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FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)

FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)

Titel: FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Weiner
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35 Uhr rief Johnson den amerikanischen Diplomaten an, dem er am meisten vertraute, Thomas C. Mann, ein hartgesottener texanischer Konservativer, der Staatssekretär im Außenministerium war.
    »Wir müssen diese Regierung dort unten einsetzen und lenken und irgendwie stabilisieren«, erklärte Johnson dem Staatssekretär. »Dieser Bosch taugt nichts.« [400]  
    Der Präsident maßte sich also an, den nächsten Regierungschef der Dominikanischen Republik zu bestimmen. Das Problem war aber, dass in der US-Regierung praktisch niemand wusste, was in Santo Domingo los war. Der Leiter des CIA-Büros war wegen eines Rückenleidens außer Gefecht gesetzt. Und den hochrangigen amerikanischen Offizieren in der Hauptstadt flogen die Kugeln um die Ohren.
    Aber Hoover und sein Mann in San Juan hatten die Sache im Griff.
    Die Position eines leitenden Special Agent war der höchste Rang, den ein FBI-Mitarbeiter erreichen konnte, sofern er nicht im Hauptquartier tätig war, dem »Regierungssitz«, wie Hoover es nannte. Der leitende Special Agent hatte in seiner Stadt einen herausragenden Status inne, in New York ebenso wie in Butte, Montana. Wallace F. Estills Position war noch spezieller, denn er war für ein ganzes Land zuständig: Puerto Rico.
    In Hoovers FBI waren nicht viele so welterfahren. Estill war 1917 geboren und 1941 zum Bureau gekommen. Er hatte in Uruguay gegen nationalsozialistische Platinschmuggler ermittelt und in Alaska von Eskimos Informationen über Russland gesammelt. Er war Hoovers offizieller Verbindungsoffizier zur kanadischen Polizei gewesen, und er hatte es irgendwie geschafft, bei alldem gelassen zu bleiben, eine seltene Fähigkeit nach 24 Jahren unter Hoover.
    Wally Estill hatte Juan Bosch im puertoricanischen San Juan im Auge behalten. Während Bosch seine Rückkehr an die Macht in der Dominikanischen Republik vorbereitete, hörten Estill und seine Leute Boschs Telefongespräche aus San Juan ab. Die rechtliche Basis für diesen Lauschangriff war bestenfalls fragwürdig. »Wir haben keine Hinweise darauf, dass Bosch US-Gesetze verletzt oder konspiriert hat, um US-Gesetze zu verletzen«, hatte Thomas C. Mann zwei Monate zuvor geschrieben. »Er hat lediglich von seinem Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch gemacht.« [401]  
    Aber Hoover und das FBI hatten Bosch bereits 1961 als Kommunisten ausgemacht – ein Vorwurf, den man, war er einmal erhoben, so leicht nicht mehr loswurde.
    Der FBI-Chef persönlich genehmigte die unbeschränkte elektronische Überwachung Boschs in San Juan. Hoovers Anweisung erstreckte sich auch auf die Insel, weil Puerto Rico als US-amerikanisches Außengebiet den Gesetzen der Vereinigten Staaten unterstand. »Mit Billigung des FBI wurde Boschs Telefon angezapft«, erinnerte sich Estill. »Das Ergebnis übertraf unsere kühnsten Erwartungen.« [402]  
    Das FBI hörte mit, während Bosch und seine Berater in San Juan mit ihren Verbündeten in Santo Domingo sprachen, die den Aufstand angeführt hatten. Die Telefonüberwachung zeigte, dass »Bosch nicht nur nominell, sondern auch de facto den Aufstand führte«, erklärte Estill. »Wir leiteten dies an das Bureau weiter, das wiederum das Weiße Haus informierte.«
    Bosch schöpfte Verdacht, dass sein Telefon abgehört werden könnte. »Er ging dazu über, öffentliche Fernsprecher und sogar die Telefone von Freunden und Anhängern [in Puerto Rico] zu benutzen«, sagte Estill. »Mit mündlicher Genehmigung« – durch Hoover – »weiteten wir unsere Überwachung aus, bis wir die (durch das verfügbare Personal allerdings begrenzte) Möglichkeit hatten, buchstäblich jedes Gespräch zu überwachen, das zwischen Puerto Rico und anderen Ländern geführt wurde.«
    Am Dienstagmorgen, dem 27. April 1965, riet Staatssekretär Mann Präsident Johnson, in der Dominikanischen Republik »eine Junta einzusetzen«. Am Nachmittag, als sich die Kämpfe zwischen Boschs Anhängern und den Soldaten des Regimes zuspitzten, entsandte Präsident Johnson Schiffe der US-Marine, um rund eintausend Amerikaner von der Insel zu evakuieren. In jener Nacht sprach der Präsident, der keinen Schlaf fand, um 3. 30 Uhr mit dem diensthabenden Offizier im Lagezentrum des Weißen Hauses, der die Bombardierung Vietnams durch die Luftwaffe überwachte.
    Am nächsten Tag, dem 28. April, nahm der Präsident dem neuen CIA-Direktor, Admiral William F. »Red« Raborn, ebenfalls Texaner, im Kabinettsaal des Weißen Hauses den Amtseid ab. Alle hochrangigen

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