Faulspiel (German Edition)
konnten. Steffen erzählte ihm, wie er vor einigen Jahren entdeckt wurde, von seinem ersten Profivertrag und davon, dass er irgendwann gemerkt hat, dass seine Träume nur Illusionen waren, weit entfernt von der Realität. Er redete davon, dass er genauso wie Max am Anfang an den ehrlichen Sport geglaubt hatte und eigentlich nur Fußball spielen wollte, bis ihm klar wurde, dass es keinen Sinn machte, gegen den Strom zu schwimmen. Er hatte bis heute den Verein nicht gewechselt und konnte daher nicht beurteilen, wie es woanders war. Er wusste nur, dass die Funktionäre sehr einflussreiche Freunde hatten und ihm jede Menge Schwierigkeiten bereiten konnten.
Er konnte auch von anderen jungen Spielern berichten, sehr vielversprechenden Talenten, die einfach in der Versenkung verschwunden waren. Steffen war überzeugt davon,dass nicht der gesamte Fußball korrupt sei, sondern dass es sich hier um Einzelfälle handelte. Es ging dabei meistens um wirtschaftliche Interessen. Es war einfach zu viel Geld im Spiel. Er hatte seiner Meinung nach den einfachen Weg gewählt. Eine Sportlerkarriere war viel zu kurz, um sie so ohne weiteres aufs Spiel zu setzen.
Steffen kam nicht gerade aus guten familiären Verhältnissen, seine Schulausbildung hatte er nach dem neunten Schuljahr abgebrochen. Das einzige Talent, das er hatte, war Fußball spielen, und dies war auch die einzige Möglichkeit, aus seinem Leben etwas zu machen und Erfolg zu haben. Man hatte ihm zu verstehen gegeben, dass er, wenn er nicht mitspielte, wieder in der Gosse landen würde.
Er war vor seiner Profikarriere in falsche Gesellschaft geraten und hatte schon sehr früh Kontakt mit Drogen und Alkohol gehabt. Zu dieser Zeit hatte er ab und zu in der Bezirksliga gekickt, zumindest wenn dies sein Drogenkonsum zuließ. Wenn er klar im Kopf war, dann zeigte sich sein außerordentliches Talent, und jeder Trainer konnte auf den ersten Blick sehen, dass er mit entsprechendem Training in den höchsten Ligen spielen könnte. Damals wurde er von Laurenz Kerstner entdeckt. Kerstner trainierte zu der Zeit die Amateurmannschaft und übernahm Steffen nach einer Saison in den Profikader. Hier entwickelte er sich binnen kürzester Zeit zum Nationalspieler.
Er erzählte Max, dass er schon des Öfteren an Spielmanipulationen beteiligt war. Es hatte sich finanziell immer für ihn gelohnt. Anfangs hätte er auch so seine Probleme damit gehabt, moralisch, meinte er. Aber mit der Zeit hätte er sich daran gewöhnt, was blieb ihm auch anderes übrig.
Zwischenzeitlich musste er sich auch noch finanziell um seine Familie kümmern. Seine Mutter hatte sich endlich von seinem Alten, dem Trunkenbold, getrennt, und dieser Verantwortungkonnte er sich nicht entziehen. Er musste sie unterstützen, zu viel Leid und Schläge hatte sie ertragen müssen und oft genug hatte sie sich dazwischen gestellt, wenn der Alte wieder besoffen nach Hause gekommen war und seinen Frust an ihm auslassen wollte.
Er kaufte ihr ein Häuschen mit einem kleinen Garten und einer blauen Bank, die unter einem Kirschbaum stand. So, wie sie es sich immer gewünscht hatte. Seine Schwester Iris lebte mit ihr zusammen, und der Alte war letztes Jahr gestorben. Er hatte sich mal wieder den Arsch volllaufen lassen und wurde auf dem Weg nach Hause von einem Auto angefahren. Der Fahrer war einfach abgehauen, und am Morgen hatte man den Verunglückten blutüberströmt und tot im Rinnstein gefunden.
„Meine einzige Chance, die ich habe, ist, immer weiter mitzumachen. Ich kann nicht mehr zurück. Noch ein paar Jahre und dann ist es so oder so zu Ende. Außerdem bin ich nicht der Einzige, der in diesem Film mitspielt.“
Max hatte die ganze Zeit aufmerksam zugehört und fragte sich, ob Steffen das alles wohl auch in der Öffentlichkeit sagen würde. Er konnte ihn sicherlich verstehen, aber das bedeutete noch lange nicht, dass er seine Taten akzeptierte.
„Hast du dir schon einmal Gedanken um unsere Fans gemacht? Da sind Leute dabei, die ihr ganzes Leben für diesen Sport hergeben. Hast du sie am Samstag nach dem Spiel weinen sehen? Diese Menschen, die uns zujubeln und die Woche für Woche beschissen werden!“
„Ich kann doch auch nichts daran ändern, ich bin nur ein kleines Rad im Getriebe. Wenn ich nicht mitspiele, dann schmeißen sie mich raus und ruinieren mich. Oder es geht mir so wie Kranbaum!“
„Soll das etwa heißen, dass Kranbaum umgebracht wurde?“ Max lief ein eiskalter Schauer über den Rücken.
„Keine Ahnung,
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