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Fatal Error

Titel: Fatal Error Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
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etwas, das Tausende von Menschen jeden Tag benutzen. Ein Team, das toll zusammenarbeitet. Etwas Einzigartiges. Und jetzt willst du alles kaputtmachen.« Die letzten Worte stieß er fast hasserfüllt hervor. »Wenn es mit Ninetyminutes aus ist, ist es auch mit mir aus.«
    Mir war schon klar, dass Guy während der letzten Monate die angespannte Lage gespürt hatte, aber jetzt blickte er den Tatsachen zum ersten Mal ins Auge - zum ersten Mal seit jenem Abend in der Jerusalem Tavern, nachdem Henry uns eine Absage erteilt hatte. Seither hatte er das Offenkundige geleugnet, schlechte Nachrichten nicht zur Kenntnis genommen, sich in Wutanfälle geflüchtet, getrunken, Trost gesucht bei Mel oder Michelle oder Gott weiß wem. Doch jetzt, da er sich den Tatsachen stellte, gefielen sie ihm nicht.
    »Genau das ist es«, sagte ich. »Wir müssen Ninetyminutes retten. Und Einsparungen sind die einzige Möglichkeit dazu.«
    Guy schlug mit der flachen Hand auf den Schreibtisch. »Du willst das nicht in deinen verdammten Schädel kriegen, was? Ich rede nicht davon, dass Ninetyminutes als juristische Person überlebt, ich spreche von der Idee, der großen Idee. Dein Plan würde ihr das Lebenslicht ausblasen. Die Nummer eins könnten wir uns ein für alle Mal abschminken. Mit ein bisschen Glück könnten wir den Anlegern einen mickrigen Gewinn vorweisen. Und wir würden langsam und zäh vor uns hinsterben. Wenn wir das hier umsetzen würden«, er wedelte mit meinen Zahlen durch die Luft, »wäre es aus mit Ninetyminutes. Und mit mir wahrscheinlich auch.«
    Mir war klar, worauf Guy hinauswollte. Aber er brauchte eine Dosis Realismus, und der Einzige, der sie ihm geben konnte, war ich.
    »Wir haben keine andere Wahl.«
    »Aber ja doch. Hör mal, Davo. Wir haben so vieles gemeinsam erlebt. Noch nie habe ich deine Hilfe so nötig gehabt wie jetzt. Die Firma ist das Ergebnis all der harten Arbeit, der guten und der schlechten Zeiten. Du kannst Ninetyminutes vernichten. Oder du kannst mir helfen, es zu retten. Doch wenn du versuchst, es zu vernichten, solltest du wissen, dass ich alles in meiner Macht Stehende tun werde, um dich daran zu hindern.«
    Wir starrten uns an. Er beschwor die ganzen dreizehn Jahre unserer Freundschaft. Den größten Teil dieser Zeit war ich mir nicht sicher gewesen, ob er mich überhaupt als Freund betrachtete. Jetzt sagte er, ich könne alles entscheiden.
    Das war keine kleine Versuchung für mich. Doch ich war unter anderem zu Ninetyminutes gegangen, um zu beweisen, dass ich mehr als ein Taschenträger und Jasager war. Dass ich durchaus fähig war, eigene Entscheidungen zu treffen. Ich hatte genau zwei Möglichkeiten: Ich konnte vor Guys Überredungskunst die Waffen strecken, oder ich konnte ihm sagen, was unbedingt geschehen musste.
    Ich holte tief Luft. »Ich bestehe darauf, dass wir diese Einsparungen augenblicklich in Angriff nehmen.«
    Grimmig blickte Guy mich an. Die Enttäuschung und der Ärger standen ihm deutlich ins Gesicht geschrieben. »Du bestehst darauf?«
    »Ja, ich bestehe darauf.«
    Er zwang sich zur Ruhe. »Okay. Ich bin der leitende Direktor. Und ich sage nein.«
    »Wenn du dich weigerst, spreche ich mit Silverman«, sagte ich.
    »Und mit Cläre Douglas.«
    »Drohst du mir?«
    »Ich sage dir nur, was passieren wird.«
    »Gut, ich gehe heute Abend mit Silverman und Cläre essen. Dann werde ich ihnen deinen Standpunkt darlegen.«
    Ich fuhr hoch. »Du gehst mit ihnen essen? Warum erfahre ich nichts davon?«
    »Wenn ich mich richtig erinnere, wolltest du auf keinen Fall beteiligt sein, wenn weiterer Druck auf Orchestra ausgeübt wird.«
    »Ja, aber ich nehme an, ihr sprecht auch über andere Dinge.«
    »Möglich.«
    »Ich möchte dabei sein.«
    »Du bist nicht eingeladen.«
    Ich starrte Guy an. Er starrte zurück.
    »Ich informiere dich morgen früh«, sagte er. »Jetzt gehe ich. Es gibt was zu feiern, und das gedenke ich woanders zu tun. Du bleibst besser hier und inventarisierst die Büroklammern. Ich glaube, Amy verbraucht viel zu viele.« Damit verließ er das Büro und kam nicht wieder.
    Ungeduldig erwartete ich ihn am nächsten Morgen. Er tauchte erst um zehn Uhr auf - in einem äußerst mitgenommenen Zustand. Sein Gesicht war unrasiert und verquollen. Normalerweise konnte Guy anstrengende Nächte gut verkraften. Doch diese musste sehr anstrengend gewesen sein. Ich war sicher, dass er sich die Spuren, die sein Gesicht trug, nicht im Zusammensein mit Cläre und Derek Silverman eingehandelt

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