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Faunblut

Faunblut

Titel: Faunblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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linken Hand seinen Schlüsselbund aus der Hosentasche und warf ihn auf den Tisch.
    »Wir werden ihnen aus dem Weg gehen. Und du, Jade, schließt hier unten alles ab, was nicht unbedingt zugänglich sein muss.« Jade nickte und nahm die Schlüssel an sich. Es war der falsche Zeitpunkt, um mit Jakub zu diskutieren, aber sie hatte ganz sicher nicht vor, Tam aus dem Weg zu gehen.
    Irgendwo im Hotel rumpelte es. Rufe ertönten, eine Tür schlug so laut zu, dass Lilinn zusammenzuckte.
    »Das kam aus dem Bankettsaal!«, stöhnte Jakub. »Jetzt zerschlagen sie mir auch noch die Flügeltüren!«
    Sein Gesicht verzerrte sich vor Schmerz, als er hochfuhr, doch Lilinn war schneller.
    »Nichts da«, befahl sie und drückte ihn mit aller Kraft auf den Sitz zurück. »Das fehlt noch, dass du dir auch noch die anderen Rippen brechen lässt.«
    Jade stand auf. »Ich kümmere mich darum.«
    Bevor Jakub etwas dagegen einwenden konnte, war sie schon aus der Tür hinaus. Das Rumpeln kam tatsächlich aus dem Bankettsaal, und jetzt hörte sie auch noch ein Schleifen, als würde ein schwerer Gegenstand über Holz gezogen. Vor der Tür zögerte sie kurz. Die Vorstellung, den Jägern gegenüberzutreten, machte sie so nervös, dass sie die Hand um den Schlüsselbund krampfte.
    Vormittagslicht erhellte den großen Bankettsaal. Die großen Flügeltüren des Haupteingangs waren weit geöffnet, die glatten Holzbretter, die von der Fähre aus über die Treppe gelegt worden waren, ragten in den Raum hinein. Dort, wo vor Jahrzehnten schwere Tische gestanden hatten, fanden sich im Marmormuster des Bodens Scharten und Kratzer. Das Muster hatte die Form von schwarzweißen Flussrosen, und früher, als das Weiß noch nicht staubig und abgetreten gewesen war, musste es umso prächtiger gewirkt haben.
    Jade sah sich um und atmete auf. Es befanden sich keine Jäger im Raum. Nur ein paar Fuhrleute, die sie nicht kannte, und … Faun! Gerade trat er hinter der Kiste hervor und prüfte mit konzentrierter Miene das Seil. Es schabte wieder, als die Kiste über die Bretter hochzogen wurde. Faun legte die Hände an das Holz und stemmte sich dagegen, als die Kiste den Scheitelpunkt erreichte, mit dem Brett kippte und wie über eine Wippe nach vorne rutschte. Ihr Schatten fiel wie der Umriss eines verzerrten Monoliths auf die Steinblüten.
    »Vorsicht!«, fuhr Faun die Männer an, die das Seil nachließen. »Nicht so schnell.«
    »Passt auf die Türen auf!«, rief Jade. Mit grimmiger Freude sah sie, wie Faun sich wie gehetzt nach ihr umblickte. Sie hätte schwören können, dass er blass wurde.
    Mit verschränkten Armen sah sie zu, wie die Kiste in die richtige Position gezogen wurde, bis sie endlich sicher auf dem Boden stand. Faun atmete sichtlich auf. Die Fuhrleute warfen einen letzten ängstlichen Blick zu dem Holzverschlag, tippten sich zum Abschied hastig an die Mützen und beeilten sich, auf ihr Boot zurückzukommen. Jade trat zur Tür, klappte die Flügel behutsam zu und suchte nach dem richtigen Schlüssel, um den Haupteingang zu verschließen.
    In der plötzlichen Stille klang das Klirren des Schlüsselbundes unangenehm laut. Heute regte sich nichts in der Kiste, kein Geräusch drang heraus. Ein unangenehmes Kribbeln im Nacken ließ Jade vermuten, dass Faun sie stumm beobachtete. Der Schlüssel drehte sich mühelos im Schloss und das metallische Schnappen hallte im leeren Saal.
    »Ich bin gespannt, wie ihr diese Kiste in den vierten Stock schaffen wollt«, sagte Jade, ohne sich umzudrehen. »In den Aufzug passt sie jedenfalls nicht.«
    Ein Räuspern war die Antwort, dann, nach einigem Zögern, antwortete Faun: »Sie … bleibt hier unten.«
    Jetzt fuhr Jade doch herum. Faun zog den linken Mundwinkel hoch. »Warum so entsetzt? Du hast es doch selbst vorgeschlagen.«
    Die Feindseligkeit war beinahe mit Händen zu greifen, doch Jade bezwang ihre Wut. Keine Fragen, keine Besuche. Sie wusste, sie sollte auf Jakub hören und gehen, doch irgendwo in ihr regte sich so etwas wie Trotz. Es ist vielleicht nicht unser Hotel, dachte sie. Aber immerhin mein Zuhause.
    »Und wie soll das gehen?«, fragte sie. »Irgendjemand muss den Käfig bewachen, oder? Wollt ihr das Tier die ganze Zeit über eingesperrt lassen?«
    »Lass das meine Sorge sein«, antwortete Faun kühl und deutete auf ein Bündel Decken, das ihm offenbar als Bett dienen sollte. »Ich bleibe hier und kümmere mich um ihn.«
    Ihn. Das war immerhin etwas.
    »Du hast einen seltsamen Namen«, tastete sich Jade

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