Fatales Vermächtnis
der Grafschaft Asemburg, in dem die gefangenen Modrak saßen. »Was machen wir mit ihnen?«, grummelte er.
»Wie bitte ?«
Perdor rieb sich durch die Bartlocken. »Die Beobachter, die wir eingesperrt haben. Was machen wir mit ihnen?«
»Lassen, wo sie sind, Majestät.« Fiorell legte die Fingerspitzen zusammen. »Ich fand Euren Vorschlag nicht schlecht. Den mit dem Abgraben.«
»Gut. Dann machen wir es so.« Der König nahm das Schreiben mit dem Befehl an den Grafen von Asemburg heraus. »Er soll die Felsen rund um den Turm wegbrechen lassen, damit er auf einer kleinen Insel steht. Da wir wissen, dass sie kein Meerwasser überqueren können, sind wir auf immer vor ihnen und ihren undurchsichtigen Machenschaften sicher.« Perdor siegelte den Brief und reichte ihn Fiorell. »Veranlasse das, bitte.« Er richtete die Augen zur Decke und überlegte. »Also, Estra und Bardric stehen auf unserer Liste ganz oben. Außerdem möchte ich gern erfahren, was aus meinem verschwundenen Magier geworden ist. Und was hat es eigentlich mit den beiden Hundeviechern auf sich, die Tokaro mit sich führt? Sie haben angeblich Vahidin zerfetzt, stimmt das?«
»Wir werden es herausfinden.« Fiorell stand auf. »Ich kümmere mich um diese Dinge. Esst Ihr lieber in Ruhe zu Ende.« Er ging
hinaus, und es wurde wieder still im Raum.
Perdor sah zum Fenster hinaus, vor dem der Regen in dichten Schleiern hei. Er stellte sich vor, wie er allen Unrat und alles Übel von Ulldart wusch und den Bewohnern endlich ruhige, friedliche Zeiten bescherte. Ganze Landstriche waren durch Zvatochnas Wüten entvölkert worden, und es würde lange dauern, bis diese Schrecken bei den Überlebenden verwunden waren. Kann man so etwas überhaupt verwinden?
»Gerechter, tue etwas für deine Kinder«, bat Perdor und schob den Teller von sich. Er hatte keine Zeit zu essen. Dinge mussten angepackt werden.
Kontinent Ulldart, ehemaliges Kensustria, Vinteras Opferschale, Winter im Jahr 2 Ulldrael des Gerechten (461 n.S.)
Lodrik richtete sich auf und hielt sich den Rücken. Schmerzen, die schlicht auf körperlicher Überanstrengung fußten, hatte er schon lange nicht mehr gespürt. Es war sehr menschlich. Er bewerkstelligte eine harte Arbeit.
Gegen den widerlichen Fäulnisgeruch hatte er sich ein mit Duftessenzen getränktes Tuch vor Mund und Nase gebunden, während er unerschütterlich seiner Tätigkeit auf dem Schlachtfeld nachging. Von den Beinen hinauf bis zur Hüfte trug er steife, mit Wachs durchsetzte Hosen, die keinerlei Feuchtigkeit durchließen; dicke Handschuhe und eine Schürze schützten ihn zusätzlich. Wieder war er Herr eines Landes geworden: ein Landstrich voller Leichen, der nur Vinteras Opferschale genannt wurde. Niemand machte es ihm streitig.
Der Boden verwandelte sich durch die austretenden Flüssigkeiten aus den Toten in einen Morast, Pflanzen gediehen auf diesem
Grund nicht mehr. Ungeziefer, Aasvögel und Tiere machten sich
über die Verstorbenen her, sie verminderten ihre Zahl jedoch nur
geringfügig. Es gab zu viele Leichen. Selbst wer in der Schlacht gegen Sinured und Govan am Wunderhügel dabei gewesen war und den Blutsumpf gesehen hatte, konnte sich das, was sich hier ausbreitete, nicht vorstellen.
Lodrik bückte sich wieder und zog einen kensustrianischen Toten die letzten Schritte bis zur Grube. Es war eine der Vertiefungen, in denen die Nicti ihre Katapulte und Schleudertürme aufgebaut hatten. Er benutzte sie, um die Kadaver darin zu verbrennen, denn selbst sie fassten die vielen Toten nicht. Die Asche dagegen schon.
Die unterste Lage bestand aus viel dünnem Reisig, darauf befand sich eine Schicht aus Petroleum und Teer sowie losem Sprengpulver. Darüber lagen dickere Äste und Bohlen. Sein Brennstoff stammte aus der Umgebung, aus verlassenen Stellungen der Kriegsgegner.
Ächzend hob er den Kensustrianer an und ließ ihn hinab rollen, wo sich bereits zweihundert Leichen befanden und darauf warteten, zu Asche verbrannt zu werden. Er musste aufpassen, wie viele Überreste er auf einen Schlag den Flammen übergab, sonst löschten das austretende Wasser und die anderen Flüssigkeiten das Feuer wieder.
Lodrik sprach ein leises Gebet und bat Vintera, die Seelen gnädig aufzunehmen oder sie gehen zu lassen, wohin auch immer sie strebten. Danach entzündete er die Fackel und schleuderte sie hinab. Sie fiel an den Bohlen vorbei bis auf das Reisigbündel, das sofort Feuer fing. Die Flammen breiteten sich unter den trockenen, dünnen
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