Fay - Das Vermaechtnis des Blutes
nur mich persönlich betreffen, lassen sie mir diesbezüglich freie Hand. Falls ich dann eine falsche Entscheidung fälle, schade ich mir nur selbst. Damit kann ich prima leben und der hohe Rat ebenfalls.“
„Das heißt also, dass du eine menschliche Freundin hast“, schlussfolgerte Dalila und schluckte schwer. Sie presste ihre Lippen so fest aufeinander, sodass das Blut aus den feinen Gefäßen gedrückt wurde und sich ihr rosenholzfarbener Mund weißlich verfärbte. Ihre Enttäuschung war ihr anzusehen.
„Nein, nein!“, erwiderte Jo wie aus der Pistole geschossen.
„Das habe ich damit nicht andeuten wollen.
Ich wollte damit nur klar stellen, dass ich selbst entscheiden kann in wen oder was ich mich verliebe, solange ich es nicht an die große Glocke hänge und damit hausieren gehe.“ Die Worte klangen wie Balsam in Dalilas Ohren. Sogleich entspannten sich die Muskeln um ihre Mundpartie und ließ ihre Lippen voll Blut laufen, sodass diese wieder ihre voluminös Form und dir richtige Färbung erhielten.
„Vor dem Krieg war ich oft bei den Menschen. Ich habe viel von ihnen gelernt und sie von mir, doch die Richtige war noch nicht dabei.“
„Noch nicht!“, wiederholte er abermals und zog vielsagend eine seiner Augenbrauen hoch.
„Hast du denn schon eine Frau gesehen, für die du dich interessierst und die auch dieselben Gefühle für dich hegt?“, wollte sie weiter in Erfahrung bringen, obwohl dem Teenager die Antwort darauf bereits Kopfzerbrechen bereitete. Jo lehnte sich zufrieden zurück und ließ seine Arme lässig über die Rückenlehne der Couch baumeln.
„Du hast einen guten Spürsinn.
Seit kurzem gibt es tatsächlich eine Frau bei der es die große Liebe sein könnte. Und zufällig weiß ich sogar, dass sie für mich ebenso empfindet wie ich für sie“, verriet er und zwinkerte ihr dabei zu.
„Oh, du hast deine Wahl also schon getroffen. Wie schön für dich!“ Diese Neuigkeit war alles andere als erfreulich für Halbblut gewesen. Sie verzog ihre Lippen zu einem gequälten Lächeln bei dem die Mundwinkel in unterschiedliche Richtungen zeigten. Ihre Augen sprachen jedoch Bände der Trübsinnigkeit. Und in ihrer Stimme lag der bittere klang einer verschmähten Nebenbuhlerin der von vornherein bewusst gewesen war, dass sie niemals eine Chance bei dem königlichen Fay gehabt hatte.
„Ja. Sie ist nett und wunderschön!
Sie hat mir ihre Gefühle zwar noch nicht offen gestanden, aber als Fay ist es mir möglich menschlichen Emotionen zu lesen. Wir können sie sogar besser deuten, als der Mensch selbst! Aus diesem Grund weiß ich auch was sie für mich empfindet.“ Dalila nickte noch abwesend, doch als ihr mit einem Mal bewusst wurde was Jo ihr da soeben mitgeteilt hatte, wurde sie kreidebleich. Vor lauter Aufregung begann sie zu zittern. Demnach wusste Jo von Anfang an wie sie sich in seiner Nähe fühlte.
„Du…ka…kannst also…mei..meine Emotionen…sp..spüren, wenn wir zu…zusammen sind?“, fragte sie stottert und schob ihre zitternden Hände unter ihre Schenkel, damit er ihre Aufgeregtheit zumindest nicht ansehen konnte.
„Zu Beginn konnte ich sie nur empfangen, wenn ich mich in deiner unmittelbaren Nähe befand. Doch nachdem wir den Fayschwur abgelegt haben, spüre ich deine Emotionen zu jeder Tags- und Nachtzeit, egal wo du dich aufhältst.“ Dalila wurde mit einem Mal übel. Es war schon schlimm genug für sie gewesen, dass sie ihrem Gefühlschaos ständig hilflos ausgeliefert war. Doch nun zu erfahren, dass ihr Faypate der auch noch der Auslöser dafür war, ununterbrochen an ihrem Gefühlsleben teilhaben würde, war zu viel des Guten.
Schleichend wurde ihr das Ausmaß ihrer komplexen Verbindung bewusst und somit auch die Erkenntnis, dass sie kein Privatleben mehr hatte. Sie fühlte sich von dem Fay hintergangen. Ab sofort musste sie jede einzelne Gefühlsregung mit ihm teilen. Und da sie nicht dazu fähig war ihre Emotionen wie eine Maschine zu kontrollieren oder gar abzuschalten, musste sie sich ohne weiteren Protest ihrem Schicksal fügen. Ihrem Ärger Luft zu machen würde sowieso zu nichts führen. Jo wusste bereits welche hormonellen Schwankungen er in ihrem Körper auslöste und daran konnte sie nichts mehr ändern, auch wenn sie vor Wut schäumen und wie ein Kleinkind voller Zorn auf den Boden stampfen würde. Viel lieber tat sie so, als ob sie diese Information gar nicht erst erhalten hatte, um sich weitere Unannehmlichkeiten zu ersparen.
„Wo
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