FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)
warum? Nur wenige im FBI kannten die Antwort. Hoover hatte Grund zu befürchten, der Gesetzesverstoß des FBI könnte aufgedeckt werden.
Senator William Fulbright, ein Demokrat aus Arkansas und Vorsitzender des Senatsausschusses für Auslandsbeziehungen, drohte mit der Schaffung eines neuen Ausschusses zur Kontrolle der geheimdienstlichen Aktivitäten des FBI. Präsident Johnson wies Hoover an, Fulbright, dem er geheime Treffen mit sowjetischen Diplomaten unterstellte, scharf in den Blick zu nehmen. Der weit weniger prominente demokratische Senator Edward Long aus Missouri hatte unterdessen mit Anhörungen zu staatlichen Lauschangriffen begonnen. »Ihm ist nicht zu trauen«, warnte ein Gruppenleiter der Geheimdienstabteilung des FBI. [420]
Hoover hatte den starken Verdacht, dass Senator Robert F. Kennedy Informationen über die Abhörpraktiken des FBI durchsickern ließ. Er stellte Katzenbach zur Rede. Der Justizminister stritt es ab. »Wie leichtgläubig er sein kann!«, schrieb Hoover. [421]
»Hoover hat uns die Grundlage entzogen«
Hoover wusste, dass ein politisch brisanter Prozess, in dem es auch um die telefonische Bespitzelung eines dubiosen Washingtoner Lobbyisten durch das FBI ging, alle Instanzen bis hinauf zum Obersten Gerichtshof durchlief.
Der Angeklagte war Fred Black, ein einflussreicher Lobbyist, der in einem Verfahren wegen Steuerhinterziehung das Urteil angefochten und Berufung eingelegt hatte. Im Jahr 1963 hatte das FBI Blacks Suite im Sheraton-Carlton Hotel in Washington abgehört und die Gespräche mit seinem Anwalt aufgezeichnet. Diese heimlichen Mitschnitte waren ganz klar rechtswidrig, ebenso der Einbruch in das Hotelzimmer, um die Wanzen zu installieren. Erbittert stritt Hoover mit dem Justizministerium, ob es juristisch geboten sei, in dem Prozess Black v. Vereinigte Staaten die Überwachung Blacks vor Gericht offenzulegen.
Hoover benutzte den von Johnson neuernannten Richter Abe Fortas als vertraulichen Informanten in diesem Prozess. Deke De- Loach, der Kontaktmann des FBI zum Weißen Haus, fungierte als Mittelsmann. Beim Frühstück mit DeLoach entwarf Richter Fortas eine politische Strategie, um die Bespitzelung Bobby Kennedy anzulasten. »Er [Fortas] war stets bereit, dem FBI zu helfen«, schrieb De- Loach und fügte hinzu, über einen in Verhandlung befindlichen Fall zu sprechen sei »zutiefst unethisch«. [422]
Hoover konnte nicht verhindern, dass US-Generalstaatsanwalt Thurgood Marshall das Gebaren des FBI vor Gericht offenlegte. (Marshall war während seiner Zeit als Anwalt für die National Association for the Advancement of Colored People vom FBI jahrelang überwacht worden.) Das Gericht wies das Urteil zurück. In den nachfolgenden Monaten entschieden die Richter, die elektronische Überwachung einer öffentlichen Telefonzelle durch das FBI sei verfassungswidrig, und sie verglichen den staatlichen Lauschangriff mit den general warrants , den Blankodurchsuchungsbefehlen der britischen Kolonialmacht zur Niederschlagung der Amerikanischen Revolution.
Die Nachricht vom Lauschangriff des FBI kam in allen Zeitungen auf die Titelseite, wie Hoover es befürchtet hatte. Er hatte die Aktivitäten zur Gewinnung von Geheiminformationen stets unter seiner Kontrolle gehabt. Jetzt, da diese Geheimhaltung zu bröckeln begann, verlor er auch einen Teil seiner Macht.
Am 19. Juli 1966, sechs Tage nach Enthüllung der Abhöraktion gegen Black vor Gericht, untersagte Hoover dem FBI die Durchführung weiterer black-bag jobs und Einbrüche. »Solche Techniken dürfen nicht mehr angewandt werden«, teilte er Sullivan und DeLoach mit. [423]
Einbrüche seien »eindeutig illegal«, hatte der Leiter der Domestic Intelligence Division des FBI, William Sullivan, dem Direktor in einem offiziellen Memorandum versichert. »Trotzdem werden weiterhin Wanzen installiert und Telefone abgehört, denn diese black-bag jobs sind zur Bekämpfung subversiver Aktivitäten, die unser Land unterminieren und zerstören wollen, von unschätzbarem Wert.« [424]
Hoovers alte Garde hatte das Gefühl, dem FBI würden Handschellen angelegt. Die Chefs der Abteilungen Geheimdienst und Innere Sicherheit waren durch Hoovers Order wie vor den Kopf gestoßen.
Edward S. Miller, in der FBI-Zentrale inzwischen zur Nummer drei aufgestiegen, meinte: »Zu unserer Zeit beim FBI – also zu Hoovers Zeit und danach – war das Einzige, was wir zur Verfügung hatten, unsere Ermittlungstechniken, mit denen wir
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