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Faunblut

Faunblut

Titel: Faunblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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ähnlich.
    »Und Elanor?«, fragte Jade. Irgendetwas stimmte nicht. Niemand grinste, niemand machte eine spöttische Bemerkung. Und bei der Erwähnung von Elanors Namen tauschten sie nur stumme Blicke. »Ist etwas passiert?«
    Nama, eine Taucherin mit glatten schwarzen Haaren, antwortete ihr schließlich. »Was soll passiert sein? Elanor ist noch beim Präfekten.«
    »Immer noch?«, fragte Jade. »Beim Verhör?« Das klang nicht gut.
    »Bei der Befragung«, korrigierte Arif sie. »Wir sind schließlich keine Verdächtigen. Vermutlich ist sie dort geblieben, bis die Treibjagd vorbei ist. Ist vielleicht besser so. Die Turbinen im östlichen Teil des Flusses sind lahmgelegt worden. Wir müssen sie zum Laufen bekommen. Und mit ihrer verletzten Hand hätte Elanor uns ohnehin nicht helfen können.« Sein Gesichtsausdruck hellte sich ein wenig auf. »Du kommst also gerade richtig.«
    Jade blickte zurück. Sie war schon viel zu weit entfernt, um einigermaßen sicher zum Larimar zurückzukommen. Vielleicht war es wirklich das Beste, den Tag bei den Feynals zu verbringen.
    »Gut. Was soll ich tun?«
    »Wir kommen gut ohne sie klar«, sagte Martyn.
    »Wer hier bleibt, bestimme auf diesem Schiff immer noch ich«, erwiderte Arif. Martyn schnaubte, aber auf ein Zeichen seines Bruders hin ging er voraus zu einem Bündel Seile und reichte Jade Haken und Gurte. »Irgendwann wirst du mit mir reden müssen«, sagte Jade.
    »Da täuschst du dich gewaltig«, antwortete Martyn. »Hilf von mir aus an der Winde aus. Und dann geh zurück in Fauns Bett.«
    *
    Wie ernst Martyn es diesmal meinte, bekam Jade zu spüren, als sie über den Turbinen anlegten. Das Schiff wurde zusätzlich zum Anker auch noch mit Seilen am Ufer vertäut. Der eiserne Schlitten, der die Taucher wie ein Fahrstuhl in die Tiefe befördern würde, stand an Deck. Jade und Martyn schnallten die Gurte fest und prüften die Leinen. Es war ein eingespielter Tanz, den sie schon Hunderte von Malen gemeinsam ausgeführt hatten, aber selbst hier wich Martyn ihren Blicken aus und antwortete nur einsilbig, wenn er nicht darum herumkam, sich mit ihr über das Werkzeug zu verständigen.
    Als alles bereit war, war Jade völlig niedergeschlagen und mit ihren Nerven am Ende. Es war eine Sache, ihren Vater an eine Frau zu verlieren – das hatte sie erwartet, früher oder später. Und wenn es nicht gerade die doppelgesichtige Lilinn gewesen wäre, hätte sie sich sogar darüber freuen können. Aber die Zurückweisung ihres besten Freundes zu spüren, war etwas ganz anderes. Und das Schlimmste war, dass sie es ihm nicht einmal verübeln konnte.
    Es war bereits spät geworden. Eine rot glühende Sonne tauchte das Wasser in Rubinglanz. Für die Taucher machte es keinen Unterschied, ob sie bei Tag oder am Abend die Turbinen reparierten. Dort unten, zwischen den Felsen, war es immer Mitternacht. Jade ließ das Seil nach und knotete es an einem Haken an der Bordwand fest. Der mit Steinen beschwerte Eisenschlitten wurde über einen Flaschenzug zu Wasser gelassen. Die Fähre neigte sich unter dem Gewicht leicht zur Seite. Nama und ein anderer Taucher, ein gedrungener Mann namens Cal, kletterten von Bord und stellten sich Rücken an Rücken auf das Gefährt. Nama zurrte ihren Gürtel mit den Gerätschaften fester: Messer, ein Blockierholz für die Turbinenblätter und Haken, um in den Felsen Halt zu finden. Cal überprüfte seine Harpune. Jade musste an die Flussmuräne denken, die Martyn vor einiger Zeit erbeutet hatte, und schauderte. Die Taucherin nahm die Lampe vom Schlitten. Jade konnte sehen, wie weiß Namas Knöchel wurden, so fest umklammerte sie das Gerät.
    »Drei Minuten«, befahl sie.
    Martyn stieß einen Pfiff aus, die Taucher holten Luft. Der Schlitten durchbrach mit einem Platschen die Oberfläche und sauste, von den Gewichten gezogen, im Wasser nach unten, ein verschwommener Fleck, den die Dunkelheit des Flusses verschluckte. Jade hielt unwillkürlich ebenfalls die Luft an.
    Seile sirrten durch Winden, Fäuste schlossen sich um die Sicherungsseile. »Grund«, rief Martyn. Die Seile verloren an Spannung. Dann hieß es warten. Die Uhr tickte. An Arifs Stirn traten die Adern hervor. Konzentriert hielt er das dünne Seidenseil, um beim kleinsten Rucken den Befehl zum Hochholen zu geben.
    Eine Minute verging, Jade musste Luft holen. Zwei Minuten. Die Leute wurden unruhig, Martyn kaute nervös auf seiner Unterlippe herum. Jade wandte den Blick von ihm ab und starrte ins Wasser.

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