Faulspiel (German Edition)
können uns morgen treffen und ich werde Ihnen einiges dazu sagen. Morgen Vormittag melde ich mich bei Ihnen.“
„Okay!“, antwortete Runge und schnalzte dabei mit der Zunge. „Und das hier werde ich dann auch wieder mitbringen. Mit einer flüchtigen Handbewegung zog er ein kleines Diktiergerät aus der Tasche und drückte demonstrativ auf die Stopptaste.
„Ich warte auf Ihren Anruf!“
Max hing noch immer seinen Gedanken nach, wobei er von fern die Schlachtgesänge der Fans im Stadion vernahm. Die zweite Halbzeit lief bereits, und es waren immer noch keine Tore gefallen.
Vielleicht schaukeln sie es ja über die Zeit, und der Reporter hatte Unrecht mit allem, was er gesagt hat. Er hoffte dies wirklich inständig und momentan wünschte er sich nichts mehr, als dass der Schiedsrichter das Spiel abpfeift, und seine Mannschaft die Meisterschale gewinnt.
Interessiert starrte er auf den Bildschirm.
Noch acht Minuten und es ist vorbei. Noch acht Minuten bis zur Meisterschaft!
Das kann ja auch alles gar nicht wahr sein. So viele Menschen lassen sich nicht täuschen oder manipulieren.
Das Spiel plätscherte vor sich hin, und es machte den Anschein, als hätten sich beide Mannschaften bereits mit dem Ergebnis abgefunden. Aber die Bayern mussten doch noch etwas tun, denn nur ein Sieg würde sie zum Meister machen.
Der Dritte und Vierte lagen in Ihren Spielen klar vorn und mit dem Ergebnis wären sie nur Vierter in der Tabelle und damit raus aus der Champions League. Für den ruhmreichen Verein wäre das ein finanzielles Desaster. Er hatte vor der abgelaufenen Saison unglaubliche Summen für Spielerverpflichtungen ausgegeben und den Kader verstärkt. Ein neuer Trainer sollte alles richten.
Im UEFA-Cup konnten sie ebenfalls keine Bäume ausreißen.
Doch das durfte nicht seine Sorge sein.
Noch zwei Minuten Nachspielzeit, gleich haben wir es geschafft!
Gebannt fixierte er das weitere Geschehen auf dem Bildschirm. 120 Sekunden noch, dann ist es vorbei!
Sein Freund Steffen führte den Ball gerade in der eigenen Hälfte. Er erweckte den Eindruck, als warte er nur noch auf den Schlusspfiff.
Gemächlich passte er zurück zum Torwart, viel zu gemächlich und viel zu langsam.
Der Bayern-Stürmer sprintete dazwischen, holte sich den Ball und umkurvte den Torwart. Ein trockener Schuss ins kurze Eck des Tores und es stand 1:0 für die Bayern.
Max gefror das Blut in den Adern. So ein katastrophaler Fehler. Ausgerechnet von Steffen.
Die Bilder wurden gerade in Zeitlupe wiederholt. Das konnte doch nicht wahr sein, Max fühlte sich wie in Trance und bekam nicht mehr mit, dass der Schiedsrichter das Spiel abpfiff. Er saß da und starrte den Fernseher an, ohne die Bilder darin zu erkennen, er sah auch nicht mehr die jubelnde Traube der Bayern-Spieler, die triumphierend ihre Fäuste in den blauen Sommerhimmel reckten.
Plötzlich fiel ihm Steffens Äußerung während der Mannschaftsbesprechung wieder ein: Ich bin auch Teil des Drehbuchs.
Marcel Runge hatte Recht behalten. Nach einem gellenden Pfeifkonzert herrschte jetzt Totenstille im Stadion. Einige der Fans weinten, weil sie das Debakel in der Schlussminute des Spiels nicht fassen konnten. Gegenseitig versuchten sie,sich zu trösten, und alle rangen nach Fassung. Andere machten ihrem Unmut Platz, indem sie ihre Fahnen und Schals verbrannten. Getränkebecher flogen durch die Luft.
Was war bloß passiert? Bis dreißig Sekunden vor Schluss des Spiels war die Welt noch in Ordnung. Dann hat dieser Fehlpass – ausgerechnet von einem Nationalspieler – das Spiel entschieden!
Runge hatte es vorausgesagt, keiner wollte ihm zuhören, und niemand wollte ihm glauben!
Millionen an den Bildschirmen konnten es mitverfolgen. Aber es würde so sein wie immer. Die Medien würden den Sieger als verdienten Meister in den Himmel heben, die eigenen Fans hatten so oder so eine rosarote Brille auf, und für den Verlierer blieben nur Hohn und Mitleid.
Das ist halt Fußball, und ein Spiel dauert immer so lange, bis der Schiedsrichter es beendet. Die alte Leier immer wieder aufs Neue!
Runge kannte die wirklichen Hintergründe.
Seiner Meinung nach war das Spiel verkauft worden. Er wusste nur noch nicht, wer alles eingeweiht war. Am anderen Tag wollte er von dem korrupten Kranbaum alle Zusammenhänge erfahren. Er wollte ihn sprichwörtlich an die Wand nageln und ihn auspressen wie eine Zitrone. Die Pressekonferenz konnte er sich sparen, weil ewig die gleichen Ausflüchte und Phrasen
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