FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)
nur dann vor ein Militärgericht gestellt werden dürfe, wenn das Kriegsrecht verhängt und die Zivilgerichte geschlossen worden waren. Biddle musste einen Weg finden, dieses Urteil zu umgehen. Er riet dem Präsidenten, einen militärischen Sonderausschuss einzusetzen, der unter Militärrecht einen Geheimprozess gegen die Saboteure führen sollte. Wenn dessen Urteil vom Obersten Gerichtshof geprüft werde, was nicht zu vermeiden sei, werde Biddle argumentieren, feindliche Kämpfer, die einen verdeckten Krieg gegen Amerika führten, könnten nach dem Kriegsrecht vor ein Militärtribunal gestellt und verurteilt werden. Dasselbe Argument wurde im 21. Jahrhundert bei Amerikas Krieg gegen den Terror angeführt.
Roosevelt unterzeichnete sofort einen Präsidialerlass zur Schaffung des militärischen Sonderausschusses. Der Geheimprozess begann in der folgenden Woche unter Vorsitz von sieben Generälen. Panzerfahrzeuge, flankiert von Soldaten mit Maschinengewehren, brachten die Angeklagten vom Distriktgefängnis von Columbia zur Verhandlung unter Ausschluss der Öffentlichkeit in den vierten Stock des Justizministeriums, einen kleinen Vortragssaal, der normalerweise als Unterrichtsraum für FBI-Agenten diente.
Biddle fungierte als Staatsanwalt. Hoover saß zu seiner Rechten und reichte ihm die Dossiers zu den einzelnen Angeklagten, Zusammenfassungen des Beweismaterials, Protokolle ihrer Aussagen und ihrer Geständnisse in Haft. Dasch und Burger wurden bei dem zweiwöchigen Prozess als Letzte vernommen. Beide legten ein umfassendes Geständnis ab; beide erklärten, sie hätten nicht beabsichtigt, die Anschläge auszuführen.
Am 3. August gelangten die sieben Generäle zu einem einstimmigen Urteilsspruch. Dem Präsidenten oblag es, das Urteil zu verkünden. Er hatte ja bereits entschieden, die Todesstrafe müsse »fast zwangsläufig« verhängt werden. Und genau dieses Urteil verlas er. Biddle aber überredete ihn, das Todesurteil gegen Burger in eine lebenslange und das gegen Dasch in eine dreißigjährige Freiheitsstrafe umzuwandeln. Der Justizminister betrachtete ihre Geständnisse als wertvoll – und er wusste, dass das FBI den Fall ohne Dasch niemals hätte aufdecken können.
Am 8. August um sieben Uhr morgens teilte General Cox den Saboteuren mit, welches Schicksal sie erwartete. Einer nach dem anderen wurden die sechs Verurteilten in den Todestrakt des Distriktgefängnisses abgeführt. Dort erhielten sie Eier mit Speck zum Frühstück und mussten sich die Schädel kahl scheren lassen. Eine Minute nach zwölf wurde der erste Todeskandidat mit Gummimaske und Stahlhelm auf den elektrischen Stuhl gesetzt und durch einen Stromschlag getötet; mit den anderen verfuhr man ebenso. Begraben wurden sie auf dem Armenfriedhof am Rande der Hauptstadt; als Grabsteine dienten sechs Holzbretter ohne Inschrift.
Dasch und Burger wurden in das Bundesgefängnis in Atlanta überstellt. Dasch kam in Einzelhaft, so dass niemand seine Geschichte hören konnte. Von dem Tag, an dem er übergelaufen war, bis zur Hinrichtung waren kaum sieben Wochen vergangen.
Der Oberste Gerichtshof war vor der Urteilsverkündung zusammengetreten, um abzuwägen, ob der Präsident im Falle von Sabotage und Terroranschlägen befugt sei, geheime Militärtribunale einzusetzen. Doch die Verhandlung fand hinter verschlossenen Türen statt, nichts drang nach außen, und der Oberste Gerichtshof erhielt nicht einmal ein Protokoll. Die Geheimhaltung des Verfahrens und des Urteils, die Prämissen, unter denen der Ausschuss getagt hatte, die Macht des Präsidenten, Todesurteile zu verhängen – all das beunruhigte den Vorsitzenden Richter Harlan Stone zutiefst. Er schrieb seine Meinung nieder. Und er wählte seine Worte mit Bedacht. Ex Parte Quirin , benannt nach einem der hingerichteten deutschen Saboteure, sollte für die nächsten 60 Jahre das letzte Wort zum Thema Militärtribunale bleiben.
Der Gerichtshof könne nicht »mit der gebotenen Sorgfalt die letztgültigen Grenzen der Zuständigkeit von Militärtribunalen für Strafverfahren nach dem Kriegsrecht definieren«, hieß es in Stones Stellungnahme vom 29. Oktober. Auch könne er nicht die Regeln definieren, die eine verfassungsmäßige Basis für einen Militärausschuss bilden könnten. Dies obliege dem Kongress. Aber in diesem Fall habe die Regierung tatsächlich die Befugnis gehabt, die Angeklagten als ungesetzliche feindliche Kombattanten vor Gericht zu stellen.
Der Präsident und das FBI hatten den
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