Faunblut
aufzurichten. Gemeinsam führten sie ihn an den Dienern vorbei. Die Träger wichen ihnen aus, als wären die drei Menschen ganz plötzlich zu Unberührbaren geworden, und beeilten sich mit gesenktem Kopf, ihre Last zum Fahrstuhl zu bringen.
Nur Faun wandte den Blick nicht ab. Die Arroganz war aus seiner Miene verschwunden, doch im Augenblick hätte Jade ihm am liebsten in das perfekte Gesicht geschlagen. Alles wegen dir!, dachte sie wütend.
»In die Küche«, flüsterte Lilinn, sobald sie den Flur erreicht hatten. »Ich habe noch Arnikasud, das hilft gegen Schwellungen. Hoffentlich hat er ihm nichts gebrochen.«
»Das wüsste ich«, presste Jakub zwischen den Zähnen hervor. »Verdammte Bande.«
»Scht!«, zischten Jade und Lilinn gleichzeitig und schleppten ihn schneller vorwärts.
Im Schein des elektrischen Lichts sah die Prellung an Jakubs Seite noch schlimmer aus. Schon jetzt verfärbte sie sich lilablau, und als Lilinn mit geübten Fingern an den Rippen entlangtastete, schnitt Jakub eine Grimasse und fluchte.
»Schlechte Nachricht«, flüsterte Lilinn. »Wie ich schon vermutet habe: Eine Rippe ist tatsächlich gebrochen. Schmerzt es hier sehr?«
»Nicht halb so schlimm wie ein gebrochenes Herz«, murmelte Jakub. Lilinn hielt überrascht inne, dann senkte sie verlegen den Blick und fuhr damit fort, die Prellung zu versorgen.
»Gestern predigst du mir noch, dass wir niemanden verärgern dürfen – und jetzt legst du dich mit den Gästen an«, schalt Jade ihren Vater. »Dein Jähzorn hätte dich den Kopf kosten können!«
Doch Jakub schüttelte nur den Kopf. »Wir sind zwar nur Untertanen, aber solange die Bestätigung der Lady an unserer Wand hängt, ist es immer noch unser Hotel!«
Jade verbiss sich einen Kommentar. Sie und Lilinn wechselten nur einen stummen Blick, und Jade wusste, was die Köchin von der Genehmigung hielt: Das Stück Papier bedeutete nicht viel. Mochte Jakub auch gute Kontakte zu den Leuten der Lady haben – sie waren dennoch Rechtlose, Leute, die nur eine Existenz hatten, solange die Lords und die Lady sie gewähren ließen. Und wenn es einem Lord gefallen sollte, sie aus dem Haus zu vertreiben, war es nicht länger ihr Hotel. In Augenblicken wie diesen erschien die Ferne Jade verlockender denn je. Eines Tages gehe ich fort , dachte sie voller Wut.
»Mit diesen Gästen stimmt etwas ganz und gar nicht«, fuhr Jakub fort. »Was ist in den Käfigen, Jade? Hast du hineingesehen?«
»Nur Tiere. Vielleicht Marder.« Doch die Erinnerung an das schwarze Auge behagte ihr ebenfalls nicht. »Für ein Kunststück vielleicht, eine Aufführung.«
»Vielleicht, vielleicht!«, knurrte Jakub. »Vielleicht auch nicht. Und in der großen Kiste, die nur durch den Haupteingang passt, sitzt nur eine Riesengans, die goldene Eier für die Lady legt, nicht wahr? Diesem Nordländer ist nicht zu trauen.«
Jade schnaubte und verschränkte die Arme. »Tam hätte bestimmt nicht geduldet, dass sie so mit dir umspringen. Er scheint wichtig zu sein, sonst hätte ihm die Lady sicher nicht den Wunsch erfüllt, außerhalb ihres Hofes Quartier zu nehmen.«
Jakub grinste verächtlich. »Überleg dir lieber, was in der Kiste sein könnte, wenn nicht einmal die Lady es in der Nähe haben möchte.«
Lilinn hielt erschrocken inne und auch Jade war plötzlich noch viel mulmiger zumute. So hatte sie es noch nicht betrachtet.
»Was dieser Nordländer erzählt, ist mir völlig gleichgültig«, fuhr Jakub fort. »Worte sind Wasser und Rauch. Er gibt sich freundlich, aber hast du seine Hunde gesehen? Besser abgerichtet und gefährlicher als die Galgos. Der Kerl selbst hat Schwielen an den Händen, offensichtlich von einer Waffe. Und Narben an den Handgelenken. Das ist kein Reisender, der die Lords und die Lady mit Dressurkunststückchen unterhalten wird. Ich erkenne einen Jäger, wenn ich ihn sehe.«
Jäger. Allein schon das Wort beunruhigte Jade.
»Sie sind jetzt hier«, stellte Lilinn trocken fest. »Und wir sind die Gastgeber. Alles andere geht uns nichts an.«
»So sieht es wohl aus«, sagte Jakub und seufzte. »Ich dachte mir schon, dass dieses Geschenk der Lady nur ein Geschenk mit Zähnen sein kann. Nun, wir werden uns an den Befehl halten: keine Besuche, keine Gefälligkeiten, keine Fragen. Wir halten uns fern von ihnen, bis sie endlich wieder verschwinden. Am besten, wir quartieren uns im ersten Stock ein – in den Räumen mit den Marmorbädern, die haben gute Schlösser.«
Mühsam hangelte er mit der
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