Fata Morgana
arbeiten wir an zwei neuen Inszenierungen –«
»Ich hab nicht gesagt wir. Ich hab gesagt, ich fahre zurück.«
Gina blieb stehen und sah ihren Mann an. Irgendein Effekt der Schatten ließ ihn ungewöhnlich groß erscheinen. Eine große, stille Gestalt – und ein wenig bedrohlich, wie ihr schien... Er ragte über ihr auf. Drohte mit – ja, womit?
»Soll das heißen« – sie zögerte –, »dass du mich nicht mitnehmen willst?«
»Nein, nein – das hab ich nicht gesagt.«
»Es ist dir egal, ob ich mitkomme oder nicht? Meinst du das?« Sie war plötzlich verärgert.
»Pass mal auf, Gina. Wir müssen das jetzt ein für alle Mal klären. Wir haben nicht viel voneinander gewusst, als wir geheiratet haben – keiner hat viel über die Herkunft des anderen gewusst, über seine Familie. Wir dachten, das ist nicht wichtig. Wir dachten, nichts ist wichtig, außer dass wir eine tolle Zeit miteinander haben. Na ja, Stufe eins ist vorbei. Deine Leute haben nicht viel von mir gehalten – halten immer noch nicht viel von mir. Vielleicht haben sie Recht. Ich bin nun mal keiner von ihnen. Aber wenn du denkst, ich bleibe hier, langweile mich zu Tode und mach mich ab und zu nützlich in diesem Laden hier, den ich für völlig verrückt halte – na ja, dann bist du auf dem Holzweg. Ich will in meinem eigenen Land leben, will arbeiten, was ich mag und was ich kann. Meine Ehefrau stelle ich mir so vor wie die Frauen, die mit den alten Pionieren durch dick und dünn gegangen sind, die Entbehrungen, ein fremdes Land, Gefahren, eine ungewohnte Umgebung in Kauf genommen haben... Vielleicht ist das bei dir zu viel verlangt, aber was anderes kommt für mich nicht in Frage! Vielleicht habe ich dich zu sehr gedrängt, mich zu heiraten. Wenn es so ist, dann trennst du dich besser von mir und fängst noch mal neu an. Es liegt bei dir. Wenn dir einer von diesen Künstlertypen lieber ist – es ist dein Leben, und du musst dich entscheiden. Ich fahr jedenfalls heim.«
»Du bist doch wirklich das Allerletzte«, sagte Gina. »Mir gefällt's hier.«
»Ach ja? Meinetwegen, mir nicht. Du findest sogar die Mordgeschichte spannend, was?«
Gina blieb die Luft weg. »So eine Gemeinheit! Ich hab Onkel Christian sehr gern gehabt. Und ist dir nicht klar, dass jemand seit Monaten dabei ist, Grandam heimtückisch zu vergiften? Es ist furchtbar!«
»Ich hab dir gesagt, mir gefällt's hier nicht. Ich kann den ganzen Betrieb hier nicht ausstehen. Ich verzieh mich.«
»Wenn du darfst! Ist dir nicht klar, dass du höchstwahrscheinlich wegen Mordes an Onkel Christian verhaftet wirst? Gefällt mir gar nicht, wie Inspektor Curry dich ansieht. Er ist wie ein Kater, der eine Maus beobachtet, jederzeit bereit, mit seiner krallenbewehrten Pranke zuzuschlagen. Bloß weil du aus der Halle gegangen warst, um die Sicherung auszuwechseln, und weil du kein Engländer bist. Ich wette, die hängen das dir an.«
»Dazu brauchen sie Beweise.«
Gina jammerte: »Ich hab Angst um dich, Wally. Die ganze Zeit schon hab ich Angst.«
»Dazu gibt's nicht den geringsten Grund. Ich sage dir, die haben nichts gegen mich in der Hand!«
Schweigend gingen sie nebeneinander aufs Haus zu. Gina sagte: »Du willst doch gar nicht, dass ich mit dir nach Amerika zurückgehe...«
Walter Hudd schwieg.
Gina sah ihn an und stampfte mit dem Fuß auf.
»Ich hasse dich. Ich hasse dich. Du bist ein Scheusal, eine Bestie, eine grausame, gefühllose Bestie. Und das nach allem, was ich für dich getan habe! Du willst mich loswerden. Es ist dir egal, ob du mich jemals wieder siehst. Na schön, mir ist es auch egal, ob ich dich jemals wieder sehe! Es war albern und dumm von mir, dich zu heiraten, und ich werde so bald wie möglich die Scheidung einreichen. Und dann heirate ich Stephen oder Alex und werde viel glücklicher, als ich es mit dir jemals sein könnte. Von mir aus kannst du ruhig in die Staaten zurückgehen und irgendeine dumme Pute heiraten, die dich wirklich ins Unglück stürzt!«
»Schön«, sagte Wally. »Jetzt haben wir wenigstens klare Verhältnisse.«
II
Miss Marple sah Gina und Wally zusammen ins Haus gehen.
Sie stand an der Stelle, wo Inspektor Curry sein Experiment mit Constable Dodgett gemacht hatte.
Sie fuhr zusammen, als hinter ihr plötzlich Miss Bellevers Stimme ertönte: »Sie werden sich erkälten, Miss Marple, wenn Sie nach Sonnenuntergang noch hier herumstehen.«
Miss Marple wandte sich folgsam um und ging mit ihr zusammen rasch zum Haus.
»Ich
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