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Faunblut

Faunblut

Titel: Faunblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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und dich einfach davonstehlen wolltest?
    Anstatt ihr zu antworten, packte er ihre Arme. Nur aus Überraschung ließ sie los. Im nächsten Augenblick schlossen sich eiskalte Finger um ihre Handgelenke. Noch nie hatte er sie auf diese Weise berührt. Obwohl er sie festhielt, schien es, als wollte er sie auf Abstand halten. Nah – und dennoch Meilen entfernt. Der Gedanke, dass er im Dunkeln ihr Gesicht sah, während sie nur das Glänzen von Augen erahnen konnte, behagte ihr überhaupt nicht. Sie spürte, wie er krampfhaft tief einatmete. Sein Atem zerschellte an ihrem Schlüsselbein. Dann waren plötzlich seine Lippen auf ihrer Haut und sie fuhr zurück.
    »Lass sofort los!«, sagte sie warnend.
    Er strich mit den Lippen über ihren Hals nach oben und über das Kinn. Jade ballte die Hände zu Fäusten.
    »Ich liebe dich!«, flüsterte er. Dann küsste er sie, als wäre er ein Verdurstender an einer Quelle. Seine Lippen waren kalt vom Regen und so fordernd, dass sie befremdet von dieser Gier und Heftigkeit zurückzuckte. Schmerzhaft stießen seine Zähne gegen ihre Lippen. Das reichte! Jade bäumte sich auf und wehrte sich mit aller Kraft. Seine Lippen lösten sich von ihren, sie riss ihr Handgelenk aus seiner Umklammerung. Dann holte sie aus und schlug mit aller Kraft zu. Die Ohrfeige ließ ihn zur Seite zucken, dann war sie frei und sprang auf.
    »Was sollte das? Spinnst du?«
    Sie fühlte jeden Pulsschlag ihres rasenden Herzens in ihrer pochenden Handfläche. Ihn und eine glatte, geschmeidige Nässe.
    Tränen , war ihr erster Gedanke. Aber natürlich wusste sie es besser.
    »Nicht«, sagte Faun leise, als er das Klappern von Streichhölzern hörte. Jade entzündete das Öllicht und drehte sich um. Das flackernde Licht zeigte einen Faun, der im jähen Licht blinzelte und die Helligkeit mit der Hand abschirmte. Er war blass und völlig erschöpft. Das nasse Haar klebte an seiner Stirn. Ganz offensichtlich kam er aus dem Regen. Seine Augen glänzten fiebrig und über seine Wange zog sich ein hässlicher Kratzer. Durch die Ohrfeige hatte die bereits verschorfte Wunde wieder angefangen zu bluten.
    »Es tut mir leid«, sagte er beschämt und senkte den Arm. »Ich wollte nicht … Ich habe plötzlich gedacht, ich könnte es nicht ertragen, dich zu verlieren.«
    »Und deshalb erschreckst du mich zu Tode und fällst über mich her?«
    Seine Augen glommen und wirkten in seinem blassen Gesicht wie schwarze Flecken. Er gab keine Antwort. Jade stand reglos neben dem Bett und umklammerte den hölzernen Bettpfosten, während in ihr zwei Seelen miteinander rangen. Er ist verletzt , rief die Jade der Nacht. Schick ihn fort , beharrte die vernünftige Jade, die sie am Tag war.
    »Fass mich nie wieder auf diese Weise an«, sagte sie schließlich mit fester Stimme. »Das ist der beste Weg, mich zu verlieren.«
    »Es tut mir leid«, wiederholte er zerknirscht. »Ich … weiß nicht, was in mich gefahren ist.«
    »Wer hat dich verletzt?«
    »Eine Schneekatze«, antwortete er und wischte sich mit seinem nassen Ärmel die Wange ab. »Mitten in der toten Stadt, ob du es glaubst oder nicht.«
    »Ein Tier aus Lord Norems Menagerie. Doch, das glaube ich dir sofort.«
    Es war das erste Mal, dass Jade Tanía aus vollem Herzen hasste. Faun hob den Kopf. »Du weißt von Lord Norems Ermordung?«
    »In der Stadt spricht sich so etwas schnell herum.«
    »Du warst heute draußen? Obwohl ich dich gebeten hatte, dich von den Leuten der Lady fernzuhalten?«
    »Du kennst mich doch inzwischen gut genug. Niemand sagt mir, wohin ich gehen und wo ich bleiben soll«, erwiderte Jade ruhig. »Die Nächte gehören uns beiden, aber die Tage sind immer noch mein Eigentum. Jeder lebt für sich.«
    Er lächelte traurig. »Unsere Nächte«, sagte er leise. »Sie sind kostbarer als alles andere.«
    Die Worte berührten etwas in ihr, das sie in diesem Moment lieber nicht gefühlt hätte: Wehmut und die Angst, auch die Nächte zu verlieren.
    »Was habt ihr in der toten Stadt gemacht?«
    »Jemanden gefunden«, sagte er tonlos und rieb sich die Stirn, als würde ihm schon die Erinnerung daran Kopfschmerzen bereiten. Jade hatte plötzlich das Gefühl, ersticken zu müssen.
    »Ihn?«, flüsterte sie. »Den Prinzen?«
    Faun schlug die Augen auf und musterte nachdenklich ihr Gesicht. Er weiß es , fuhr es ihr durch den Kopf. Er weiß, dass ich auf der anderen Seite stehe.
    Doch dann nickte er. Es sprach kein Stolz aus dieser Geste.
    Jade musste sich setzen.
    »Seid ihr

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