Fear
im Gefängnis, aber er hat noch einen anderen Sohn, Danny. Gary war wie sein Vater, ein brutaler Kerl, aber relativ offen und geradeheraus. Danny Morton ist ein eiskalter Psychopath.«
»Und er ist hinter dir her?«
»Er hat mich heute in Bristol aufgespürt. Ich konnte im letzten Moment entkommen.«
»Aber er ist dir nicht hierhergefolgt?« Dianas Stimme klang besorgt, aber nicht panisch.
»Nein, da bin ich mir sicher. Es weiß auch niemand sonst, dass ich in Trelennan bin, und ich will, dass es so bleibt. Aber es ist nur recht und billig, dass du es erfährst. Wenn du willst, dass ich gehe, musst du es nur sagen.«
Joe glaubte nicht, dass sie ihn abweisen würde, wenngleich sie einen Moment lang darüber nachzudenken schien; vielleicht aus Gründen, die nichts mit Danny Morton zu tun hatten. Er dachte über das Telefonat nach, das er belauscht hatte, und an die Art, wie sie errötet war, als sie auf diesen törichten Fehltritt bei Roys Abschiedsfeier angespielt hatte.
Dann lächelte sie und sagte: »Natürlich werde ich dich nicht rausschmeißen. Wie könnte ich nach dieser tragischen Geschichte?«
»Danke. Übrigens, ich bin jetzt Joe Carter, nicht mehr Joe Clayton. Das ist sehr wichtig.«
»Natürlich.« Diana schlug mit den flachen Händen auf den Tisch und stand auf. »Nun denn, Mr Carter. Ich nehme an, du willst dich ein bisschen frisch machen?«
Sie brachte ihn im obersten Stockwerk unter, wo der Dachboden zu drei zusätzlichen Schlafzimmern ausgebaut worden war. Joes Zimmer lag an der Nordseite des Hauses, eine gemütliche Dachkammer mit schrägen Wänden und einem Mansardenfenster mit Raffrollo.
»Hier oben hast du deine Ruhe. Das Zimmer hat kein eigenes Bad, aber gleich nebenan ist eins.«
»Glaub mir, das hier ist das Nonplusultra an Luxus, verglichen mit so mancher Bude, in der ich schon gehaust habe.«
Nachdem sie ihm das Bad gezeigt hatte, holte sie frische Handtücher und Waschlappen aus einem Schrank am Ende des engen Flurs. Er sagte ihr, dass er wahrscheinlich ausgiebig baden und dann zu Bett gehen würde.
»Diana, ich kann dir nicht genug danken für alles. Und ich hoffe wirklich, dass ich dir damit keine Probleme bereitet habe.«
Er wagte es nicht, das Thema noch direkter anzusprechen, doch Diana tat seine Bedenken ab. »Ach, vorhin war ich einfach nur albern. Ich glaube, es war der Schock, dich so plötzlich wiederzusehen.«
»Mag sein, aber ich will dir nicht zur Last fallen. Wenn ich dir irgendwie helfen kann, solange ich hier bin, musst du es nur sagen.«
»Danke. Das werde ich.«
Als er in der Badewanne lag, das Wasser so heiß, dass es ihn fast verbrühte, hüllte die Realität seiner aktuellen misslichen Lage ihn ein wie eine Dampfwolke. Er wusste nichts mit Gewissheit: wie sie ihn gefunden hatten, mit wem sie gesprochen hatten; ob andere Menschen als Folge ihrer Suche nach ihm gelitten hatten.
Und was das Beunruhigendste war: Er konnte nicht wissen, ob Helen und die Mädchen in Sicherheit waren.
Dieser Gedanke plagte ihn wie ein schmerzender Zahn. Er wusste, dass er ihm keine Ruhe lassen würde, bis er die Antwort kannte. Aber er ging jedes Mal ein Risiko ein, wenn er mit Maz telefonierte, und jetzt musste er dieses Risiko selbst neu einschätzen.
Seine Sorgen und Befürchtungen drehten sich im Kreis, während das Wasser kalt wurde und sich wie Schleim auf seine Haut legte. Erst als sein Kinn unter die Wasseroberfläche rutschte und er erschrocken auffuhr, merkte er, dass er eingenickt war.
Er zog den Stöpsel, hievte sich hoch und brauste sich dreißig Sekunden lang ab. Dann hüllte er sich in ein Handtuch und öffnete die Badtür, vor der er einen Bademantel und einen altmodischen Pyjama ordentlich zusammengefaltet auf dem Boden liegend fand. Obenauf waren eine Zahnbürste, Zahnpasta und Deo.
Im Schlafzimmer hatte Diana für ihn eine Jogginghose und zwei einfache weiße T-Shirts deponiert – Größe M, was vielleicht an den Schultern ein wenig knapp wäre, aber fürs Erste waren sie gut genug. Er wusch seine Unterhose im Waschbecken aus und hängte sie zum Trocknen auf den Heizkörper. Morgen würde er sich ein paar neue Klamotten besorgen müssen.
Nachdem er das Licht ausgeschaltet hatte, trat er ans Fenster und zog das Rollo hoch. Er konnte die vagen Umrisse der Gebäude ausmachen, die weiter unten am Hang standen. Wie zuvor hatte er das Gefühl, dass das Meer nur eine düstere Leere unter dem Himmel war. Ein Vakuum.
Der Regen rann an der Scheibe herab, aber
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