Fay - Das Vermaechtnis des Blutes
nicht die Blöße geben, dass ihr Kuss von dem äußerst anziehenden Fay abgelehnt wurde. Statt auf Jos halbgeöffnetem Mund landeten Dalilas bebende Lippen auf seiner Wange. Ihre Atmung war flach und schnell. Mit aller Kraft versuchte sie ein Keuchen zu unterdrücken, das sie als liebestollen Neuling auf dem Gebiet der Liebe entlarven würde. Ihr genügte nur ein kecker Augenaufschlag von Jo um ihre Welt ins Wanken zu bringen. Bei ihm hingegen hinterließ nicht einmal ihre kindliche Knutschaktion eine Spur außer dem feuchten Lippenabdruck auf seinem markanten Wangenknochen, der im Licht verräterisch aufblitzte.
„Danke“, sagte er gelassen und blickte völlig unschuldig drein. Dalila versuchte sich ihre Verunsicherung nicht anmerken zu lassen und ließ sich gespielt lässig auf die Couch zurück falle. Peinlich berührt von ihrer eigenen Unbesonnenheit soeben einen Fay und noch dazu ihrem Paten ungefragt einen Schmatzer aufgedrückt zu haben, bis sie sich fest auf die Zungenspitze. Der Schmerz sollte die aufsteigende Röte unterdrücken, die bereits ihre sonst so blassen Bäckchen rotkäppchenrot einfärbte. Doch als sei dies nicht schon genug gewesen, spürte sie wie sie Luft holte und ihre Stimmbänder zum Vibrieren brachte. Noch bevor sie sich hätte bremsen können sprudelten die Worte nur so aus ihr heraus. Übertriebene Neugierde war schon immer eine ihrer Schwächen gewesen. Sie war sich im Klaren darüber gewesen, dass sie mit dieser intimen Frage eigentlich zu weit ging, doch ihre deplatzierte Wissbegier rumorte in ihren Eingeweiden.
„Sag mal, hast du eigentlich eine Freundin? Eine Fay mit der du für immer zusammen bleiben wirst?“, fragte sie ganz nebenbei und fummelte verkrampft an ihren langen Haaren herum. Aus rein egoistischen Gründen hoffte sie, dass seine Antwort zu ihren Gunsten ausfallen würde. Ihr war durchaus bewusst, dass eine Liebesbeziehung zwischen Fay und Menschen verboten war. Von daher wagte sie nicht einmal davon zu träumen, dass sich jemals etwas zwischen ihnen ereignen könnte. Dennoch gefiel ihr die Vorstellung nicht, dass er einer Fay oder gar einer menschliche Frau Blicke zuwarf die nur ihr gelten sollten.
„Nein ich bin ungebunden“, erwiderte er knapp.
„Und woran liegt es, dass du noch keine Gefährtin gefunden hast?“, bohrte sie weiter nach, denn sie wollte es genau wissen.
„Verstehe mich bitte nicht falsch, aber du existierst ja bestimmt schon sehr lange. Dastelle ich es mir schöner vor wenn man jemanden an seiner Seite hat mit dem man seine Zeit verbringen kann, anstatt ein einsames Dasein zu fristen“, fügte sie ganz beiläufig hinzu, in der Hoffnung den wahren Grund seines Singlestatus in Erfahrung zu bringen.
„Ja da hast du Recht.
Es ist wirklich schöner, wenn man seinen wahren Partner gefunden hat.
Obwohl ich schon wunderschöne Fayfrauen kennen gelernt habe, fühlte ich mich mit keiner von ihnen verbunden. Es hat bisher einfach noch nicht richtig gefunkt.
Und ganz im Vertrauen muss ich dir nun gestehen, dass ich mich zu den Frauen aus deiner Welt hingezogen fühle.“ Dieses Geständnis versetzte Dalila einen Stich in der Brust. Sie wollte ihre Hand auf die Stelle pressen, um den brennenden Schmerz zu lindern, doch dann hätte Jo gesehen wie sehr sie seine Worte aufgewühlt hatten.
Aus irgendeinem unerfindlichen Grund schien dem Schönling Dalilas verkrampftes Verhalten zu amüsieren, denn er grinste frech vor sich hin. So als ob er wüsste, was ihr durch den Kopf ging.
Indessen artete der Schmerz in ihrer Brust in einen Hustenanfall aus. Jo reichte ihr etwas zu trinken. Hastig stürzte das Mädchen den bereits kalt gewordenen Tee aus der Thermoskanne hinunter und klopfte sich mit der Faust auf die Brust, bis der Druck endlich nach ließ.
„Hast du etwa eine Beziehung zu einem Menschen?“, fragte sie bestürzt, nachdem sie wieder ungehindert atmen konnte. Jo spitzte die Lippen und kostete den Augenblick sichtlich aus, seinen Schützling so lange im Ungewissen zu lassen.
„Seit Chayas Tod haben sich die Fay von den Menschen zurück gezogen. So war es auch nicht mehr möglich, dass sich einer von uns in einen von ihnen verlieben konnte.
Nach dem Exitus haben Chayas direkte Nachfahren den „Hohen Rat“ ins Leben gerufen, dem auch ich angehöre. Dadurch habe ich eine gewisse Entscheidungsfreiheit. Sicherlich haben die anderen bei wichtigen Dingen noch ein Wörtchen mitzureden. Doch da die Entscheidungen die ich treffe zumeist
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