Fatal Error
Unterbrechungen. Begonnen hat es im vorigen Jahr, nachdem er diesen heftigen Streit mit seinem Vater hatte, als es darum ging, Ninetyminutes in eine Porno-Site zu verwandeln. Meistens taucht er bei mir auf, wenn er down ist. Natürlich ganz heimlich«, sagte sie bitter, »damit es niemand merkt.«
»Warum lässt du dir das gefallen?«
Mel blickte mich an. Sie hatte Tränen in den Augen. »Weil ich nichts dagegen tun kann. Ich kann einfach nichts dagegen tun. Ich weiß, dass ich ihm ein Ultimatum stellen müsste: zu meinen Bedingungen oder gar nicht. Aber die Wahrheit ist, dass ich ihn brauche. Wenn er nicht bei mir ist, fühle ich mich so elend, dass ich zu allem bereit bin, damit er zurückkommt. Das weiß er. Manchmal denke ich, er ist ein Riesenarschloch, aber dann lächelt er oder berührt mich, und dann, na ja, ist wieder alles zu spät.«
Ich holte neue Drinks für Mel und mich.
»Danke«, sagte sie, als ich ihr das Glas reichte. »Sieht nicht gut aus, nicht wahr?«
»Was meinst du?«
»Ninetyminutes.«
»Sieht nie besonders gut aus.«
»Ich kann nicht glauben, dass euch die blöde schottische Kuh das Geld nicht geben will.«
Ich seufzte. »Wahrscheinlich hat sie Recht.«
»Glaubst du, Ninetyminutes wird es schaffen?«
»Weiß nicht. Im Augenblick sieht es schlecht aus. Wir müssten Kosten sparen, aber Guy ist dazu nicht bereit.«
Mel sah mich von der Seite an. »Diese Sachen, die du über Owen erzählt hast. Dass er Henry Broughton-Jones bedroht hat und so. Stimmte das?«
»Ja«, sagte ich. »Alles wahr.«
»Wusste Guy davon?«
»Keine Ahnung. Aber ich habe es damit ernst gemeint, dass ich zur Polizei gehe, wenn Owen Cläre bedroht.«
»Miststück«, murmelte Mel.
So saßen wir in trunkenem Weltschmerz auf unserem Sofa, kaum berührt von der Fröhlichkeit der Party um uns her. Guy stand nur ein paar Schritte entfernt und unterhielt sich mit Ingrid. Er hatte den Arm um ihre Taille gelegt.
Ich spürte, wie sich Mel neben mir straffte. »Noch so ein Miststück«, flüsterte sie. »Was will er von ihr, wenn er mich haben kann?«
Es war richtig, dass Mel im herkömmlichen Sinne hübscher war als Ingrid. Sie war größer und hatte die bessere Figur. Aber Ingrid hatte etwas an sich, für das Guy genauso empfänglich war wie ich. Doch das erklärte ich Mel lieber nicht.
Sie blickte mich an, zog ein Gesicht, weil ich ihr die Antwort verweigerte, auf die sie gehofft hatte, und kletterte dann umständlich auf die Füße. Ich hätte sie aufhalten müssen, war aber auch nicht besonders begeistert über den Arm, den Guy um Ingrid gelegt hatte.
So verfolgte ich das Geschehen untätig von meinem Beobachtungsposten auf dem Sofa. Hören konnte ich nichts, nur sehen. Es kam, wie es kommen musste. Mel schwankte auf Guy zu und hängte sich in seinen Arm. Sie wechselten ein paar Worte, freundlich zuerst, dann schärfer. Ingrid zog sich zurück. Dann sagte Guy irgendetwas Verletzendes, so leise, dass nur Mel es hören konnte. Es war, als hätte er sie ins Gesicht geschlagen. Sie machte auf dem Absatz kehrt und wandte sich zur Tür, nur mühsam die Tränen zurückhaltend.
Der Lärmpegel knickte etwas ein, als die Leute innehielten, um das Geschehen zu beobachten, erreichte aber bald wieder seine alte Höhe. Guy griff erneut nach Ingrids Taille. Sie stieß ihn fort und verschwand auf der Toilette.
Ich hatte mich an die Bar begeben, um mir noch etwas zu trinken zu holen, als ich eine leichte Berührung am Ellbogen spürte. Es war Ingrid. »Können wir einen Augenblick rausgehen?«
»Sicher.«
Die Mainacht war so kühl, dass ich mich tief in meine Jacke verkroch. Aber die frische Luft vertrieb einen Teil des Bierdunstes aus meinem Kopf. »Wohin willst du?«
»Ist mir egal«, sagte Ingrid. Also gingen wir nach Osten, vorbei an dem dunkel aufragenden Smithfield Market in Richtung Charterhouse Square.
»Hat Mel Streit mit dir gesucht?«, fragte ich.
Ingrid fröstelte. »Sie hat mir die Geschichte auf Mull nie verziehen. Das war saublöd, ich weiß, aber es ist lange her, und sie hat heute wirklich nichts mehr von mir zu befürchten.«
»Nein?«
Ingrid lachte und drückte meinen Arm. »Nein, es ist wahr, früher fand ich Guy faszinierend, aber er ist nicht mein Typ.«
»Ach, wirklich nicht?«
»Nein, wirklich nicht. Mein ganzes Leben war ich von kranken, kaputten Typen wie ihm und Mel umgeben. Irgendwie ist es mir gelungen, nicht wie sie zu werden. Ich kämpfe um meine Normalität.«
»Du bist total
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