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Faunblut

Faunblut

Titel: Faunblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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Herz begann, schneller zu schlagen, als sie Martyn entdeckte. Bevor sie auch nur winken konnte, sah er sich schon nach dem Motorgeräusch um und sprang erstaunt auf. Die Flussleute reckten die Hälse. Mit zwei großen Schritten war Martyn an der Reling.
    Jade machte den Motor aus und ruderte das Boot die letzten Meter zur Fähre. Martyn warf ihr ein Seil zu und sie ergriff es und vertäute das Boot damit an der Reling. Doch sie stieg nicht aus, und Martyn machte keine Anstalten, zu ihr hinunterzuklettern. Im Gegenteil: Er stand vor dem Durchgang der Reling, als wolle er ihr den Zutritt zum Deck verwehren.
    »Wieso bringst du das Boot mitten in der Nacht zurück?«, rief er verärgert. »Nachts schießen die Patrouillen gerade auf alles, was sich bewegt!«
    »Na, Jade? Noch eine Runde Schwimmen im Mondschein?«, rief Cal mit gutmütigem Spott, doch Martyn brachte ihn mit einer unwilligen Geste zum Schweigen.
    »Ich weiß, du bist wütend auf mich«, brachte Jade atemlos hervor. »Aber ich muss mit dir reden …«
    »Reden?«, fragte er und verschränkte die Arme. »Warum nicht? Sag, was du zu sagen hast!«
    »Können wir das allein besprechen?«
    »Ich habe nichts vor den anderen zu verbergen. Du etwa?«
    Jade seufzte. Das sah Martyn ähnlich!
    »Wie du willst«, sagte sie leise. »Aber es geht nicht um uns. Sondern um den Fluss und die Echos.« Ihr Blick wanderte über die Gesichter der Flussleute, die inzwischen zur Reling getreten waren und zum Boot hinunterschauten. Sie stutzte. »Ist Elanor immer noch nicht zurück?«
    Arif schüttelte stumm den Kopf. Er sah sehr besorgt aus, das konnte sie sogar im Fackelschein erkennen.
    »Warum nicht?«
    »Wartet noch beim Präfekten«, antwortete Arif und ging zum Feuer zurück.
    »Ist nicht dein Problem«, sagte Martyn zu Jade.
    »Nicht mein Problem?«, fauchte Jade. »Ganz egal was zwischen dir und mir ist, Elanor ist mir wichtig! Und auch du und ich waren lange Zeit Freunde, hast du das schon vergessen?«
    »Anscheinend hast du es vergessen«, erwiderte er frostig.
    Jade konnte den Schmerz ertragen und Jakubs Tränen, aber wie eine Bittstellerin in einem schwankenden Boot zu stellen, war endgültig zu viel.
    »Ich habe dir nie etwas versprochen, Martyn! Wir haben es miteinander versucht und uns getrennt. Also hör endlich auf, den betrogenen Mann zu spielen.«
    » Du hast dich von mir getrennt!«, fuhr er sie an. »Und ich verstehe bis heute nicht, warum. Vermutlich war ich einfach zu leicht zu haben.«
    Cal stieß einen Pfiff aus. »Dicke Luft«, meinte er und winkte den anderen zu. Endlich löste die Versammlung an der Reling sich auf. Die Flussleute gingen zu ihren Tellern zurück, aber Jade wusste, dass sie natürlich jedes Wort gespannt mithören würden. Trotzdem senkte sie die Stimme, als sie weitersprach.
    »Vielleicht war es das«, sagte sie. »Ich weiß es nicht. Vielleicht kannten wir uns schon zu lange.«
    »Vielleicht, vielleicht! Ist das alles, was du mir dazu sagen kannst?«
    »Was willst du denn noch hören?«, platzte sie heraus. »Dass ich manchmal das Gefühl hatte, meinen Bruder zu küssen? Dass es schön war, mit dir zu schlafen, aber dass mich die Sehnsucht danach nie bis in meine Träume verfolgt hat? Dass ich nie das Gefühl hatte, im Fieber zu brennen, wenn wir uns wiedersahen? Ich habe dich geliebt, Martyn, auf diese andere Weise, und es tut mir leid, dass ich dich damit verletzt habe. Und auf dieselbe Weise liebe ich dich noch heute und werde nie damit aufhören, gleichgültig ob du mir jemals verzeihst oder nicht.«
    Martyn holte tief Luft. Jade biss sich auf die Unterlippe. Sie hatte angenommen, dass sie sich nicht elender hätte fühlen können, aber nun stellte sie fest, dass sie sich geirrt hatte.
    »Wow«, sagte er heiser und räusperte sich. Sie konnte ihn nur schemenhaft sehen, fast wie ein Schattenriss stand er genau vor einer Fackel. Jade senkte den Kopf. Ihre Wangen brannten. Bravo, Jade , dachte sie. Und du beschwerst dich darüber, dass andere dir wehtun.
    Aber Martyn wirkte nicht traurig, stattdessen schüttelte er den Kopf und fluchte aus vollem Herzen.
    »Es wäre für mich verdammt noch mal sehr viel einfacher gewesen, hättest du mir nur ein einziges Mal so deutlich wie eben gesagt, was los ist«, sagte er dann mit mühsam unterdrückter Wut.
    »Schon gut«, murmelte Jade. »Ich habe heute offenbar den Holzhammer in der Hand. Am besten ich steige einfach aus und gehe. Ich binde das Boot am Ufer an. Da könnt ihr es morgen

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