Fauler Zauber
Zehn-Taler-Goldstücke in ihre linke Hand zu zählen. Ich erschrak. Noch nie war mir eine Rechtshänderin mit Feenblut in den Adern begegnet.
»Sparen Sie sich die Mühe, Miss Crest. In diesem Fall bleibe ich lieber hier und helfe meinem Freund, Küchenschaben zu jagen.«
Sie dachte, ich mache einen Witz. Ein Mann aus meiner Gesellschaftsschicht, der hundert Goldtaler einfach so ausschlägt? Mit meiner Herkunft? Ich müßte eigentlich schon zur Oberstadt unterwegs sein; um herauszufinden, wen sie umlegen lassen wollten. Vermutlich hätte sie das so gemacht und mit ihrem guten Aussehen für die hübschen Klamotten bezahlt, die sie auf dem Leib trug.
»Könnten Sie mir nicht einfach vertrauen, mir und dem Gold?«
»Das letzte Mal, als ich einem aus der Oberstadt vertraut habe, bin ich bei den Marines gelandet und habe fünf Jahre versucht, Venageti-Wehrpflichtige umzulegen, die keinen Deut mehr wußten als ich, weshalb wir eigentlich gegeneinander kämpften. Das hab ich erst rausgefunden, nachdem ich wieder zurückgekommen war, was mir Eure Lords und Ladies aus der Oberstadt noch unsympathischer gemacht hat. Schönen Tag noch, Miss Crest. Oder haben Sie vielleicht Interesse an … einem eher persönlichen Geschäft? Ich kenne da ein kleines Restaurant mit Meeresspezialitäten, für die man glatt einen Mord begehen würde.«
Ich beobachtete sie, während sie versuchte, etwas zu finden, wo sie einhaken könnte. »Domina wird sehr ärgerlich sein, wenn ich Sie nicht mitbringe«, erklärte sie schließlich.
»Wie schade. Ist aber nicht mein Problem. Und jetzt … wenn es Ihnen nichts ausmacht? Ihre Jungs da draußen braten sicher schon in der Sonne.«
Sie stürmte aus dem Zimmer. »Sie schlagen die leichtverdientesten hundert Taler Ihres Lebens aus, Mr. Garrett«, schnarrte sie.
Ich folgte ihr, damit sie die Tür wirklich für den vorgesehenen Zweck nutzte. »Wenn Ihr Boß mich so dringend sehen will, richten Sie ihr aus, sie soll sich gefälligst selbst herbemühen.«
Sie hielt inne und wollte etwas sagen, schüttelte statt dessen den Kopf und ging hinaus. Ich erwischte einen Blick auf die schwitzenden Wächter, die auf die Füße sprangen, bevor sich die Tür schloß. Ich ging zum Toten Mann zurück.
Du warst ein bißchen stur, oder?
»Sie wird wiederkommen.«
Sicher. Aber in welcher Laune?
»Vielleicht ist sie dann ja bereit, die Karten auf den Tisch zu legen, ohne Theater zu spielen.«
Sie ist ein Weibchen, Garrett. Warum beharrst du nur auf diesem unvernünftigen Optimismus, was diese fremdartige Gattung betrifft?
Das war einer unserer ständigen Streitpunkte. Er war Frauenhasser bis ins Mark. Doch diesmal wollte ich nicht mitspielen. Schließlich gab er auf.
Bist du an dem Job interessiert, Garrett?
»Mir bricht das Herz, wenn er uns durch die Lappen geht. Du weißt, ich habe die Wahrheit gesagt, als ich meinte, ich hätte nicht viel für die Lords aus der Oberstadt übrig. Von Zauberern ganz zu schweigen. Außerdem brauchen wir das Geld nicht.«
Du brauchst immer Geld, Garrett, so wie du Bier in dich hineinschüttest und Röcken hinterherjagst.
Er übertrieb natürlich. Aus ihm sprach der blanke Neid. Das einzige, was er an seinem Tod bedauerte, war, daß er kein Bierchen mehr zischen konnte.
Jemand hämmert gegen die Tür.
»Hör ich selbst. Vermutlich der alte Dean. Kommt heute aber früh zur Arbeit.«
Der Tote Mann hätte niemals eine Haushälterin geduldet, und meine Toleranzschwelle Hausarbeit gegenüber ist minimal. Ich hatte nur einen alten Mann finden können, der sich mit der Geschwindigkeit einer Schildkröte fortbewegte. Er war als einziger willens gewesen, unsere Wohnung zu betreten, aufzuräumen, zu kochen und das Ungeziefer aus dem Zimmer des Toten Mannes zu entfernen.
Überrascht stellte ich fest, daß Amiranda schon wieder da war. »Ganz schön schnell. Kommen Sie rein. Wußte gar nicht, daß ich so unwiderstehlich bin.«
Sie rauschte an mir vorbei, stemmte die Hände in die Hüften und drehte sich dann um. »Also gut, Mr. Garrett. Sie haben gewonnen. Der Grund, warum Domina Sie sehen will ist … mein … Karl, der Sohn der Sturmwächterin ist gekidnappt worden. Sollte Ihnen diese Information nicht reichen, haben wir beide leider Pech gehabt. Mehr hat man mir auch nicht gesagt.«
Und deswegen machst du dir verdammt viele Sorgen, dachte ich.
Sie ging zur Tür.
»Momentchen.« Ich zwinkerte ihr zu. »Rücken Sie die hundert raus.«
Sie reichte sie mir, ohne ihren Triumph
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