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Fatal Error

Titel: Fatal Error Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
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fühle mich so mies.«
    »Was ist geschehen?«
    »Er hat gesagt, ich soll abhauen und ihn in Ruhe lassen.«
    »Du warst betrunken. Er war betrunken. Das hat nichts zu bedeuten.«
    »Aber er stand da mit Ingrid.«
    »Sie ist ein paar Minuten nach dir gegangen. Guy ist geblieben.« Michelle erwähnte ich nicht.
    Ein Hoffnungsschimmer erschien in ihren Augen. Dann ordnete sie ihre Haare und versuchte sich zu fangen. »Tut mir Leid. Ich komm mir ziemlich blöd vor. Möchtest du was trinken? Ich glaube, nach gestern Abend mach ich erst mal eine Pause.«
    »Nein, danke«, sagte ich und setzte mich auf ein Sofa. Auf dem Kaminsims neben mir stand ein Foto von Mel und Guy. Ich erkannte die Wohnung in der Gloucester Road, die Guy vor einigen Jahren bewohnt hatte. Offenbar war es vor dem denkwürdigen Ausflug nach Mull aufgenommen worden.
    »Hübsches Bild«, sagte ich.
    »Ja«, erwiderte sie. »Das waren noch Zeiten.«
    Unauffällig sah ich mich im Zimmer um. Andere Fotos gab es nicht, weder von den Eltern noch von Haustieren.
    Mel begann zu reden. Sie wollte reden. »Weißt du, ich hab mich auf den ersten Blick in ihn verknallt. Wir waren vierzehn. Vierzehn! Mein Gott, wie lange das her ist.« Sie lachte. »Ich war größer als er. Das war alles ganz harmlos. Ich bemerkte gerade, dass ich kein niedliches kleines Mädchen mehr war. Die Jungen nahmen Notiz von mir. Ältere Jungen. Ich ging mit vielen Typen aus, die sechzehn oder siebzehn waren.«
    »Ich erinnere mich.« Nicht nur die älteren Jungen hatten von Mel Notiz genommen.
    »Das fand ich toll. Ich schien Macht über sie zu haben. Und ich machte von ihr Gebrauch. Aber ich ließ sie nie sehr weit gehen. Die ganze Schulzeit über blieb ich Jungfrau. Ich genoss die Macht, nein zu sagen.«
    »Aber mit Guy bist du nie ausgegangen?«
    »Erst ganz zum Schluss. Ich war daran gewöhnt, dass die Jungs hinter mir her waren, nicht umgekehrt. Ich dachte mir, dass er irgendwann ankommen würde, und das tat er auch. Dann hielt ich ihn hin. Damals war ich eine richtige Expertin auf dem Gebiet. Aber er war der Richtige, der Einzige. Ich glaube, ich hab dir das damals schon in Frankreich gesagt. Als ich mit dem Scheißkerl Tony Jourdan schlief, hab ich alles vermasselt.«
    »Bist du jemals darüber hinweggekommen?«
    »Nicht wirklich. Es war natürlich keine Vergewaltigung oder dergleichen. Aber zu Hause machte ich eine wirklich schwierige Zeit durch. Mein Vater hatte meine Mutter verlassen, und beide versuchten, mich gegen den jeweils anderen auszuspielen. Ich war immer Daddys kleines Mädchen gewesen und hatte ihn angebetet. Und dann machte er sich plötzlich mit irgendeiner Sekretärinnenschlampe vom Acker, die nur ein paar Jahre älter war als ich. Ein halbes Jahr später hüpfte ich mit jemandem ins Bett, der so alt war wie mein Vater, und verlor den Jungen, den ich liebte. Ich kam mir unendlich billig, wertlos und dumm vor.
    Ich veränderte mich, wurde ein neuer Mensch an der Uni. Keine engen Jeans mehr, keine Männer. Ich hatte überhaupt wenig Bekannte. Meist war ich allein und depressiv. Eine schlimme Zeit. Bei dem Broadhill-Treffen habe ich dann Guy wieder getroffen. Den Rest kennst du.«
    »Glaubst du, dass du ohne ihn zurechtkommst?«
    Mel lächelte. »Ich sollte es wohl, aber ich bezweifle es. Ich weiß, dass er seit der Geschichte in Frankreich nichts mehr von mir hält, zu Recht. Was ich getan habe, ist unverzeihlich. Deshalb behandelt er mich so. Aber ich hoffe immer noch, dass er seine Meinung ändert, wenn er sieht, wie sehr ich ihn liebe. Das muss er einfach.«
    Ihre Stimme klang verzweifelt.
    Ich versuchte ein tröstliches Lächeln. Ihre Hoffnung war vergebens. Je mehr sie sich bemühte, desto rücksichtsloser würde Guy sie ausnützen. Aber ich brachte es nicht übers Herz, ihr das zu sagen.
    »Ich mache mir Sorgen um Ninetyminutes«, fuhr Mel fort.
    »Wenn die Firma Pleite macht, geht er daran kaputt. Selbst wenn er mich fallen lässt, kann ich ihm wenigstens damit helfen.«
    »Gestern Abend hast du gesagt, kurz vor Tonys Tod hättet ihr wieder angefangen, euch zu sehen.«
    »Richtig.« Sie lächelte. »Am Tag davor. Guy kam ziemlich spät vorbei. Er hatte getrunken. Ich machte mir keine Illusionen. Er besuchte mich, weil er vögeln wollte. Aber hinterher lag er in meinen Armen, und wir redeten. Er erzählte mir alles. All die Sorgen, die er sich machte, weil er befürchtete, sein Vater könnte Ninetyminutes ruinieren. Alles. Ich tröstete ihn.«
    »Hat er dir von

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