringsum verschwamm.
    Aber nur in den Armen eines einzigen Mannes … Oh, warum musste Edward unentwegt ihre Gedanken beherrschen und ihren klaren Verstand bedrohen?
    Sie eilte hinter die Kirche, betrat eine enge Gasse, wo sie keiner Menschenseele begegnete. Doch sie hörte immer noch die Musik und das Gelächter. Nach wenigen Minuten erreichte sie das Tor von Avertons Palazzo und spähte zwischen den schmiedeeisernen Schnörkeln hindurch. Hinter einem Fenster brannte Licht. In dem Raum, wo die Alabastergöttin stand?
    Im Schatten hinter ihrem Rücken nahm sie eine Bewegung wahr, fuhr herum und sah eine Gestalt in einem mitternachtsblauen Umhang, mit einer kalkweißen Ledermaske. Edward – sofort erkannte sie ihn. Atemlos wartete sie ab,

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