Fatales Vermächtnis
sein Werk zu betrachten. Der Speer steckte mit der ausgetretenen Spitze fest im Mauerwerk, die Widerhaken hielten Lodrik gefangen. Er war wie ein Falter an einer Nadel aufgespießt. »Ich kann dich vielleicht nicht töten, aber ich kann dich unbeweglich machen.«
Lodrik versuchte, sich nach vorn zu bewegen, aber die Schmerzen, die er dabei empfand, brachten ihn zum Schreien. Die Haken
hatten sich in seine Gedärme geschlagen und würden sie bei der kleinsten Bewegung auseinanderreißen. War Vinteras Geschenk so mächtig, dass sie ihn auch bei allerschwersten Verletzungen vor
dem Tod bewahrte? In seinem Solarplexus tat sich nichts... Daggan schaute sich um und entdeckte weitere Waffen. »Wenn
ich mit dir fertig bin, Lodrik Bardric, wirst du für alle Ewigkeiten an diesem Pfeiler hängen bleiben.«
Er nahm einen zweiten Speer auf. »Wir werden dich füttern und dich ausstellen. Ein Wagen wird dich durch Ulldart fahren, und die Leute werden dich bestaunen. Jeder soll sich anschauen können, was wir mit unseren Gegnern anrichten.«
Lodrik tat so, als verliere er das Bewusstsein. Daggan näherte sich lachend und nahm für den nächsten Speer Maß.
Kurz vor dem Stoß schnellte Lodrik nach vorn; er führte seine Klinge kraftvoll gegen den Jungen und verletzte ihn schwer am rechten Arm. »Noch hast du nicht gewonnen!« Er stemmte sich mit aller Macht gegen die Widerhaken und drückte sich ab; dabei fühlte er, wie sie ihn innerlich in Fetzen rissen, und er schrie voller Qual, bis ihm das Blut aus dem Mund strömte und ihn zum Schweigen brachte.
Daggan hielt sich den Arm, wich zurück und stöhnte dumpf. Die Augen schimmerten magentafarbenen, und er raffte den verlorenen Speer an sich. Die Erfahrung des Schmerzes war ihm anscheinend neu, er benötigte etwas Zeit, um sich davon zu erholen. Lodrik hatte es geschafft. Er brach in die Knie und hielt sich das Loch im Bauch, aus dem zähes Blut und andere Flüssigkeiten liefen. Die Sinne schwanden ihm, und Daggan wurde zu einem undeutlichen Schatten, der auf ihn zukam und den Speer mit einer Hand hielt. Da schien die Sichelspitze in seiner Brust zu explodieren. Die Hitze verjagte den Tod ein weiteres Mal aus seinem Körper, brannte ihn aus. Die Kraft kehrte in ihn zurück, und mit einem wütenden Schrei parierte er Daggans Stoß, der auf den Kopf gezielt hatte; wieder fiel der Speer auf den Boden und schlitterte davon.
»Dieses Spiel wird mir zu langweilig«, sagte der Junge wütend und richtete die Finger des unverletzten Armes gegen ihn. Doch bevor er Magie gegen seinen Feind fließen lassen konnte, ergriff Lodrik die Finger und brach das Handgelenk mit einer ruckartigen Bewegung. Daggan heulte auf.
»Mir auch.« Lodrik zog ihn nach vorn und hob dabei das Schwert. Die Klinge fuhr durch die Brust und zerteilte die Knochen und die darunter liegenden Organe.
Daggan schaute entsetzt auf die Klinge, die in ihm steckte, dann nach vorne. »Du wirst nicht entkommen«, flüsterte er.
Lodrik sah ihm an, dass er eine erneute magische Attacke vorbereitete, und presste die Finger des Jungen gegen die Schwertklinge.
Dunkel zischend färbte sie sich tiefschwarz und gab die Entladung weiter an Daggan. Blutige Risse zeigten sich an den Stellen, wo die Haut nicht von Stoff bedeckt war, dann zerbarst der Junge in viele kleine Stückchen, noch bevor er einen Schrei auszustoßen vermochte. Das bekam Lodrik nicht mehr mit. Er sank nach hinten und verlor das Bewusstsein, während die Wärme in seiner Brust sich noch einmal steigerte.
Als Lodrik zu sich kam, stellte er fest, dass er in einem Bett lag. Das Zimmer war ihm fremd, es roch sauber, und als er unter die Zudecke schaute, sah er den Verband um die Körpermitte. Jemand hatte sich ihm ihn gekümmert.
Die Läden waren geschlossen, es fiel Tageslicht durch die Ritzen. Behutsam erhob er sich von seinem Lager, was ihm leichtfiel und nicht mehr als ein sanftes Ziehen im Bauch verursachte. Vinteras Segen lag nach wie vor auf ihm.
Er kleidete sich an, auch wenn es nicht seine ursprünglichen Sachen waren, die er vorfand. Nun trug er eine dunkelgelbe Hose,
dazu ein besticktes weißes Hemd und darüber einen beigefarbenen Überwurf. Die Füße bekamen Socken und ein Paar hohe Stiefel, in die er die Hosenbeine stopfte. Im Spiegel, der an der Wand lehnte, sah er aus wie ein Brojak. Ein unrasierter Brojak.
Behutsam öffnete er die Tür und stand in einem Gang, der in einen großen Raum mündete, aus dem er Stimmen hörte. Rauch lag in der
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