Fatales Vermächtnis
Doch sein Verhalten ärgerte sie schon wieder. »Ich sehe, du hast deine aldoreelische Klinge wieder«, begann sie und blieb zum Schein ebenso gelassen. »Was ist mit meiner Amuletthälfte?« Sie sah den Nimmersatten an und streckte die Hand aus. »Ich hätte sie gern wieder. An ihr
hängt zu viel, als dass ich sie in deiner Obhut lassen kann.«
»Sie ist an einem sicheren Ort«, warf Tokaro ein. »Und da wird sie bleiben, bis sich einige Begebenheiten aufgeklärt haben und der letzte Qwor ausgerottet ist.«
Sie wollte etwas entgegnen, aber Lorin war schneller. »Du warst in Bardhasdronda. Was hast du vorgefunden?«
»Wo wart ihr denn?«, konterte der Ritter misstrauisch, der die alte Eifersucht einfach nicht zu unterdrücken vermochte.
»Wir haben die Nächte miteinander verbracht, um dich zur Weißglut zu bringen und weil uns die Schicksale der Menschen hier und auf Ulldart gleichgültig sind«, fauchte Estra aufgebracht. Tokaro richtete sich gerade auf, eine Hand stützte er auf den Oberschenkel und sah noch hochmütiger aus, trotz des stoppeligen Bartes in seinem Gesicht und dem ungepflegten Äußeren. Er hatte die arrogante Haltung der Hohen Schwerter ebenso verinnerlicht wie sein Ziehvater. »Bardhasdronda ist vernichtet, Lorin«, antwortete er. »Zu deiner Beruhigung sei dir gesagt, dass wir so gut wie keine Leichen fanden. Ich denke, dass die Bewohner das einzig Richtige getan haben und geflüchtet sind, bevor die Qwor angegriffen haben. Wir haben nach ihnen gesucht, weil wir dachten, euch beide zu finden.« Sein Tonfall wurde schneidend. »Ich ahnte ja nicht, dass ihr lieber...«
»Steig ab«, sagte Lorin wütend.
Tokaro lachte ihn aus und tat überlegen. »Weswegen?«
»Steig ab und rede mit Estra über euch, über alles, was geschehen ist! Über eure Gefühle füreinander und den Fluch, der auf ihr lastet«, brach es aus ihm heraus. Er kam auf den Ritter zu, bis er neben dem Schimmel stand. Gän hielt sich bereit einzugreifen. »Meinetwegen versuche wieder, mich umzubringen, oder prügele dich mit mir, nur hört endlich auf«, er drehte sich zu Estra, »hört endlich auf mit dem Theater!«
»So, denkst du, ich sollte das tun?« Tokaro verzog den Mund.
»Lass das Getue, Tokaro!«, herrschte er ihn an. »Wir haben Besseres zu tun, als uns gegenseitig zu verdächtigen. Ich hatte nichts
mit Estra, auch wenn du es vielleicht gern so hättest, um endlich recht zu haben. Meine Liebe gehört einzig meinem Weib, und wenn mich etwas mit Estra verbindet, dann ist es Freundschaft und die Sorge um geliebte Menschen.« Er starrte ihn an, der Blick war eine einzige Aufforderung. »Los, jetzt! Wir müssen zwei Kontinente vor Schlimmerem bewahren, aber vorher will ich Frieden zwischen euch beiden haben.« Er deutete auf sich. »Wie es zwischen uns beiden aussieht, Tokaro, spielt weniger eine Rolle, aber geh zu der Frau, die du liebst. Auch wenn du uns etwas anderes glauben lassen möchtest.«
Und wirklich glitt der Ritter vom Pferderücken, unmittelbar vor Lorin. Er schwieg und sah ihm in die Augen. Blau traf auf Blau.
»Hilf ihr, gegen den Fluch anzukommen«, sagte Lorin leise und weniger wütend. »Überwinde deinen Stolz, der höher als ein Berg ist. Ihn und deine Vorbehalte, wenn du sie retten möchtest. Sie und eure Liebe.« Lorin streichelte Treskors Nüstern und machte seinem Halbbruder Platz. Gän gab dem Kalisstronen nicht recht. Wegen der Vergangenheit. »Herr Ritter, bedenkt, worüber wir gesprochen haben«, mahnte er mit tiefer Bassstimme. »Die Zeichen!«
»Ich habe es nicht vergessen.« Tokaro ging an Estra vorbei und bedeutete ihr mit einem für ihn ungewöhnlich scheuen, knappen Blick, ihn zu begleiten. Sie folgte ihm neugierig und überließ es ihm, den ersten Satz zu sagen.
Als sie geschätzte zehn Schritte von den anderen beiden entfernt waren, begann er: »Es ist schwierig für mich. Ich weiß, dass du dich verändert hast und dass du an der gleichen Verwünschung leidest wie deine Mutter. Gän hat es auch gesehen.« Er schluckte. »Ich will nicht, dass es so endet wie bei ihr und deinem Vater.« Tokaro blieb stehen und legte ihr die Hände auf die Schultern, er schluckte.
»Meine Verunsicherung und mein...«
Estra neigte sich nach vorn und küsste ihn sanft auf die Lippen, dann nahm sie ihn in die Arme und legte den Kopf gegen seine Brust. »Ich brauche dich«, flüsterte sie. »Ich brauche dich, um meinen Verstand zu behalten und diejenige zu bleiben, die ich sein
möchte. Die Estra
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