Faszinierend wie der Kuss des Herzogs
das leise Klicken der Tür erst, als es zu spät war.
Die Schüssel immer noch in der Hand, den Rücken an die Kante des Toilettentisches gepresst, stand sie Edward gegenüber. Irgendwie war sie nicht überrascht, denn sie gewann den Eindruck, dass alles, was in dieser Nacht geschehen war, zu diesem Moment geführt hatte.
Lässig lehnte er am Türrahmen und verschränkte die Arme vor der Brust. Mit einer knappen Bewegung schüttelte er seinen Umhang ab. Darunter trug er einen eleganten Abendfrack.
„Nun, meine Liebe …“, begann er in gedehntem Konversationston und lächelte bitter. „Falls du an einer Einladung in mein Schlafzimmer interessiert warst, hättest du mich nur darauf hinweisen müssen.“
17. KAPITEL
Hilflos starrte Clio den Duke an und kam sich vor wie eine Maus in der Falle. „Wo hast du das her?“, flüsterte sie und hob die Schüssel hoch.
„In diesem Moment finde ich eine andere Frage viel wichtiger, meine Liebe“, konterte er. „Wieso hast du sie gesucht und gefunden?“ Langsam ging er zu ihr, geschmeidig wie ein Tiger, der sich an seine Beute heranpirscht, und umfasste ihr Handgelenk. Eine sanfte Liebkosung … Trotzdem erschien sie ihr wie eine eiserne Handschelle, mit Samt gefüttert.
Er nahm das Gefäß aus ihren schlaffen Fingern und hielt es ins Lampenlicht. Im alten Silber schimmerten flackernde rotgoldene Flammen.
„Bist du zu deinen schlechten Angewohnheiten zurückgekehrt, Clio?“
Unfähig, ihren Blick von ihm abzuwenden, überlegte sie, was er beabsichtigte. Mühsam bekämpfte sie ihre wachsende Angst und eine seltsame Erregung. Edwards Unberechenbarkeit – eine Eigenschaft, die sie hasste – gehörte zu den Gründen, warum sie sich in seiner Nähe so lebendig fühlte. „Nein, die Liliendiebin existiert nicht mehr“, erwiderte sie mit gepresster Stimme.
Edward musterte ihre schwarze Kleidung. „Also ist das nur ein dummer Streich?“
Clio befreite ihr Handgelenk von seinem Griff, schob sich am Toilettentisch vorbei und wich zurück, bis ihre Schultern an die Wand stießen. Diesem Raum würde sie nicht entrinnen, bevor Edward sie gehen ließ. Aber wenn sie einander nicht berührten, konnte sie wenigstens etwas klarer denken – und sich darauf besinnen, was sie hierhergeführt hatte. Sie wollte herausfinden, ob er der englische Sammler war, der einen hohen Preis für das antike Tempelsilber zahlen würde. Und die Schale schien das zu beweisen. „Ich habe ein Gerücht in der Stadt gehört, über das Versteck einer fabelhaften altgriechischen Silbersammlung. Wie ich annehme, blieb sie jahrhundertelang unentdeckt. Und gewisse Leute würden angeblich Unsummen zahlen, um sich diesen Schatz anzueignen, ganz egal, wem er rechtmäßig gehört – oder wer dabei Schaden erleiden würde.“
„Falls es einen solchen Schatz tatsächlich gibt, würde ich sagen, der ‚rechtmäßige‘ Besitzer ist längst gestorben.“ Edward stellte die Schale in die Schatulle zurück auf den grünen Satinstreifen, legte den falschen Boden darauf und schloss den Deckel. „Aber diese Geschichten habe ich auch gehört. Allem Anschein nach sind einige Schurken am Werk. Nun, damit habe ich nichts zu tun.“
„Und warum habe ich die Schale hier aufgespürt? Wie ist sie in deine Hände gelangt? Wo befindet sich das restliche Silber?“
„So viele Fragen, meine Liebe … Die werde ich einer Person nicht beantworten, die in mein Haus eingebrochen ist und mein Eigentum durchwühlt hat. Wieder einmal. Und das nach deiner Beteuerung, du hättest mit deiner dunklen Vergangenheit gebrochen … Was würde deine Schwester, die ehrbare Lady Westwood, dazu sagen?“
Wütend stürmte sie zu ihm, hämmerte mit beiden Fäusten gegen seine Brust, bis er ihre Schultern festhielt. Aus ihrer Kehle rang sich ein halb ersticktes Schluchzen. „Erklär mir, woher du die Schüssel hast! Warum du in Santa Lucia bist!“
„Das habe ich dir bereits erzählt. Ich würde dir helfen, wenn du es zulässt. Leider machst du’s mir verdammt schwer. In finsterer Nacht schleichst du umher, kletterst zu Balkonen hinauf …“
„Wie würdest du mir helfen? Wenn mir niemand verrät, was hier vorgeht, muss ich in fremde Häuser einbrechen und es selber herausfinden.“
„Ich kann es dir nicht sagen.“
„Kannst du es nicht? Oder willst du es nicht? Glaubst du, ich sei eine schwache Frau, die deinen Schutz braucht?“
„ Schwach bist du wohl kaum, Clio Chase. Eher beängstigend couragiert. Von deiner
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