FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)
Dollar teuren Zerstörer der Navy. Siebzehn Marineangehörige wurden getötet, über 40 verwundet. Die Top-Agenten des FBI, die den Fall bearbeiteten, hatten ihr Handwerk in Nairobi gelernt. Aber die Ermittlungen im Jemen gestalteten sich weitaus schwieriger: Hier sympathisierten die Regierung, die Armee und die Polizei eher mit Al-Qaida als mit Amerika. Sechs Verdächtige saßen im Jemen in Haft, aber das FBI konnte ihnen keine Verbindungen zu Al-Qaida nachweisen. Man musste die CIA ins Boot holen. Allerdings waren die Spannungen zwischen beiden Behörden wegen der Auseinandersetzung um Hanssen so stark wie seit dem Kalten Krieg nicht mehr.
Kiser war immer noch mit dem Schadensbericht in der Hanssen-Affäre beschäftigt, als sie am 17. August 2001 ein weiterer dringender Anruf erreichte. Special Agent Harry Samit meldete sich aus Minneapolis. Sie kannte seinen Namen aus einer ihrer Anti-Terror-Schulungen, an der er teilgenommen hatte. Samit, ein ehemaliger Marineflieger, der in der FBI-Außenstelle Minneapolis arbeitete, war in heller Aufregung. Am Tag zuvor hatte er einen Algerier mit französischem Pass und abgelaufenem Visum namens Zacarias Moussaoui verhört. Samit hatte einen Hinweis von einem Pilotenkollegen bei der Marine erhalten, der jetzt eine Flugschule betrieb: Moussaoui wollte lernen, wie man eine Boeing 747 flog, aber er übte weder Starts noch Landungen. Der Algerier hatte 3000 Dollar in seinem Geldgurt und ein acht Zentimeter langes Springmesser in der Tasche und reagierte aggressiv, als Samit und ein Einwanderungsbeamter ihn wegen Visavergehen verhafteten. Er bestand wütend darauf, er müsse zurück in die Flugschule.
»Mit ihm ist was faul«, sagte Samit zu Kiser. »Ich habe ein ungutes Gefühl bei ihm.«
Er wollte eine Genehmigung vom Foreign Intelligence Surveillance Court, um Moussaouis Laptop überprüfen zu dürfen. Aber er bekam die Anfrage bei den Juristen im Hauptquartier nicht durch, ohne einen Beweis dafür zu liefern, dass der Verdächtige ein Terrorist war.
»Wir brauchten eine Verbindung zu Al-Qaida«, sagte er.
Hilfesuchend klapperte Kiser sämtliche Bürotüren auf dem Flur ab, jedoch ohne viel Erfolg; es war halbfünf Uhr nachmittags an einem Freitag im August. In den folgenden drei Wochen nahm sie mit allen Kollegen, die sie beim FBI, bei der CIA und der Nationalen Sicherheitsbehörde kannte, Kontakt auf und gab Samits Warnungen weiter. »Ich versuchte verzweifelt, etwas zu finden«, sagte sie. »Sie schafften es nicht, die Verbindung herzustellen. Die Kommunikation funktionierte nicht.« Es war nicht das einzige Mal. Fünf Wochen vorher hatte der FBI-Agent Ken Williams aus Phoenix einen Bericht an die FBI-Einheit für radikale Fundamentalisten und die Bin-Laden-Einheit der Terrorabwehr-Abteilung geschickt. Williams und ein Kollege, der frisch angeheuerte, Arabisch sprechende Expolizist George Piro, hatten Beweise ermittelt, dass Al-Qaida über ein Anhängernetz in amerikanischen Flugschulen verfügte. Williams drängte auf eine landesweite Untersuchung. Er war nicht überrascht, dass das Hauptquartier untätig blieb; nach 13 Jahren Erfahrung wusste er, dass Spionage- und Terrorabwehr beim FBI »Stiefkinder« waren. Er sagte: »Mir war klar, dass das ganz unten im Stapel landen würde.« [640]
Samit erfuhr nie etwas über das Memo aus Phoenix. Es blieb den meisten verborgen, denn es gehörte zu den rund 68000 Spuren, die das Hauptquartier verfolgen musste. Allein die Bin-Laden-Einheit hatte in den vergangenen Monaten über 3000 Hinweise eingereicht; Dale Watson, Leiter der Terrorabwehr, hatte zwei Auswerter darauf angesetzt. Die Tatsache, dass Terroristen Flugstunden nahmen, blieb unbemerkt. [641]
Samit wandte sich an die Zuständigen im Hauptquartier der ITOS, International Terrorism Operations Section (Abteilung für internationale Terroroperationen), der die Einheiten für radikale Fundamentalisten und Osama bin Laden unterstanden. Im Lauf der nächsten Wochen meldete er mehrmals, dass Moussaoui sich »auf einen Terrorangriff vorbereite«. Er erreichte nichts. Samits unmittelbarer Vorgesetzter in Minneapolis, Special Agent Greg Jones, flehte beim Hauptquartier um Aufmerksamkeit. Er sagte, er wolle den Verdächtigen davon abhalten, »ein Flugzeug in das World Trade Center zu fliegen«. [642]
Samit nannte das Verhalten des FBI-Hauptquartiers im Sommer 2001 später »kriminelle Fahrlässigkeit«. [643] Kiser sagte, der Gedanke, dass »diese Idioten bei ITOS
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