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Fata Morgana

Fata Morgana

Titel: Fata Morgana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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war.
    »Aber wir haben Schüsse gehört«, sagte Mildred.
    »Ja, sicher, er hat zweimal abgedrückt.«
    »Und er hat dich verfehlt?«
    »Natürlich hat er mich verfehlt«, giftete Lewis.
    Miss Marple fand das keineswegs natürlich. Die Schüsse mussten aus ziemlich kurzer Distanz abgegeben worden sein.
    »Wo ist Maverick?«, fragte Lewis gereizt. »Wir brauchen Maverick.«
    Miss Bellever sagte: »Ich hole ihn. Soll ich auch die Polizei anrufen?«
    »Die Polizei? Auf keinen Fall.«
    »Natürlich müssen wir die Polizei anrufen«, sagte Mildred. »Er ist gemeingefährlich.«
    »Unsinn«, sagte Lewis Serrocold. »Der arme Junge. Sieht er vielleicht gefährlich aus?«
    Im Augenblick sah er nicht gefährlich aus. Er sah jung und bedauernswert und ziemlich abstoßend aus. Seine gebildete Ausdrucksweise war ihm abhanden gekommen. »Das hab ich nich gewollt«, ächzte er. »Weiß auch nich, was über mich gekommen ist – dass ich solches Zeug rede – ich muss wahnsinnig gewesen sein.«
    Mildred rümpfte verächtlich die Nase.
    »Ich muss wirklich wahnsinnig gewesen sein. Ich hab das nicht gewollt. Bitte, Mr Serrocold, ich hab das eigentlich nicht gewollt.«
    Lewis Serrocold tätschelte ihm die Schulter. »Schon gut, mein Junge. Ist ja nichts passiert.«
    »Ich hätte Sie umbringen können, Mr Serrocold.«
    Walter Hudd ging durch den Raum und musterte die Wand hinter dem Schreibtisch. »Die Kugeln sind hier rein«, sagte er. Sein Blick fiel auf den Schreibtisch und den Sessel dahinter. »Das ging haarscharf vorbei«, sagte er sarkastisch.
    »Ich hab den Kopf verloren. Ich wusste nicht mehr, was ich tat. Ich hab gedacht, er hätte mich meiner Rechte beraubt. Ich hab gedacht –«
    Miss Marple stellte die Frage, die ihr schon eine ganze Weile auf der Zunge gelegen hatte: »Wer hat Ihnen gesagt, Mr Serrocold sei Ihr Vater?«
    Ganz kurz blitzte in Edgars verzweifelter Miene etwas wie Verschlagenheit auf, dann war es wieder weg.
    »Niemand«, sagte er. »Ich hab mir das einfach so in den Kopf gesetzt.«
    Walter Hudd starrte auf den am Boden liegenden Revolver. »Wo hast du die Waffe her, verdammt noch mal?«, fragte er.
    »Die Waffe?« Edgar starrte sie an.
    »Sieht verdächtig nach meiner aus«, sagte Walter. Er bückte sich und hob den Revolver auf. »Hat man Töne? Das ist sie! Die hast du aus meinem Zimmer geholt, du Filzlaus.«
    Lewis Serrocold trat zwischen den verzweifelten Edgar und den erbosten Amerikaner. »Das können wir alles später klären«, sagte er. »Ah, da ist Maverick. Sehen Sie ihn sich bitte mal an, Maverick?«
    Dr. Maverick näherte sich Edgar mit professionellem Eifer. »So geht's ja nicht, Edgar«, sagte er. »Du weißt, dass es so nicht geht.«
    »Das ist ein gefährlicher Irrer«, sagte Mildred. »Er hat getobt und zwei Schüsse aus einem Revolver abgegeben. Er hat meinen Stiefvater nur knapp verfehlt.«
    Edgar gab einen Quiekser von sich, und Dr. Maverick sagte tadelnd: »Ich muss schon bitten, Mrs Strete.«
    »Ich bin's leid. Ich habe genug davon, wie hier immer alles beschönigt wird. Ich sage Ihnen, dieser Mann ist ein Irrer.«
    Unversehens riss Edgar sich von Dr. Maverick los und warf sich Serrocold zu Füßen. »Helfen Sie mir. Helfen Sie mir. Lassen Sie nicht zu, dass die mich wegbringen und einsperren. Lassen Sie nicht...«
    Eine unerquickliche Szene, fand Miss Marple.
    »Ich sage Ihnen, er ist –«, sagte Mildred ärgerlich.
    Ihre Mutter wollte sie beruhigen: »Bitte, Mildred. Nicht jetzt. Er leidet.«
    »Er leidet!«, brummte Walter. »Dass ich nicht lache. Die sind hier doch alle übergeschnappt.«
    »Ich kümmere mich um ihn«, sagte Dr. Maverick. »Komm mit, Edgar. Bettruhe und ein Sedativ – und morgen früh unterhalten wir uns in aller Ruhe. Du vertraust mir doch, oder?«
    Edgar stand auf. Er zitterte leicht. Zweifelnd sah er den jungen Arzt und dann Mildred Strete an. »Sie hat gesagt, ich bin ein Irrer.«
    »Nein, nein, du bist kein Irrer.«
    Miss Bellevers resolute Schritte hallten durch den Raum. Sie presste die Lippen aufeinander und war hochrot im Gesicht. »Ich habe die Polizei gerufen«, sagte sie trotzig. »Sie sind in ein paar Minuten hier.«
    Bekümmert rief Carrie Louise: »Jolly!«
    Edgar fing zu jammern an.
    Lewis Serrocold runzelte ärgerlich die Stirn.
    »Ich hab dir doch gesagt, Jolly, dass ich keine Polizei im Haus haben will. Das ist ein medizinisches Problem.«
    »Meinetwegen«, sagte Miss Bellever. »Obgleich ich da anderer Ansicht bin. Aber ich musste die Polizei

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