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Fata Morgana

Fata Morgana

Titel: Fata Morgana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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uns leider auch nicht weiterbringt«, sagte Miss Marple offen. »Denn der Krieg ist eine Sache, das tägliche Leben eine ganz andere. Und um tatsächlich einen Mord zu begehen, braucht man, glaube ich, Tapferkeit – oder eigentlich eher nur Arroganz. Ja, Arroganz.«
    »Aber ich kann mir nicht denken, dass Walter Hudd ein ausreichendes Motiv hatte.«
    »Nein?«, fragte Miss Marple. »Er findet es scheußlich hier. Er will weg. Und Gina mitnehmen. Und wenn er wirklich aufs Geld aus ist, wäre es wichtig, dass Gina das ganze Geld bekommt, bevor sie sich – äh – endgültig an einen anderen bindet.«
    »Sich an einen anderen bindet?«, fragte Lewis verblüfft.
    Miss Marple wunderte sich über die Blindheit begeisterter Sozialreformer.
    »Ja, ganz recht. Beide Restaricks sind in sie verliebt, wissen Sie.«
    »Ach was, das glaube ich nicht«, sagte Lewis zerstreut. Dann fuhr er fort: »Stephen ist für uns unentbehrlich, absolut unentbehrlich. Wie er es schafft, diese jungen Leute zu motivieren – die sind interessiert, machen richtig mit. Letzten Monat haben sie eine vorzügliche Aufführung gezeigt. Bühnenbild, Kostüme, alles. Das beweist doch, wie ich immer zu Maverick sage, dass es der Mangel an dramatischen Ereignissen in ihrem Leben ist, der diese Jungen zu Kriminellen werden lässt. Sich selbst in Szene setzen zu wollen ist für ein Kind ein ganz natürlicher Antrieb. Maverick sagt – ach ja, Maverick.« Er brach ab. »Ich möchte, dass Maverick mit Inspektor Curry über Edgar spricht. Die ganze Geschichte ist einfach lächerlich.«
    »Was wissen Sie wirklich von Edgar Lawson, Mr Serrocold?«
    »Alles«, sagte Lewis mit Nachdruck. »Das heißt, alles, was man wissen muss. Seine Herkunft, seine Erziehung – seine tief sitzenden Minderwertigkeitskomplexe –«
    Miss Marple unterbrach ihn. »Könnte Edgar Lawson nicht Carrie Louise vergiftet haben?«, fragte sie.
    »Kaum. Er ist erst seit ein paar Wochen hier. Und überhaupt, das ist einfach lächerlich! Warum sollte Edgar meine Frau vergiften wollen? Was könnte ihm das einbringen?«
    »Keinen materiellen Nutzen, ich weiß. Aber er könnte ja irgendeinen – seltsamen Grund haben. Er ist seltsam, das müssen Sie zugeben.«
    »Sie meinen geistesgestört?«
    »Ja. Oder nein – nicht ganz. Ich meine, er ist irgendwie völlig auf dem Holzweg.«
    Das war keine sehr klare Beschreibung dessen, was sie meinte. Lewis Serrocold nahm es wörtlich.
    »Ja«, sagte er seufzend. »Er ist völlig auf dem Holzweg, der arme Kerl. Dabei hatte sich sein Zustand ganz erheblich gebessert. Ich begreife einfach nicht, warum er diesen plötzlichen Rückfall hatte...«
    Miss Marple beugte sich lebhaft vor. »Ja, das habe ich mich auch schon gefragt. Wenn –«
    Sie brach ab, denn Inspektor Curry kam herein.

Zwölftes Kapitel

I
     
    L ewis Serrocold ging hinaus. Inspektor Curry nahm Platz und sah Miss Marple mit einem hintergründigen Lächeln an.
    »Mr Serrocold hat Sie also gebeten, als Wachhund zu fungieren«, sagte er.
    »Ja, das hat er.« Entschuldigend fügte sie hinzu: »Ich hoffe, Sie haben nichts dagegen –«
    »Ich habe nichts dagegen. Ich halte es sogar für eine sehr gute Idee. Weiß Mr Serrocold, wie gut Sie für eine solche Aufgabe gerüstet sind?«
    »Ich verstehe nicht ganz, Inspektor.«
    »Aha. Er denkt, Sie sind nur eine reizende ältere Dame, die mit seiner Frau die Schulbank gedrückt hat.« Er sah sie an und schüttelte den Kopf. »Wir wissen, dass Sie ein bisschen mehr sind, Miss Marple, nicht wahr? Sie stehen mit dem Verbrechen auf Du und Du. Mr Serrocold kennt nur eine Seite des Verbrechens – die hoffnungsvollen Anfänger. Manchmal habe ich das alles ein bisschen satt. Ich muss zugeben, dass ich altmodisch bin und die falsche Einstellung habe. Aber es gibt genügend anständige junge Männer, die eine Starthilfe ins Leben gebrauchen könnten. Aber nun ja, Ehrlichkeit muss ihren Lohn in sich selbst tragen – Millionäre richten keine Stiftungen ein, die denen helfen, die es wert wären. Aber was sage ich – hören Sie nicht auf mich. Ich bin altmodisch. Ich kenne Jungen – und Mädchen –, die alles gegen sich hatten, zerrüttete Familie, kein Glück, nur Nachteile, und sich trotzdem durchgebissen haben. Solchen Menschen würde ich einen Batzen hinterlassen, wenn ich jemals einen hätte. Aber ich werde natürlich nie einen haben. Nur meine Pension und ein nettes kleines Gärtchen.«
    Er nickte Miss Marple zu. »Superintendent Blacker hat mir gestern

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