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Faulspiel (German Edition)

Faulspiel (German Edition)

Titel: Faulspiel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. Noa
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Universität Heidelberg immatrikuliert. In dieser Zeit hatte er sich auch mit Marcel Runge angefreundet. Nach einer durchzechten Nacht war Jean Pierre auf dem Weg nach Hause mit zwei anderen jungen Leuten aneinander geraten. Dabei hatte er im Streit einen der beiden so sehr verletzt, dass dieser Zeit seines Lebens an den Rollstuhl gefesselt blieb.
    Obwohl Jean Pierre aus Notwehr gehandelt hatte, wurde von dem anderen Schläger, der vor Gericht als Zeuge aufgetreten war, die Situation so dargestellt, als würde er die alleinige Schuld tragen.
    Seine Anwälte hatten ihm damals wenig Hoffnung gemacht, bei dem anstehenden Prozess nicht verurteilt zu werden.
    Die Anklage lautete auf versuchten Mord, und Jean Pierre musste mit einer nicht geringen Gefängnisstrafe rechnen. Zu allem Überfluss hätte er mit einer derartigen Verurteilungseine vielversprechende Karriere an den Nagel hängen können. In seiner Panik und Angst vor dem drohenden Gefängnis setzte er sich nach Frankreich ab und trat der Fremdenlegion bei.
    Hier fragte niemand danach, wer er wirklich war, und welche Motive ihn zur Legion getrieben hätten. Die Legionäre setzten sich fast ausnahmslos aus vielen jungen Leuten zusammen, die aus irgendwelchen guten Gründen aus ihrer Heimat verschwinden mussten.
    Jean Pierre erhielt nach fünfjähriger Zugehörigkeit eine neue Identität und Staatsbürgerschaft.
    Plötzlich war er Franzose. Seine deutsche Vergangenheit und sein früheres Leben waren gelöscht.
    ,Legio Patria Nostra‘, die Legion ist unser Vaterland! Dieses Motto traf zu einhundert Prozent auf ihn zu.
    Obwohl er an dem Unglück keine Schuld trug, schickte er seit dem Vorfall regelmäßig Geld an das Opfer. Das tat er nicht, um sein Gewissen zu beruhigen, sondern weil er die Meinung vertrat, dass er, wenn er nicht so betrunken gewesen wäre, dem Streit hätte aus dem Weg gehen können.
    Außerdem konnte die Familie seines Gegners das Geld sicherlich gut gebrauchen.
    Er hatte sich zunächst für zehn lange Jahre verpflichtet. Die ersten Ausbildungsmonate erschienen ihm wie die Hölle. Bei der Legion hatte man den Grundsatz, dass Schweiß Blut spare.
    Das hatte zu bedeuten, dass man versuchte, alle Legionäre in der Ausbildung über ihre psychischen und physischen Grenzen zu führen, damit sie im Kampfeinsatz über die entsprechende geistige und körperliche Fitness verfügten. Die Legionäre waren dafür bekannt, dass sie weltweit mit die härteste und anspruchsvollste Ausbildung für den Militärdienst genossen hatten.
    Nachdem Jean Pierre seine Ausbildungszeit erfolgreich hinter sich gebracht hatte, wurde er fast auf der ganzen Welt zu Kampfeinsätzen geschickt. Die Legionäre wurden immer dahin entsandt, wo der französische Staat seine Interessen militärisch vertrat. Meistens hatten sie die Aufgabe, französische Staatsbürger aus einer Gefahr zu retten. Das Wichtigste, was er lernte, so lange er das Képi Blanc trug, war nicht die Kunst des Krieges und des Kämpfens, sondern eher die Kunst, im Kampf zu überleben.
    Anfangs war er viele Jahre bei der 13. Halbbrigade der Legion in Dschibuti in Ostafrika stationiert.
    Von hier aus nahm er an Einsätzen in Algerien und Indochina teil. Später, er hatte sich bereits bis zum Offiziersdienst-grad als Capitaine hochgedient, versah er seinen Dienst einige Jahre in Französisch-Guayana in Südamerika.
    Hier hatte er auch Luise kennen und lieben gelernt und ließ sich auf ihren Wunsch zurück nach Frankreich versetzen. Die letzten zwanzig Jahre bis zu seiner Pensionierung verbrachte er als Leiter eines Ausbildungsregimentes in Aubagne in Südfrankreich.
    Jean Pierre galt als harter Hund in der Legion und hatte unzählige Kampfeinsätze überlebt.
    Er war an den verschiedensten Waffensystemen ausgebildet worden und war Sprengstoffexperte und Spezialist im Nahkampf. Außerdem hatte er gelernt, wie ein Legionär zu denken und zu fühlen, wodurch er sein ehemaliges Leben fast völlig verdrängt hatte.
    Anfangs waren fast zwei Drittel der Legionäre Deutsche, in den neunziger Jahren kamen dann immer mehr Osteuropäer dazu. Das lag hauptsächlich daran, dass viele junge Männer aus der ehemaligen UdSSR in Zeiten von Glasnost und Perestrojka den Wirren ihres Landes entflohen und ihre neue Bestimmung in der Legion suchten.
    Auch nach seiner Zeit als Legionär konnte Jean Pierre die Gebräuche und Riten nicht völlig ablegen; er trat einer Kameradschaft ehemaliger Fremdenlegionäre bei, die sich immer noch

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