Fear
leugnen. Er nickte und sagte: »Was war denn nun mit Leon und Roy?«
»Als Roy und Diana hierhergezogen sind, war Leon noch nicht lange im Geschäft, aber seinen Ruf hatte er schon weg. Man legte sich nicht mit ihm an. Ich nehme an, dass Roy als ehemaliger Polizist damit so seine Probleme hatte.«
»So wie ich Roy kannte, überrascht mich das nicht. Hat er Leon Schwierigkeiten gemacht?«
»Möglicherweise. Ich weiß es, ehrlich gesagt, nicht.«
Joe runzelte die Stirn. »Sie sagen, dass es da böses Blut gab, und dabei hat Diana mir erzählt, dass ihr neuer Freund für Leon arbeitet.«
»So neu ist er auch wieder nicht«, meinte Ellie, nun wieder mit dem gewohnten Sarkasmus. »Sie sind schon seit Jahren zusammen.«
»Ach so? Ich hatte den Eindruck, dass das noch nicht so lange geht.«
Mit einem Kopfschütteln korrigierte Ellie seine Vermutung und ließ zugleich das Thema fallen.
»Reden wir doch mal über den Schlamassel, in den Sie sich da reinmanövrieren. Sie wollen für Leon Race arbeiten, und gleichzeitig stehen Sie ganz klar auf Alise’ Seite. Sie wissen doch, dass damit der Ärger programmiert ist?« Sie sah ihm tief in die Augen. »Das macht Ihnen gar nichts aus, stimmt’s? Ich habe den Verdacht, dass es Ihnen sogar ganz recht ist.«
Joe lächelte. »Sind Sie immer so scharfsinnig?«
»Traurigerweise nicht.« Ihre plötzliche Bitterkeit traf ihn unvorbereitet. »Aber ich arbeite dran.«
Er schlug ihr Angebot aus, ihn nach Hause zu fahren, und erklärte, er müsse noch ein paar Einkäufe erledigen. Während sie Handynummern austauschten, murmelte Ellie: »Ich kann mir kaum vorstellen, dass Sie mich so bald wiedersehen möchten nach dieser Nummer.«
»Seien Sie sich da mal nicht zu sicher. Aber ich darf die Lokalität aussuchen, ja?«
»Oberirdisch, nehme ich an?«
»Auf jeden Fall. Von Höhlen habe ich vorerst genug.«
Es folgte eine verlegene Pause, da sie sich beide nicht sicher waren, ob sie sich küssen, die Hand schütteln oder lieber jeden Körperkontakt vermeiden sollten. Ellie entschied für sie beide, indem sie sich abwandte. Joe marschierte los und winkte ihr zum Abschied zu, als sie vorbeifuhr. Er dachte über ihre kluge Einschätzung nach.
Der Ärger ist programmiert.
36
Auf dem Nachhauseweg schaute er noch kurz bei Gwynn’s vorbei. Das Lebensmittelgeschäft lag günstig in einem Eckgebäude an der High Street, mit reichlich Platz für die Auslagentische, die sich unter der Last von frischem Obst und Gemüse bogen.
In einem Anfall von Leichtsinn nahm Joe sich zwei Pfirsiche und ging damit in den Laden. An der Kasse stand eine dralle junge Frau mit weißblonden Haaren und Aknepickeln auf den Wangen.
»Achtundsiebzig Pence«, sagte sie und rümpfte die Nase über seinen armseligen Einkauf.
Joe drückte ihr eine Pfundmünze in die Hand. »Sie sind nicht zufällig Karen?«
Sie ging sofort in die Defensive. »Wieso?«
»Ich bin auf der Suche nach Alise. Wie ich höre, ist sie eine Freundin von Ihnen?«
»Wer sagt das?« Karen blickte sich argwöhnisch im Laden um. Es war nur eine andere Kundin da, eine ältere Frau, die gerade mit einer anderen Angestellten sprach.
»Ich bin nicht hier, um Ärger zu machen«, sagte Joe. »Ich will mich nur vergewissern, dass es ihr gutgeht. Stimmt es, dass sie bei Ihnen wohnt?«
Karen nickte unglücklich. »Das ist aber mehr so inoffiziell. Niemand sonst weiß davon.«
»Ich werde es niemandem verraten. Wissen Sie, wo sie im Moment ist?«
»Sie ist gestern Abend nicht nach Hause gekommen. Ich habe sie angesimst, aber sie hat noch nicht geantwortet.«
»Ist das ungewöhnlich für sie?«
Die Frage schien Karen in Verlegenheit zu bringen. »So gut kenne ich sie nicht. Ich hab ihr bloß einen Platz zum Schlafen angeboten, weil ich das Geld brauchte.«
»Wenn Sie von ihr hören, können Sie ihr sagen, dass sie Joe anrufen soll? Sie hat meine Nummer.«
»Ja, okay.« Plötzlich grinste sie schelmisch. »Sie wissen, dass sie wieder zu haben ist?«
»Bitte?«
»Na, sie hat doch mit ihrem Kerl Schluss gemacht. Aber ich kann mir schon vorstellen, dass sie sich in einen wie Sie verknallt. So ein gutaussehender älterer Mann …«
Joe aß die Pfirsiche im Gehen. Er trödelte bewusst, weil es ihm immer noch unangenehm war, in Dianas Privatsphäre einzudringen. Insgeheim hoffte er bereits, sie sei nicht zu Hause, und gleich darauf schämte er sich für den Gedanken.
Sie war zu Hause. Als er die Haustür aufschloss, hörte er Musik und das Klappern
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