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FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)

FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)

Titel: FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Weiner
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des 2. Mai 1972 starb J. Edgar Hoover im Schlaf. Es regnete den ganzen Tag, während der geschlossene Sarg mit seinem Leichnam auf einem schwarzen Katafalk in der Rotunde des Kapitols aufgebahrt war. Hoover wurde auf dem Kongress-Friedhof neben seinen Eltern beigesetzt, nur ein paar hundert Meter von seiner Geburtsstätte entfernt. Vierzig Jahre später sind die Mythen und Legenden immer noch lebendig.
    »Er ist genau im richtigen Moment gestorben«, sagte Nixon. »Mein Gott, es hätte ihn umgebracht, dieses Amt zu verlieren. Es hätte ihn umgebracht.« [495]  
    Wenige Minuten nachdem Hoovers Sarg das Kapitol verlassen hatte, rief Justizminister Richard Kleindienst seinen loyalsten Mitarbeiter im Justizministerium, L. Patrick Gray, an.
    »Pat, ich werde Sie zum geschäftsführenden Direktor des FBI ernennen«, sagte er.
    »Sie machen wohl Witze«, antwortete Gray. [496]  
    Gray war fünfundfünfzig Jahre alt und hatte nie etwas anderes als ein U-Boot befehligt. Er trug immer noch den Bürstenhaarschnitt der Navy. Der Mann mit dem markanten Kopf und dem vorstehenden Kinn war ein loyaler Gefolgsmann Nixons. Er kannte den Präsidenten seit 25 Jahren, und er verehrte ihn. Über eine Qualifikation allerdings verfügte er: Er würde alles tun, was Nixon verlangte. Jetzt vertraute ihm der Präsident Hoovers Erbe an.
    Ehrfurchtsvoll suchte Gray nach Hoovers Beerdigung am 4. Mai das Weiße Haus auf. Nixon gab ihm ein paar vernünftige Ratschläge. »Bilden Sie sich niemals, niemals ein, irgendjemand wäre Ihr Freund«, sagte der Präsident. »Nie, nie, nie […] Sie müssen ein Verschwörer sein. Sie müssen absolut skrupellos vorgehen. Erwecken Sie den Anschein, sie seien ein netter Kerl. Aber unter der Oberfläche müssen Sie hart wie Stahl sein. Nur so kann das FBI geführt werden, glauben Sie mir.« [497]  
    Gray war nicht hart wie Stahl. Er war ein nachgiebiger Mensch und hatte keine Ahnung, wie er das FBI in den Griff bekommen sollte. Er wollte nicht als »Eindringling« angesehen werden, der »Hoover in die Annalen der Geschichte verwies und das FBI nach meinem Bild umgestaltete«, schrieb er in seinen posthum veröffentlichten Erinnerungen. Er wusste wenig über das FBI, die Sitten und Gebräuche dort waren ihm nicht vertraut. Das Verhalten der Spitzenbeamten der Behörde konnte er nicht nachvollziehen, und er merkte bald, »dass sie einander belogen und betrogen, wo sie nur konnten«. [498]  
    Damit begannen die finsteren Zeiten des FBI. Unter der Leitung von Pat Gray, Mark Felt, der Nummer zwei im FBI, und Ed Miller, dem Leiter der Geheimdienstabteilung, befand sich das von Hoover aufgebaute FBI binnen Monaten am Rand des Abgrunds.
    »Nach Hoovers Tod«, erinnerte sich Miller traurig, »ging alles den Bach runter.« [499]  
    »Die sensible Frage der Macht des Präsidenten«
    Am 15. Mai 1972 wurde George Wallace, der rassistische Gouverneur von Alabama, der 1968 als Präsidentschaftskandidat fast zehn Millionen Stimmen erhalten hatte, von einem verblendeten Attentäter bei einem Wahlkampfauftritt schwer verwundet.
    Nixon griff zum Telefon und rief beim FBI an. Mark Felt nahm ab.
    »Bremer, der Attentäter, ist in guter körperlicher Verfassung«, berichtete Felt. »Er hat ein paar Schrammen und Blutergüsse und – «
    »Gut!«, gab Nixon zurück. »Hoffentlich haben Sie ihn noch etwas mehr in die Mangel genommen.«
    Felt lachte. »Der Psychiater hat ihn untersucht«, sagte er und fügte hinzu: »Der Typ hat ein psychisches Problem.«
    Auf eins legte Nixon Wert: »Sorgen Sie dafür, dass sich nicht wiederholt, was wir schon einmal erlebt haben – beim Kennedy-Mord, als wir wirklich nicht adäquat ermittelt haben. Ist das klar?« Er ließ nicht locker. »Vergessen Sie nicht, jetzt kümmert sich das FBI, die sind dafür verantwortlich, und ich will keine Ausrutscher. Okay?«
    »Selbstverständlich«, erwiderte Felt kurz angebunden. »Sie sind derjenige, der hier den Ton angibt.« Diese Antwort gefiel Nixon. »Genau«, sagte er. »Gut. Danke für Ihre Hilfe, vielen Dank.« Das Gespräch war beendet. »Ja. Mr President«, sagte Felt. »Bye.« Sie wechselten nie wieder ein Wort.
    Felt trug im FBI-Hauptquartier sehr viel länger Verantwortung, als er erwartet hatte. Gray war aufgebrochen, um sämtliche 59 FBI-Außenstellen Amerikas zu besuchen und alle leitenden Special Agents persönlich kennenzulernen. Der geschäftsführende Direktor war so oft unterwegs, dass die Agenten in der FBI-Zentrale ihn bereits

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