FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)
keine gute Antwort hatte –, würde er das Thema Fred Fisher nicht zur Sprache bringen. Welch hatte Wort gehalten, McCarthy brach es jetzt. Wohl kaum einer der vielen Fernsehzuschauer hatte je von Fisher gehört, einem republikanischen Anwalt in Welchs Kanzlei. In giftsprühendem Ton denunzierte McCarthy ihn jetzt als Mitglied der National Lawyers Guild, »einem Bollwerk der Kommunistischen Partei innerhalb der Justiz.« Fisher war der Juristenorganisation während seines Studiums an der Harvard Law School beigetreten und kurz nach seinem Universitätsabschluss wieder ausgetreten.
Dann wandte sich McCarthy an Welch.
»Ich glaube nicht, dass Sie die kommunistische Sache jemals wissentlich unterstützt haben«, sagte er. »Ich glaube, Sie helfen ihr unabsichtlich, wenn Sie versuchen, diese Anhörung zu unterlaufen.« Welch war verblüfft, aber keineswegs sprachlos. »Hören wir doch auf, diesen Burschen zu vernichten, Senator«, donnerte er. »Haben Sie denn überhaupt kein Anstandsgefühl, Sir? Ist Ihnen jeglicher Anstand abhandengekommen?«
Mit Joe McCarthys Sturz gewann Hoover seine Rolle als oberster Kämpfer im Krieg gegen den Kommunismus zurück. Präsident Eisenhower verließ sich mehr denn je darauf, dass Hoover die amerikanische Antwort auf die Bedrohungen durch Spionage und Subversion formulierte und zuspitzte.
McCarthy, vom Senat in die Schranken gewiesen, blieb nur noch die Selbstzerstörung. Er trank sich zu Tode. Zu seinem Begräbnis drei Jahre später kam neben Hoover auch ein junger Demokrat, der als Minority Counsel in McCarthy Senatsunterausschuss gesessen hatte: Robert F. Kennedy. Es war der passende Moment für eine Begegnung der beiden Männer.
24
Der lange Schatten
Am Morgen des 8. März 1956 sprach Hoover im Weißen Haus vor dem Präsidenten und dem Nationalen Sicherheitsrat. Er teilte ihnen mit, dass er »alle ihm zur Verfügung stehenden Mittel der Informationsbeschaffung nutze«. Er zapfte Telefone an, öffnete Post, installierte Wanzen und brach in die Büros und Tresore verdächtiger kommunistischer Spione und Saboteure in ganz Amerika ein, um einen sowjetischen Überraschungsangriff auf die Vereinigten Staaten zu verhindern.
In seinem Briefing unter dem Titel »Die gegenwärtige Bedrohung durch kommunistische Spionage und Subversion« malte er ein neues Schreckensgespenst an die Wand: eine von sowjetischen Spionen gelegte schmutzige Bombe. Mit Kobalt-60, einem radioaktiven Isotop, das für die Krebsbekämpfung entwickelt worden war, könnten die Sowjets, so warnte er, eine tödliche Fracht in einem Diplomatenkoffer einschmuggeln. In Manhattan zur Explosion gebracht, würde sie hunderttausende töten und die Innenstadt von New York auf Jahre hinaus unbewohnbar machen. Eine solche Waffe könnte die ganze Welt zerstören. [287]
Die Möglichkeit eines atomaren Angriffs war Eisenhowers täglicher Albtraum. Er fragte Hoover, welche Vorkehrungen das FBI gegen diese Gefahr getroffen habe.
»Manchmal müssen wir uns heimlich Zutritt verschaffen, wo wir das eine oder andere Mal kommunistische Geheimunterlagen fotografiert haben«, erklärte Hoover dem Präsidenten. Alle Anwesenden wussten, dass »heimlicher Zutritt« ungesetzlich war.
Hoover erklärte, FBI-Berichte, die sich auf illegal beschaffte geheimdienstliche Erkenntnisse stützten, würden aus Gründen der Geheimhaltung und zum Schutz des Präsidenten sowie des Justizministers bereinigt. Aus den Berichten wurden sämtliche Hinweise auf Einbrüche und Wanzen gestrichen. Die Erkenntnisse wurden »vertraulichen Quellen« zugeschrieben. [288]
Der Präsident sprach sich lobend über Hoover aus. Im Sitzungsprotokoll sind keine weiteren Fragen zu den Methoden des FBI verzeichnet.
Hoover verließ das Briefing im Gefühl, dass seine Befugnisse aus dem Freibrief Präsident Roosevelts bestätigt worden waren. Er war überzeugt, dass dieser Freibrief mindestens vier weitere Jahre gültig sein würde. Eisenhowers Wiederwahl galt als sicher – sofern er am Leben blieb, denn er hatte ein halbes Jahr zuvor einen schweren Herzinfarkt erlitten. Und auch Vizepräsident Nixon würde voll und ganz hinter Hoover stehen, wenn er Präsident wurde. Justizminister Brownell hielt ihm ebenfalls die Stange, solange er nicht im Detail wusste, was das FBI im Namen der nationalen Sicherheit tat.
Für all diese Männer verstand es sich von selbst, dass Hoover auf absolutes Stillschweigen angewiesen war. Eisenhower hatte als General die Landung der
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