Fauler Zauber
„Ich hatte ein Date mit ihm.“
„A... aber Hilda“, stotterte Zelda. „Der Graf von Monte Christo existiert doch in Wirklichkeit gar nicht. Er ist eine Figur, die der Schriftsteller Alexandre Dumas 1844 erschaffen hat.“
Hilda verzog das Gesicht. „Das weiß ich auch, seit gestern, Miss Neunmalklug.“ Sie stampfte mit dem flauschigen, pinkfarbenen Hausschuh auf und murmelte: „Das war das letzte Mal, dass ich diese Partnervermittlung in Anspruch genommen habe.“
„Und warum bist du gestern Nacht nicht einfach durch die Wäschekammer gekommen?“, wollte Zelda wissen.
„Ich wollte die anderen nicht wecken“, erklärte ihre Schwester. Wenn die Spellmans durch die Tür der Wäschekammer verschwanden, um ins Andere Reich oder zurück zu gelangen, erzitterte das Haus jedes Mal in einem krachenden Lichterregen.
„Hilda, also wirklich, du...“
„Tante Zelda! Tante Hilda! Was ist mit mir?“
„Entschuldigung, Liebes“, sagte Zelda und drehte sich zu ihrer Schwester um. „Wir reden später darüber.“
„Wer hat mir diesen Streich gespielt?“ Sabrina schnippte mit den Fingern. „Ich weiß, wer das war! Cousine Amanda.“
Zelda schüttelte den Kopf. „Glaub ich nicht.“
„Warum nicht?“, meldete sich das Porträt, das an der Wand hing. Das Bild stellte Tante Louisa dar. Sie war eine streng aussehende Frau mit schwarzem Haar, das zu einem steifen Knoten zusammengebunden war. Ein hoher Spitzenkragen lag um ihren Hals und gab ihr einen Anstrich von Bedeutsamkeit. „Wenn Wände reden könnten.“ Anders als die Bilder in den meisten Häusern der Sterblichen konnte dieses zum Leben erwachen und sich plötzlich in eine Unterhaltung einmischen, was ab und zu ziemlich erschreckend war. Sabrina hatte Monate gebraucht, um sich daran zu gewöhnen und zu begreifen, dass sie das Telefon in der Küche besser nicht für private Gespräche nutzen sollte. Denn Tante Louisa war eine richtige Schnüfflerin.
„Diese Amanda! Sie ist die frechste Hexe im ganzen Kosmos!“ Tante Louisa schnaubte verächtlich. „Als sie das letzte Mal hier war, hat sie mir einen Schnurrbart verpasst!“
Sabrina musste Tante Louisa zustimmen. Sie selbst war einmal so verrückt gewesen, den Babysitter für die Cousine zu spielen. Damals hatte Amanda Sabrina in eine hübsche kleine Puppe verwandelt und sie danach in eine Kiste gesperrt, zusammen mit anderen Spielsachen und ausgestopften Tieren, die einmal Menschen gewesen waren, sich aber den Zorn der kleinen Hexe zugezogen hatten, weil sie irgendetwas getan hatten, was diese nicht ausstehen konnte.
Doch Tante Zelda schüttelte den Kopf, als sie zu Sabrina trat. „Gestern habe ich noch mit Cousin Marigold gesprochen, und er meinte, dass Amanda die Pocken hätte. Muss so was Ähnliches wie Hühnerpocken sein, sehr ansteckend“, erklärte sie. „Sie ist schon seit einer Woche in Quarantäne und hat mindestens noch zwei Wochen vor sich.“
„Aber wer könnte es dann gewesen sein?“, quengelte Sabrina.
„Hmmm“, schnurrte Salem und seine Schnurrhaare wackelten. „Woher weißt du so genau, dass der Streich gegen dich gerichtet war?“
Sabrina sah ihn verständnislos an. „Was meinst du damit?“
„Nun, jeder hätte heute Morgen durch die Tür gehen können“, sagte die Katze. „Selbst... selbst ich!“ Seine Augen weiteten sich und er zitterte, als ihm klar wurde, dass er genauso gut die eklige, klebrige Flüssigkeit hätte abbekommen können, als er am Morgen auf die Veranda geschlichen war, um das Wall Street Journal zu holen.
„Weißt du, Sabrina, Salem hat Recht“, meinte Tante Zelda. „Vielleicht warst du gar nicht gemeint. Es könnte ja auch ein Zufall gewesen sein.“
„Klar, irgendwelche hirnlosen Kids, die ihr Vergnügen an solchen blöden Mätzchen haben“, erklärte Tante Hilda. Sie ging zum Erkerfenster und schaute hinaus. „Ich werde aufpassen.“
„Nun, Hilda“, mahnte Zelda. „Wir brauchen nicht noch mehr Frösche in der Nachbarschaft.“
Beleidigt spitzte Hilda die Lippen. „Alles klar.“ Dann hellte sich ihr Gesicht wieder ein bisschen auf. „Wie wär’s, wenn ich denen einen hartnäckigen Fußpilz verpassen würde?“
„Ach du meine Güte!“, rief Sabrina plötzlich. „Beinahe hätte ich es vergessen. Ich bin ja so spät dran! Oh, Tante Zelda. Bitte, bitte, bitte erlaube mir, dass ich mich heute Morgen zur Schule hexe. Es war doch nicht meine Schuld, dass ich pitschnass geworden bin.“
Zelda lächelte. „Natürlich nicht,
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