Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fata Morgana

Fata Morgana

Titel: Fata Morgana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
und wieder zum Auto zurückzukehren.«
    »Und was hast du tatsächlich gemacht?«
    »Ich dachte immer, kleinen Mädchen bringt man schon im zarten Alter bei, keine indiskreten Fragen zu stellen. Ich hab ein paar Minuten wie ein Idiot dagestanden, mir den Effekt des Scheinwerferlichts im Nebel angesehen und überlegt, was ich machen müsste, um diesen Effekt auf die Bühne zu bringen. Für mein neues Ballett ›Limehouse‹.«
    »Aber das kannst du ihnen doch sagen!«
    »Klar. Aber du weißt doch, wie Polizisten sind. Sie bedanken sich ausgesucht höflich und schreiben alles auf, und man hat keinen blassen Schimmer, was sie tatsächlich denken, sondern nur das dunkle Gefühl, dass sie eingefleischte Skeptiker sind.«
    »Ich fände es amüsant, dich in der Klemme zu sehen, Alex«, sagte Stephen mit seinem dünnen, ziemlich grausamen Lächeln. »Diesmal bin ich aus dem Schneider! Ich habe gestern Abend die Halle nicht verlassen.«
    »Die denken doch wohl nicht, dass es einer von uns war!«, rief Gina. Ihre dunklen Augen wurden kugelrund und trübten sich.
    »Sag bloß nicht, es muss ein Landstreicher gewesen sein, meine Liebe«, sagte Alex und löffelte sich Marmelade aufs Brot. »Das ist so abgedroschen.«
    Miss Bellever schaute zur Tür herein. »Miss Marple, wenn Sie mit dem Frühstück fertig sind, kommen Sie dann bitte in die Bibliothek?«
    »Schon wieder Sie«, sagte Gina beleidigt. »Vor allen anderen.«
    »He, was war denn das?«, fragte Alex.
    »Ich hab nichts gehört«, sagte Stephen.
    »Das war ein Pistolenschuss.«
    »Die geben Schüsse ab in dem Zimmer, in dem Onkel Christian umgebracht wurde«, sagte Gina. »Warum, weiß ich nicht. Und draußen auch.«
    Die Tür ging erneut auf, und Mildred Strete kam herein. Sie trug Schwarz mit ein paar Onyxperlen.
    Sie murmelte guten Morgen, ohne die anderen anzusehen, und setzte sich an den Tisch. Leise sagte sie: »Einen Schluck Tee, bitte, Gina. Nicht viel zu essen – nur eine Scheibe Toast.«
    Mit einem Taschentuch betupfte sie sich zimperlich Nase und Augen. Dann hob sie den Blick und sah mit leeren Augen zu den beiden Brüdern hin. Stephen und Alex wurde es unbehaglich. Sie dämpften ihre Stimmen fast zu einem Flüstern, dann standen sie auf und gingen hinaus.
    Mildred Strete sagte – ob zu Miss Marple oder ins Leere, war nicht ersichtlich: »Nicht mal eine schwarze Krawatte.«
    »Ich nehme nicht an«, sagte Miss Marple entschuldigend, »dass sie schon vorher wussten, dass ein Mord passieren würde.«
    Gina gab einen unterdrückten Laut von sich, und Mildred Strete warf ihr einen strafenden Blick zu.
    »Wo ist denn Walter heute Morgen?«, fragte sie.
    Gina wurde rot. »Ich weiß es nicht. Ich hab ihn noch nicht gesehen.« Sie saß da wie ein ertapptes Kind.
    Miss Marple erhob sich. »Ich gehe jetzt in die Bibliothek«, verkündete sie.
     
     

II
     
    Lewis Serrocold stand in der Bibliothek am Fenster. Sonst war niemand im Raum.
    Er drehte sich um, als Miss Marple hereinkam, ging ihr entgegen und nahm ihre Hand.
    »Ich hoffe nur«, sagte er, »dass der Schock Sie nicht allzu sehr mitgenommen hat. Aus nächster Nähe einen Mord mitzuerleben, muss jeden belasten, der mit solchen Dingen noch nie in Berührung gekommen ist.«
    Bescheidenheit hinderte Miss Marple zu antworten, mit Mord und Totschlag stehe sie mittlerweile auf vertrautem Fuß. Sie bemerkte nur, das Leben in St. Mary Mead sei nicht ganz so idyllisch, wie Außenstehende es sich vorstellten. »In einem Dorf passieren auch ganz abscheuliche Dinge, das versichere ich Ihnen«, sagte sie. »Man kann dort Beobachtungen machen, wie sie in einer Stadt unmöglich wären.«
    Lewis Serrocold hörte geduldig, aber nur mit halbem Ohr zu. Er sagte schlicht: »Ich brauche Ihre Hilfe.«
    »Aber gern, Mr Serrocold.«
    »Es ist eine Angelegenheit, die meine Frau betrifft – die Caroline betrifft. Sie sind ihr doch wirklich zugetan?«
    »Ja, gewiss. Wie alle.«
    »Das habe ich auch immer gedacht. Aber so ganz kann es ja nicht zutreffen. Mit Erlaubnis von Inspektor Curry werde ich Ihnen etwas erzählen, was bis jetzt noch niemand weiß. Oder vielleicht sollte ich sagen, etwas, was nur einer weiß.«
    Er fasste zusammen, was er am Abend zuvor Inspektor Curry gesagt hatte.
    Miss Marple war entsetzt. »Das kann ich nicht glauben, Mr Serrocold. Ich kann es wirklich nicht glauben.«
    »So habe ich auch reagiert, als Christian Gulbrandsen es mir erzählt hat.«
    »Ich hätte geschworen, dass unsere liebe Carrie Louise auf der

Weitere Kostenlose Bücher