Faulspiel (German Edition)

gewesen war. Aus Erfahrung wusste Wolf, dass die Profis in diesem Gewerbe immer zwei tödliche Schüsse abgaben und zwar immer in der gleichen Reihenfolge.
    Der erste Schuss wurde immer auf den Kopf des Opfers abgegeben und der zweite war auf das Herz gerichtet. Damit wollte der Killer sichergehen, dass er seinen Auftrag zu einhundert Prozent erledigt hatte. Das war ihm in diesem Fall auch gelungen.
    Lahme war ihnen zwar fürs Erste durch die Lappen gegangen, jedoch war sich Wolf sicher, dass sie ihn über kurz oder lang fassen würden. Jeder Mitarbeiter seiner Abteilung hatte jetzt, nachdem sie alle wussten, dass er ein Spitzel und korrupterVerräter war, eine besondere Motivation, diesen Kerl so schnell wie möglich hinter Schloss und Riegel zu bringen. Bisher hatten sie nur herausgefunden, dass er sich mit einem Taxi zum Frankfurter Flughafen hatte bringen lassen. Allerdings tauchte sein Name in keiner der Passagierlisten auf, die ihm die Fluggesellschaften zur Verfügung stellten.
    Vermutlich hatte Lahme seine Tickets unter einem falschen Namen gebucht, und Wolf war überzeugt davon, dass er sich schon außerhalb Europas aufhielt.
    Irgendwann würden sie ihn schon ausfindig machen!
    Zurzeit allerdings hatten sie ihr Augenmerk darauf gelegt, Vladimir Bako nicht aus den Augen zu verlieren. Er war mit absoluter Sicherheit der Hauptakteur in diesem kriminellen Drama.
    Die Hinweise darauf, dass er einen großen Coup plante, verdichteten sich immer mehr. Aus den Überwachungsergebnissen konnte man entnehmen, dass er seit Tagen sehr regen Kontakt nach Südamerika und Nordspanien hatte. Außerdem wurde er mit einer Gruppe Italiener in Verbindung gebracht, die nach aktuellsten Informationen eine deutsche Splittergruppe der kalabrischen Mafia war.
    Hans Wolf versuchte, die Informationen in einen logischen Zusammenhang zu sortieren.
    Ihm war relativ klar, dass es sich entweder um ein Drogenoder um ein Waffengeschäft handeln musste. Die Ndrangheta war eine der Organisationen, die den Drogenmarkt in Mittel- und Westeuropa beherrschte. Gleichzeitig war Nordspanien, also Galizien, die Haupteinfuhrroute für Kokain aus Südamerika.
    Galizien ist eine der autonomen Gemeinschaften Spaniens und liegt im Norden des Landes, oberhalb der portugiesischen Grenze. Nach Osten grenzt Galizien an das Baskenland und wird im Norden und im Westen vom Atlantik flankiert.Daher bezog Galizien seine wirtschaftliche Macht schon seit Menschengedenken aus dem Meer. Die meisten Menschen dieser Provinz ernährten sich vom Fischfang und von allem, was das Meer sonst noch so hergab. Die Küste Galiziens ist gesäumt von schroffen Steilküsten, die ins Meer münden.
    Im Volksmund wurden diese Provinzen Spaniens auch als das grüne Spanien bezeichnet. Dies lag in erster Linie daran, dass es in Galizien riesige Waldbestände gab, die zum großen Teil aus künstlich angepflanzten Eukalyptusbäumen bestanden.
    Das überwiegend feuchte Klima dieses Landstriches sowie Nebel, Wind und die grünen bewaldeten Hügel und Berge ließen ohne weiteres Vergleiche mit der Bretagne oder Irland zu.
    Schon seit jeher galt der Schmuggel in Galizien als Kavaliersdelikt. Fast jeder beschäftigte sich irgendwie mit der Schmuggelei. Es wurde so ziemlich alles illegal eingeführt, was sich irgendwie zu Geld machen ließ. Die geschmuggelten Waren reichten von Alkohol, über Zigaretten, Tabak und Glücksspielgeräten bis hin zu allen erdenklichen Drogen.
    Es gab Familien, die sich schon seit Generationen nur vom Schwarzhandel ernährten. Die Behörden duldeten das Schwarzmarktgeschäft meist stillschweigend, weil ein striktes Verbot vermutlich eine ganze Region ins Elend gestürzt hätte. Erst als der Drogenmarkt an der galizischen Küste überhand nahm, versuchte die sozialistische Regierung Spaniens die Contrabandistas, die Schmugglerbanden, dingfest zu machen. Dies gestaltete sich allerdings als äußerst schwierig, denn trotz einiger Erfolge und Beschlagnahmungen von etlichen Tonnen Kokain zeigte sich immer wieder, dass die Schmuggler in den Rias, den engen Fjorden an der galizischen Küste, mit ihren schnellen und wendigen Booten ihren Jägern haushoch überlegen waren.
    Außerdem scheiterte die Fahndung auch über viele Jahre an den schmalen Budgets, die den Häschern zur Verfügung standen. So durfte in den neunziger Jahren ein Einsatz nicht mehr als neunhundert Mark kosten, und Verfolgungen konnten nicht durchgeführt werden, weil es z. B. an Benzin fehlte.
    Zusätzlich