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Fata Morgana

Fata Morgana

Titel: Fata Morgana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Stirn legte sich in Falten. Mehr zu sich selbst als zu Miss Marple sagte er: »Da ist noch die kleine Gina. Aber sie ist noch so jung. Es ist schwierig –« Er brach ab. »Manchmal«, sagte er schlicht, »weiß man nicht, wie man am besten vorgeht. Ich möchte unbedingt so handeln, wie es am besten ist. Vor allem ist mir sehr daran gelegen, dass dieser liebenswerten Frau kein Leid geschieht, dass kein Unglück über sie gebracht wird. Aber das ist nicht leicht – gar nicht leicht.«
    In diesem Augenblick betrat Mrs Strete den Raum.
    »Ah, da bist du ja, Christian. Wir haben uns gefragt, wo du steckst. Dr. Maverick möchte wissen, ob du irgendetwas mit ihm besprechen willst.«
    »Der neue junge Arzt hier? Nein – nein, ich warte, bis Lewis zurück ist.«
    »Er sitzt in Lewis' Arbeitszimmer. Soll ich ihm sagen –«
    »Nein, ich rede selbst kurz mit ihm.«
    Gulbrandsen eilte hinaus. Mildred Strete sah ihm nach und schaute dann Miss Marple an.
    »Ich frage mich, ob irgendetwas nicht in Ordnung ist. Christian ist ganz verändert... Hat er irgendetwas gesagt –«
    »Er hat mich nur gefragt, wie es deiner Mutter gesundheitlich geht.«
    »Gesundheitlich? Wieso fragt er dich so was?« Mildred stellte die Frage in scharfem Ton, und ihr Gesicht rötete sich unvorteilhaft.
    »Ich weiß es nicht.«
    »Mutter ist bei ausgezeichneter Gesundheit. Erstaunlich für eine Frau ihres Alters. Genau betrachtet geht es ihr viel besser als mir.« Sie machte eine kurze Pause und sagte dann: »Ich hoffe, du hast ihm das gesagt?«
    »Eigentlich weiß ich nichts darüber«, sagte Miss Marple. »Er hat nach ihrem Herzen gefragt.«
    »Ihrem Herzen?«
    »Ja.«
    »Mutter hat nichts am Herzen. Überhaupt nichts!«
    »Freut mich zu hören.«
    »Wie um alles in der Welt kommt Christian dazu, solche seltsamen Fragen zu stellen?«
    »Keine Ahnung«, sagte Miss Marple.

Siebtes Kapitel

I
     
    D er nächste Tag verlief allem Anschein nach ohne besondere Vorkommnisse, doch Miss Marple vermeinte Anzeichen einer inneren Spannung zu entdecken. Christian Gulbrandsen verbrachte den Vormittag mit Dr. Maverick auf einem Rundgang durchs Institut und mit Gesprächen über die allgemeinen Resultate der Politik des Instituts. Nach dem Mittagessen fuhr Gina kurz mit ihm weg, und später stellte Miss Marple fest, dass er sich von Miss Bellever etwas im Garten zeigen ließ. Sie hatte den Eindruck, dass es nur ein Vorwand für ein Gespräch unter vier Augen mit dieser gestrengen Dame war. Andererseits, wenn Christian Gulbrandsens unerwarteter Besuch rein geschäftliche Gründe hatte, warum suchte er dann die Gesellschaft von Miss Bellever, die doch nur mit der häuslichen Seite von Stonygates befasst war?
    Aber das alles konnte Miss Marple auf ihre allzu rege Phantasie schieben. Der einzige wirklich beunruhigende Vorfall des Tages ereignete sich gegen vier Uhr. Sie hatte gerade ihr Strickzeug weggelegt und war in den Garten gegangen, um sich vor dem Tee ein wenig die Beine zu vertreten. Als sie um einen wuchernden Rhododendronbusch bog, begegnete sie Edgar Lawson, der vor sich hinmurmelnd angestürmt kam und sie beinahe umgerissen hätte.
    Er stieß ein knappes »Entschuldigung« hervor, doch Miss Marple erschrak über seinen merkwürdig starren Blick.
    »Fühlen Sie sich nicht wohl, Mr Lawson?«
    »Wie sollte ich mich wohl fühlen? Ich habe einen Schock erlitten, einen furchtbaren Schock.«
    »Was denn für einen Schock?«
    Der junge Mann schaute rasch an ihr vorbei und warf dann noch misstrauische Blicke nach beiden Seiten. Miss Marple wurde nervös.
    »Soll ich's Ihnen sagen?« Er sah sie zweifelnd an. »Ich weiß nicht. Ich weiß es wirklich nicht. Ich bin so oft ausspioniert worden.«
    Miss Marple fasste einen Entschluss. Sie packte Lawson am Arm.
    »Wenn wir den Weg hier nehmen... Na also, da sind keine Bäume oder Büsche in der Nähe. Niemand kann uns belauschen.«
    »Nein – nein, Sie haben Recht.« Er holte tief Luft, senkte den Kopf und flüsterte die nächsten Worte beinahe. »Ich habe eine Entdeckung gemacht. Eine furchtbare Entdeckung.«
    Edgar Lawson fing an, am ganzen Leib zu zittern. Er weinte beinahe.
    »Wenn man jemandem vertraut hat! Wenn man ihm geglaubt hat... Und dann waren es Lügen, lauter Lügen. Lügen, die mich daran hindern sollten, die Wahrheit herauszufinden. Ich ertrage es nicht. Es ist so niederträchtig. Wissen Sie, er war der einzige Mensch, dem ich vertraut habe, und jetzt stellt sich heraus, dass er derjenige war, der hinter

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