FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)
Krieg gegen den Kommunismus erreichte mit der Wahl Ronald Reagans seinen Höhepunkt. Reagan war bereits seit 1947 Fußsoldat in diesem Krieg gewesen. Damals hatte er als Geheiminformant für das FBI gearbeitet, als auf Linke in Hollywood Jagd gemacht wurde. Er war überzeugt, dass der Kampf gegen den Kommunismus und der Kampf gegen den Terror auf demselben Schlachtfeld stattfanden.
»Liebe Amerikanerinnen und Amerikaner, ich freue mich, Ihnen heute mitteilen zu können, dass ich soeben ein Gesetz unterschrieben habe, das Russland endgültig den Garaus machen wird«, verkündete Reagan einmal grinsend während der Mikrophonprobe für seine wöchentliche Rundfunkansprache. »Die Bombardierung beginnt in fünf Minuten.« Der Witz gewährt einen Einblick in das Denken des Präsidenten. Reagan wollte seine gesamte Macht gegen die Russen aufbieten. Er verdoppelte das Budget des FBI, der CIA und des Pentagon und vervierfachte die Ausgaben für Geheimwaffen und verdeckte Operationen. Er wollte die Muskeln und Sehnen des amerikanischen Geheimdiensts stählen für die Schlacht gegen Moskau und seine Protegés.
Der Präsident berief sich bei seiner Begnadigung von Mark Felt und Ed Miller auf die Notwendigkeit der Terrorbekämpfung. Die FBI-Veteranen waren zwei Tage nach Reagans Erdrutschsieg verurteilt worden. Ein Bundesgeschworenengericht hatte sie der Verschwörung zur Verletzung der verfassungsmäßigen Rechte von Amerikanern für schuldig befunden. Während der Verhandlung hatten sie offen zugegeben, Einbrüche und Durchsuchungen ohne richterliche Genehmigung angeordnet zu haben. Aber sie betonten, aufgrund der Weisung des Präsidenten sei es ihre Pflicht gewesen, so zu handeln. Präsident Nixon selbst hatte bei der Verhandlung ausgesagt, ebenso fünf ehemalige Justizminister. Im Zeugenstand verteidigte Nixon seine Haltung: Ein Präsident sei ermächtigt, das Gesetz zu brechen, und das FBI sei ermächtigt, auf seine Weisung hin im Namen der nationalen Sicherheit Straftaten zu begehen. Präsident Reagan sah das genauso. Sein langjähriger Stabschef, Berater und späterer Justizminister Edwin P. Meese verfasste eine Erklärung zur uneingeschränkten Begnadigung Felts und Millers.
Der Präsident unterschrieb die Begnadigung, kurz bevor ihn ein geistesgestörter Attentäter am 30. März 1981 mit mehreren Schüssen schwer verletzte. »Mark Felt und Edward Miller haben hervorragende Dienste für das Federal Bureau of Investigation und für unser Land geleistet«, heißt es in dem Dokument. »Ihnen wurden von höchster Regierungsebene Befugnisse übertragen«, und sie »handelten nach einem hohen Grundsatz, um dem Terrorismus, der unser Land bedrohte, Einhalt zu gebieten«.
In seiner Begnadigung hob der Präsident diesen Grundsatz hervor. »Amerika befand sich 1972 im Krieg«, hieß es dort. »Felt und Miller folgten einer Vorgehensweise, die sie für notwendig hielten, um den FBI-Direktor, den Justizminister und den Präsidenten der Vereinigten Staaten über alle Aktivitäten feindlicher ausländischer Staaten und ihrer Kollaborateure in diesem Land auf dem Laufenden zu halten.« Die Fakten sprachen dagegen; Zielscheibe des FBI waren nicht die Agenten ausländischer Staaten. Doch die Begnadigung war eine politische Entscheidung. Reagan und seine mächtigsten Berater wollten die Regierung wieder in die Lage versetzen, die Bürger des Landes nach Belieben auszuspionieren. Sie wollten die unter den Präsidenten Ford und Carter aufgestellten Regeln abschaffen und das FBI eigene Richtlinien für Telefonüberwachungen und Wanzen festlegen lassen. Reagan schwor mehrmals, den amerikanischen Nachrichtendienst von der Leine zu lassen, die geheimdienstlichen Kräfte wiederzubeleben und rechtliche Hürden im Krieg gegen den Terror auszuräumen.
Außenminister Alexander Haig verkündete kurz nach seiner Vereidigung, dass die Sowjetunion die gefährlichsten Terrorgruppen der Welt ausbilde, finanziere und bewaffne. Der neue CIA-Chef, Reagans gewiefter Wahlkampfmanager William Casey, ließ verlauten, der KGB sei die Zentrale des internationalen Terrorismus. Der Vorwurf enthielt ein Körnchen Wahrheit: Nach dem Kalten Krieg enthüllten russische Archive, dass der KGB in den 1970er Jahren eine Handvoll mordgierige palästinensische Kämpfer unterstützt und dass die Stasi in der DDR Radikalen Unterschlupf gewährt hatte, die 1979 versucht hatten, Haig zu töten. Aber diese Tatsachen waren dem Präsidenten und seinem Team für nationale
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