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Faszinierend wie der Kuss des Herzogs

Faszinierend wie der Kuss des Herzogs

Titel: Faszinierend wie der Kuss des Herzogs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: AMANDA MCCABE
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Edwards Nähe immer noch mit allen Sinnen spürte. Wie einen schönen, berauschenden Traum, aus dem sie niemals erwachen wollte … Sie ging zum Spiegel über dem Toilettentisch und versteckte ihr Haar unter der Kappe. Im Glas sah sie ihre Wangen glühen, die Augen fiebrig glitzern vor Sehnsucht – und einer Angst, die sie nicht definieren wollte.
    Vor ihr stand die geschlossene Schatulle, die den grünen Satinstreifen und die kleine Silberschale verbarg – und alles, was diese beiden Dinge bedeuteten. Vorerst konnte sie sich einreden, sie würden nicht existieren. Dass es nur Edward und sie selbst gab und den Kuss in der Nacht. Aber bald würde die Sonne aufgehen und gnadenlos enthüllende Strahlen auf die Welt werfen, auf die Wirklichkeit.
    Irgendwie muss ich die Wahrheit über das Silber herausfinden und es zu retten versuchen, dachte Clio. Dies lag einfach in ihrer Natur. So wie es in Edwards Natur lag, ihre Wege immer wieder zu kreuzen und zu verhindern, was sie tat – aus Gründen, die nur er selbst kannte …
    Ja, sie musste sich in Acht nehmen. Wer mochte gefährlicher sein? Die tombaroli oder Edward? Oder stellten sie ein und dieselbe Bedrohung dar?
    Sie schob die letzte widerspenstige kastanienrote Strähne unter die Kappe und drehte sich zu Edward um, der seinen schwarzen Samtumhang hochhielt.
    „Das Cape hat eine Kapuze“, erklärte er und drapierte die weichen Falten über ihren Schultern. „Falls wir auf der Straße jemandem begegnen.“
    Lächelnd genoss sie seine Körperwärme, die sie in dem Umhang spürte. „Was wäre schlimmer? Wenn man mich für eine Diebin oder für deine Geliebte hielte?“
    „Warum nicht beides?“
    „In der Tat, warum nicht?“ Clio streifte die Kapuze über ihren Kopf. Nun fühlte sie sich seltsamerweise wie ein Geist – imstande, durch Ruinen zu spuken und Flüche zu verteilen.
    „Wählen wir den Weg, auf dem du gekommen bist?“, schlug er vor. „Oder sollen wir uns langweilig verhalten und die Türen benutzen?“
    „Lieber die Türen. So jung bin ich nicht mehr. Und diese Klettertouren fallen mir schwerer, als ich es erwartet hatte.“
    „Wie du willst.“ Edward umfasste ihren Arm und führte sie in den stillen Korridor. „Nur aus Neugier, meine Liebe – wie hast du es geschafft, in mein Haus einzudringen?“
    „Eigentlich sollte ich dir nicht alle meine Geheimnisse verraten“, erwiderte sie, während sie aus dem Palazzo eilten. „Aber zweifellos wirst du’s ohnehin herausfinden. Ich stieg auf den Baum in deinem hinteren Garten hinauf und entdeckte eine unverschlossene Balkontür, die in ein Schlafzimmer führte.“
    „Wie schlau von dir – eine veritable Artemis …“
    Misstrauisch schaute sie ihn an. „Machst du dich etwa lustig über mich?“
    „Keineswegs, meine Liebe. Dein Einfallsreichtum erstaunt mich immer wieder. Überall kannst du dir Zutritt verschaffen – sogar an Orten, wo man es für unmöglich halten würde.“
    „Darauf bin ich auch sehr stolz. Und du darfst dich glücklich schätzen, weil ich nicht die richtige Artemis bin.“
    „Warum?“
    „Sicher erinnerst du dich an Aktäon? Er beging die unverzeihliche Sünde, die Göttin bei ihrem Bad zu beobachten. Da verwandelte sie ihn in einen Hirsch, und er wurde von Hunden zerfetzt.“ Mit schnellen Schritten waren sie durch stille Straßen gegangen, und vor ihnen tauchte das gemietete Haus der Chases auf. Es brannte kein Licht, also hatte man sie nicht vermisst. An der Gartenpforte wandte sie sich zu Edward. „Gute Nacht. Ich werde mich in Acht nehmen. Das verspreche ich dir.“ Insbesondere vor dir . Wie üblich.
    Edward beobachtete das Haus der Familie Chase, bis er eine Kerze hinter einem Fenster aufflammen sah. Sekundenlang erschien Clio hinter dem Glas wie eine überirdische Erscheinung, in einem weißen Morgenmantel, das offene Haar umfloss ihre Schultern. Würde sie ihn entdecken, während er wie ein liebeskranker Grünschnabel zu ihr hinaufstarrte?
    Aber sie zog die Vorhänge zusammen, und er sah nur mehr schwaches Licht durch den dünnen Stoff.
    Nachdem er sich vergewissert hatte, dass sie unbeschadet in ihrem Schlafzimmer eingetroffen war, trat er den Rückweg zu seinem Palazzo an. Aus dem Tal wehte ein kühler Wind herauf und fegte raschelnde Blätter über die Straße. Edward klappte den Kragen seines Frackrocks hoch, um die Kälte abzuwehren – oder vielleicht, um sich symbolisch vor der Welt zu verstecken, vor der Pflicht, die er erfüllen musste.
    Bei der Ankunft

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