Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fauler Zauber

Fauler Zauber

Titel: Fauler Zauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Cook
Vom Netzwerk:
sondern untersuchte die Nachricht. Der Papierfetzen verriet nur, daß er aus etwas herausgerissen worden war, vermutlich aus einem Buch. Ich würde ein Jahrhundert brauchen, allein um die dazugehörige Seite zu finden. Die Handschrift dagegen war interessant. Sie war klein, aber flüssig und selbstbewußt, mit fast perfekter Füllerhaltung. Was irgendwie nicht zu dem Bildungsgrad des Schreibers paßte. »Erkennen Sie die Handschrift?«
    »Natürlich nicht. Außerdem brauchen Sie sich darum nicht zu kümmern.«
    »Wann haben Sie Karl zuletzt gesehen?«
    »Gestern morgen. Ich habe ihn zu unserem Lagerhaus am Wasser geschickt, um Berichten über Diebstählen nachzugehen. Der Vorarbeiter behauptete, es seien Heinzelmännchen. Ich habe aber eher das Gefühl, daß er das Heinzelmännchen ist und die Vorräte der Sturmwächterin an jemanden hier in der Oberstadt verkauft. Vielleicht sogar an unsere Nachbarn.«
    »Es ist immer tröstlich zu erfahren, daß die höheren Klassen über die Sünden und Versuchungen von uns einfachen Leuten erhaben sind. Haben Sie sich keine Sorgen gemacht, als er nicht heimkam?«
    »Wie ich schon sagte: Ihre soziale Einstellung und Ihre Meinungen interessieren mich nicht. Sparen Sie sich die für jemanden auf, der mit Ihnen konform geht. Nein, ich war nicht in Sorge. Er bleibt manchmal Wochen fort. Schließlich ist er ein erwachsener Mann.«
    »Deshalb hat die Sturmwächterin Sie auch hier zurückgelassen, damit Sie auf ihn und Vätern aufpassen. Bis jetzt scheinen Sie den Job ja gut erledigt zu haben, denn es gab nicht einmal den kleinsten Skandal, seit das alte Mädchen die Stadt verlassen hat.« Erneutes Stirnrunzeln.
    Die Tür wurde aufgerissen, und ein Mann stürmte ins Zimmer.
    »Willa, gibt es mittlerweile Neuigkeiten …?« Er sah mich und blieb stehen. Seine Augenbrauen hoben sich fast halb bis in seine Stirn, ein Trick, für den er berühmt war. Einige spotteten, es wäre seine einzige Fertigkeit. »Wer, zum Teufel, ist das?« Er war auch berüchtigt für seine Grobheit, auch wenn wir solches Verhalten bei den Leuten seiner Schicht erwarteten.
     
     

 
4. Kapitel
     
    Willa Dount beantwortete Karl Seniors Fragen. »Bis jetzt hat sich niemand gemeldet. Wir werden wohl eine Weile nichts hören.« Sie sah mich fragend an.
    »Sie schüren gern die Angst und Ungewißheit der Betroffenen, bevor sie sich bei ihnen melden. Das klopft die Opfer weich, und sie kooperieren bereitwilliger.«
    »Das ist Mr. Garrett«, erklärte sie. »Mr. Garrett ist Kidnapping-Experte.«
    »Mein Gott, Willa! Sind Sie verrückt geworden? Man hat uns doch verboten, es jemandem zu erzählen.«
    Sie überging seinen Ausbruch einfach. »Mr. Garrett, das ist der Gatte der Sturmwächterin, Baronet daPena, der Vater des Opfers.«
    Wie er jetzt tanzte und sich wand! Ohne auch nur eine Miene zu verziehen oder ihren Tonfall zu verändern, hatte Domina Dount ihm eine saftige Doublette verpaßt. Mit der Bezeichnung ›Gatte‹ stempelte sie ihn als Drohne ab. Und seine Baronetschaft war nicht erblich, sondern nur ehrenhalber verliehen, weil er der vierte Sohn eines Kadetten des königlichen Hauses war. Möglicherweise hatte sie sogar noch einen dritten, versteckten Treffer gelandet, denn es ging das Gerücht um, Junior wäre gar keine Leibesfrucht des Seniors.
    »Wie geht's denn so, Lord? Gute Frage übrigens, Domina.« Ich hatte gerade selbst darüber nachgegrübelt, als er hereinplatzte. »Warum ziehen Sie mich da mit rein, obwohl die Kidnapper in ihrer Botschaft verlangt haben, daß Sie niemanden einweihen sollten? Sie kennen doch meinen Ruf und schicken dann eine Bande von Clowns los, zusammen mit einem Mädchen, das so aufreizend angezogen war, daß sie selbst einem Blinden ins Auge gefallen wäre? Es ist sehr unwahrscheinlich, daß es den Kidnappern verborgen bleibt.«
    »Richtig. Ich will, daß sie es erfahren.«
    »Aber, Willa!«
    »Karl, halten Sie den Mund. Ich unterhalte mich mit Mr. Garrett.«
    Sein Gesicht wurde weiß vor Wut. Sie hatte die Hackordnung klargemacht, gezeigt, wer wo stand und wer die Zügel in der Hand hielt. Und das auch noch vor so einem Penner aus der Unterstadt. Doch er hielt sich im Zaum. Und ich tat, als hätte ich nichts mitgekriegt. Es ist unklug, Zeuge solcher Vorfälle zu sein.
    »Sie sollen wissen, daß ich Sie ins Spiel gebracht habe, Mr. Garrett.«
    »Warum?«
    »Um des jungen Karls willen. Ich versuche, seine Chancen zu verbessern, die ganze Sache lebendig zu überstehen. Würden Sie

Weitere Kostenlose Bücher