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Fata Morgana

Fata Morgana

Titel: Fata Morgana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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ganzen Welt keinen Feind hat.«
    »Es ist unglaublich. Aber Ihnen ist klar, was das bedeutet? Vergiftung – schleichende Vergiftung – ist ein Verbrechen im Familienkreis. Es muss also jemand in unserem fest gefügten kleinen Haushalt sein –«
    »Wenn es stimmt. Könnte sich Mr Gulbrandsen nicht geirrt haben?«
    »Christian hat sich nicht geirrt. Er war viel zu vorsichtig, um grundlos solche Behauptungen aufzustellen. Außerdem hat die Polizei Carolines Medizinflasche und eine getrennte Probe des Inhalts mitgenommen und untersucht. In beiden war Arsen – und Arsen wurde ihr nie verschrieben. Die quantitativen Untersuchungen werden länger dauern, aber dass Arsen drin war, ist erwiesen.«
    »Dann war ihr Rheuma – die Gehbeschwerden – das alles war also –«
    »Ja, Beinkrämpfe sind offenbar typisch. Außerdem hatte Caroline, bevor Sie kamen, einen oder zwei schwere Anfälle, die vom Magen-Darm-Trakt ausgingen. Vor Christians Ankunft hätte ich nicht im Traum –«
    Er brach ab. Miss Marple sagte leise: »Also hat Ruth doch Recht gehabt!«
    »Ruth?« Lewis Serrocold schien überrascht. Miss Marple errötete.
    »Es gibt etwas, wovon ich Ihnen nichts erzählt habe. Mein Besuch hier kommt nicht von ungefähr. Wenn ich darf, würde ich es Ihnen gern erklären. Zu dumm, dass ich so eine schlechte Erzählerin bin. Bitte seien Sie nachsichtig mit mir.«
    Lewis Serrocold hörte zu, während Miss Marple ihm von Ruths Besorgnis und ihren beharrlichen Bitten erzählte.
    »Höchst eigenartig«, sagte er. »Davon hatte ich keine Ahnung.«
    »Es war alles so vage. Ruth wusste selbst nicht, wodurch dieses Gefühl bei ihr ausgelöst worden war. Es musste einen Grund geben – meiner Erfahrung nach gibt es immer einen –, aber deutlicher als ›irgendetwas ist nicht in Ordnung‹ wurde sie nicht.«
    Lewis Serrocold sagte grimmig: »Tja, sieht so aus, als hätte sie Recht gehabt. Miss Marple, Sie können ermessen, in welchem Zwiespalt ich mich befinde. Soll ich Carrie Louise davon erzählen?«
    »O nein«, sagte Miss Marple sofort mit Besorgnis in der Stimme, dann wurde sie rot und sah Lewis zweifelnd an. Er nickte.
    »Sie haben also dasselbe Gefühl wie ich? Und wie Christian Gulbrandsen. Aber ist das angebracht bei einer ganz gewöhnlichen Frau?«
    »Carrie Louise ist keine ›ganz gewöhnliche‹ Frau. Sie lebt von ihrem Vertrauen, von ihrem Glauben an die menschliche Natur – ach, ich drücke mich so ungeschickt aus. Aber ich glaube wirklich, ehe wir nicht wissen, wer –«
    »Ja, das ist die Crux. Aber Sie sehen natürlich auch, dass es riskant ist, nichts zu sagen –«
    »Und deshalb möchten Sie, dass ich – wie soll ich es ausdrücken? – Carrie Louise bewache?«
    »Wissen Sie, Sie sind der einzige Mensch, dem ich trauen kann«, sagte Lewis Serrocold schlicht. »Alle sind ihr scheinbar zugetan. Aber sind sie es wirklich? Ihre Freundschaft dagegen reicht Jahrzehnte zurück.«
    »Und außerdem bin ich erst vor ein paar Tagen angekommen«, bemerkte Miss Marple treffend.
    Lewis Serrocold lächelte. »Sie sagen es.«
    »Ich weiß, es klingt zynisch«, sagte Miss Marple entschuldigend. »Aber wer genau würde von Carrie Louises Tod profitieren?«
    »Geld!«, rief Lewis bitter aus. »Letzten Endes läuft alles aufs Geld hinaus, nicht wahr?«
    »Nun ja, in diesem Fall ist das unausweichlich. Weil Carrie Louise eine Seele von Mensch und außerdem sehr charmant ist und weil man sich eigentlich nicht vorstellen kann, dass es jemanden gibt, der sie nicht mag. Ich meine, sie kann gar keinen Feind haben. Also läuft es aufs Geld hinaus, wie Sie es ausdrücken, denn für Geld, das brauche ich Ihnen nicht zu sagen, Mr Serrocold, tun Menschen manchmal alles.«
    »Da haben Sie wohl Recht, ja.« Nach einer Pause sprach er weiter: »Natürlich hat Inspektor Curry diesen Aspekt schon aufgegriffen. Mr Gilfoy kommt heute aus London und wird detaillierte Auskünfte geben. Gilfoy, Gilfoy, Jaimes und Gilfoy ist eine sehr angesehene Anwaltskanzlei. Der Vater des jetzigen Gilfoy war einer der ursprünglichen Stiftungsräte, und die Kanzlei hat sowohl Carolines Testament als auch das ursprüngliche Testament von Eric Gulbrandsen aufgesetzt. Ich will versuchen, es für Sie in einfache Worte zu fassen.«
    »Da bin ich Ihnen dankbar«, sagte Miss Marple aufrichtig. »Juristische Zusammenhänge sind für mich ein Buch mit sieben Siegeln.«
    »Eric Gulbrandsen hat in seinem Testament das College und verschiedene Forschungsgesellschaften,

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