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Fatal Error

Titel: Fatal Error Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
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verdammt verdächtig finden.«
    »Macht dir das Ganze sehr zu schaffen?«
    »Im Augenblick fühle ich mich leer, vollkommen leer. Seit Tagen habe ich nichts als Hass empfunden. Und dann kommt jemand und bringt ihn um ... Das macht mich ... das macht mich ungeheuer wütend.«
    »Tut mir Leid.«
    »Wütend auf ihn. Wütend auf mich. Wütend auf die Polizei, weil sie so verdammt dämlich ist. Aber ich weiß, dass ich es noch gar nicht richtig begriffen habe. Ich kann einfach nicht glauben, dass ich ihn nie wieder sehen werde.« Er biss sich auf die Lippen.
    Als ich Guy so unter dem Eindruck seiner Gefühle sah, kamen mir meine eigenen Empfindungen lächerlich vor. Was waren meine Schuldgefühle im Vergleich zu dem, was ihn bewegte?
    »Davo?« Er blinzelte mich aus seinen übernächtigten Augen an.
    »Ja?«
    »Kannst du in den nächsten Tagen bei Ninetyminutes nach dem Rechten sehen? Jemand muss entscheiden, was weiter geschehen soll, und ich fühle mich dazu im Augenblick nicht in der Lage.«
    »Kein Problem. Du bleibst ein paar Tage zu Hause. Kümmer dich um die Angelegenheiten deines Vaters.
    Denk an ihn. Verbring ein bisschen Zeit mit Owen. Vielleicht hilft das. Ich kümmere mich um den Laden.«
    Guy lächelte. Ich war gerührt von der Dankbarkeit in diesem Lächeln.
    Ich tat, worum Guy mich gebeten hatte. Ich sah bei Ninetyminutes nach dem Rechten.
    Die Mitarbeiter waren kein Problem. Wir hatten eine Krise, und sie bewährten sich in ihr. Nach dem ersten Schock bissen sie die Zähne zusammen und machten sich an die Arbeit. Ihnen war klar, dass Guy Zeit brauchte, aber sie trauten mir zu, dass ich den Laden solange schmiss.
    Ich rief Henry an und berichtete ihm von den Ereignissen. Ohne Beschönigung. Dass Tony gegen den Einstieg von Orchestra gewesen war, dass Guy mit seinem Rücktritt gedroht hatte und wie Tony ums Leben gekommen war. Doch Henrys Interesse hielt unvermindert an. Orchestra Ventures hatte seit drei Monaten keine Investition mehr gemacht und befürchtete nun, es könnte den Internet-Zug verpassen.
    Es stellte sich heraus, das Hoyle jetzt der Schlüssel zum Deal war. Zwar verfügte nicht er über Tonys Anteile an ninetyminutes.com, sondern ein Offshore-Trust. Tonys Besitz war nämlich auf ein Geflecht von Trusts verteilt, die auf winzigen Inseln in der ganzen Welt beheimatet waren. Die Begünstigten waren letztlich Guy, Owen, Sabina und ihr Sohn Andreas zu unterschiedlichen Teilen. Den Besitz zu entflechten, würde ein albtraumhaftes Stück Arbeit werden. Hoyle wusste als Einziger, wo alles war und in welcher Beziehung die einzelnen Elemente zueinander standen. Er hatte auch als Einziger die Verfügungsgewalt über die Trusts.
    Bisher hatte ich Hoyle nur als Tonys Sprachrohr kennen gelernt. Doch nun konnte Orchestra Ventures nur in Ninetyminutes investieren, wenn Hoyle es genehmigte.
    Fortan musste ich ihn also als unabhängig agierende und denkende Person betrachten.
    Es gelang mir, mich zwei Tage nach Tonys Tod mit Hoyle zu verabreden. Wie sich herausstellte, war er durchaus zu selbstständigem Denken in der Lage. Wie sich ferner zeigte, teilte er Tonys Begeisterung fürs Internet keineswegs. Ich witterte eine Chance. Im Grunde hatte Hoyle zwei Möglichkeiten: Entweder, er setzte die Strategie seines verstorbenen Mandanten fort und blieb der Hauptaktionär einer kleinen, aber marginal gewinnträchtigen Fußball- und Porno-Site ohne Management, oder er konnte Geld einsacken, ziemlich viel Geld.
    Hoyle war fürs Einsacken.
    Noch konnte ich das Geschäft allerdings nicht perfekt machen. Orchestra musste nämlich zunächst nicht nur dazu gebracht werden, in die Expansion von Ninetyminutes zu investieren, sondern auch dazu, Tony Jourdans Trust auszuzahlen. Prinzipiell lehnen es Venture-Kapitalisten ab, vorhandene Investoren auszuzahlen, doch für das Geschäft, das ich vorschlug, sprachen mehrere Gesichtspunkte: Es sicherte dem Management genügend Aktien, sodass für den verlangten Anreiz gesorgt war, es befreite uns von einem möglicherweise lästigen Aktionär, und es erlaubte Orchestra, mehr Geld in den InternetBoom zu investieren, bevor er vorbei war. Henry kam mit vielen Wenn und Aber und Vielleicht, aber schließlich war er einverstanden.
    Ich erhielt noch einen weiteren Besuch von Detective Sergeant Spedding. Er war mit zwei Fotos bewaffnet. Eines zeigte einen Mann mittleren Alters, dessen spärliches Haar nach hinten gekämmt war.
    »Erkennen Sie ihn wieder?«, fragte Spedding.
    »Das ist er«,

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