FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)
von Al-Qaida-Handys und Satellitentelefonen innerhalb und außerhalb der USA. Aber als die Überwachung erste Anzeichen und Signale einer bevorstehenden Attacke abfing, kamen die Ermittlungen nach und nach zum Erliegen.
Das FBI jagte Al-Qaida weiterhin in Afrika. Die CIA schickte sich an, bin Laden in Afghanistan gefangen zu nehmen oder zu töten. Beide Behörden hatten Hinweise auf seinen nächsten Anschlag in Händen: die el-Hage-Akten und die Abhörprotokolle von vier Telefonen in Nairobi enthüllten die Identität von mindestens vier Al-Qaida-Angehörigen, die einen Bombenanschlag vorbereiteten. Aber Amerikas führende Antiterrorexperten waren so sehr damit beschäftigt, sich gegenseitig zu bekämpfen, dass sie keine Zeit hatten, ihre Pläne in die Tat umzusetzen.
John O’Neill, der Leiter der Abteilung Nationale Sicherheit beim FBI, weigerte sich, die el-Hage-Akten an die CIA weiterzureichen. Als die CIA bei einer Razzia in Aserbeidschan Al-Qaida-Unterlagen sicherstellte, mochte Michael Scheuer, Leiter der Bin-Laden-Einheit, sie dem FBI nicht zeigen. Die beiden bauten Mauern, gefestigt durch gegenseitigen Hass. Als O’Neill beim zweiten Anschlag auf das World Trade Center starb, sagte Scheuer, sein Tod sei »das einzig Gute«, was an diesem Tag geschehen sei. [615] »O’Neill vergiftete die Beziehungen zwischen FBI und CIA«, erklärte Scheuer. »Er enthielt den Partnern des FBI in der Geheimdienstgemeinde Informationen vor, er führte die Geheimdienstausschüsse des Kongresses in die Irre, und er durchkreuzte Anti-Al-Qaida-Operationen im Ausland.« [616]
»Das Warten auf diesen Sturz«
Prudence Bushnell, US-Botschafterin in Kenia, behielt alle Einzelheiten in Erinnerung, als am 7. August 1998 die Bombe hochging.
»Ich dachte bei mir, dass das Gebäude einstürzen, dass ich all die Stockwerke hinunterfallen und sterben würde, und jede Zelle in meinem Körper wappnete sich für das Warten auf diesen Sturz.«
Sie war voller Blut, aber ob es ihr eigenes oder das Blut anderer war, konnte sie nicht sagen. »Ich sah die verkohlten Überreste dessen, was einmal ein Mensch gewesen war«, berichtete sie. »Ich sah, dass die Rückwand des Gebäudes vollkommen weggerissen war und völlige Zerstörung herrschte, und ich wusste, dass sich niemand um mich kümmern würde.« [617]
Zwei Männer waren mit einem Kleinlaster, der eine Tonne Sprengstoff geladen hatte, zur Tiefgaragenzufahrt der Botschaft gefahren, wie bin Laden es Ali Mohamed vier Jahre zuvor gezeigt hatte. Die Explosion verwandelte die Botschaft von der Fassade bis zur Rückwand in einen Trümmerhaufen und brachte ein benachbartes Bürogebäude zum Einsturz. Zwölf Amerikaner und 212 Kenianer starben. Knapp 5000 Menschen wurden verwundet, viele erblindeten und wurden von umherfliegenden Glasscherben verstümmelt.
Die Botschafterin wusste, dass es in Nairobi eine Al-Qaida-Zelle gab, und hielt einen Anschlag auf ihre Botschaft durch bin Laden für sehr wahrscheinlich. »In Washington hatte ich erfahren, dass wir seine Aktivitäten durchkreuzen wollten, was durchaus angebracht schien«, sagte sie. Dann war ein Ägypter in die Botschaft gekommen und hatte einem CIA-Beamten mitgeteilt, vor dem Gebäude werde eine Bombe hochgehen. »Man versicherte mir, der Mann hätte dasselbe schon mehrfach in anderen Botschaften in Afrika gemacht«, sagte die Botschafterin. »Man hielt ihn für einen Spinner.« [618] Das war ein Irrtum. Er war einer der Attentäter, die wenige Minuten nach dem Anschlag in Nairobi vor der US-Botschaft in Daressalam, Tansania, eine Bombe zündeten und damit elf Menschen töteten und 85 verwundeten.
Ein erstes Kontingent von über 250 FBI-Agenten traf über Nacht in Nairobi ein. Das Bureau setzte unterm Strich fast 900 Leute auf die ostafrikanischen Botschaftsattentate an – die größte Auslandsermittlung in seiner Geschichte.
Botschafterin Bushnell wollte nicht, dass sie wie eine Besatzungsarmee auftraten. Sie führte »harte Verhandlungen darüber, ob sie mit Schusswaffen anreisen würden«, und sie sprach mit Special Agent Sheila W. Horan, die den Einsatz leitete – eine der ersten Frauen, die beim FBI eine leitende Position bekleideten. Horan veranlasste daraufhin ihre Agenten, Straßenkleidung zu tragen, ihre Waffen diskret zu verstecken und mit der kenianischen Polizei zusammenzuarbeiten. »Die Kenianer klopften bei den Leuten an die Tür, aber davon ließ sich niemand täuschen«, erklärte die Botschafterin.
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