Fear
von Töpfen. Eine Sekunde später stieg ihm der Duft in die Nase, und sein Magen überschlug sich fast vor Vorfreude. Sie hatte irgendetwas Köstliches im Backofen.
Er warf die Tür ins Schloss, um sich anzukündigen. Dann rief er: »Hallo«, und Diana antwortete: »Ich bin hier!«
In der Küche war es warm und dampfig wie in einem tropischen Garten. Diana hackte gerade Möhren. Sie hatte die Haare zurückgebunden, und ihre Wangen glühten.
»Mensch, das duftet ja umwerfend.«
»Hähnchenragout«, sagte sie. »Und es gibt auch einen Ingwerkuchen. Ich hoffe, du hast Hunger.«
»Wie ein Wolf.«
»Dann lass uns bald essen. Meine Planung ist sowieso schon über den Haufen geworfen.« Sie wischte sich die Hände an einem Geschirrtuch ab. »Ich wollte eigentlich Glenn fragen, ob er mit uns isst. Eine nette Gelegenheit, dich deinem neuen Kollegen vorzustellen.«
Sie lächelte, als hätte sie seine nächste Frage schon erahnt. »Sie haben vor einer Weile angerufen. Kannst du morgen früh um neun anfangen? Zehn Pfund die Stunde, haben sie gesagt. Ich nehme an, das wusstest du schon?«
»Nein, aber macht nichts. Und was ist Glenn dazwischengekommen?«
»Er muss irgendeinen Auftrag erledigen. In letzter Minute, wie üblich.« Diana klang genervt, aber Joe fragte sich unwillkürlich, ob sie nicht auch insgeheim ein klein wenig erleichtert war.
»Kommt das öfter vor?«, fragte er.
»Zu oft. Ich habe ihm gesagt, er soll doch auch mal versuchen, nein zu sagen, aber das tut er nicht. Er arbeitet zu schwer, macht zu viele Überstunden.« Sie seufzte. »Und du wirst der Nächste sein, fürchte ich.«
Joe zuckte mit den Achseln. »Wer weiß, wie lange ich den Job behalte.«
Diana ließ ihn beim Gemüseschneiden helfen, aber nur so lange, bis sie merkte, dass er stundenlang draußen im Regen herumgelaufen war. Sie schickte ihn zum Duschen und Umziehen, und als er zurückkam, stand das Essen auf dem Herd, die Spülmaschine war eingeräumt und die Pfannen abgewaschen. Es blieb nichts mehr zu tun, als den Wein aufzumachen.
»Das wäre sehr hilfreich«, sagte sie. »Ist Chenin Blanc okay für dich?«
»Wunderbar.« Er fragte sie nach ihrem Tag – sie hatte eingekauft, den Haushalt gemacht und mit einer Freundin Kaffee getrunken. Im Gegenzug schilderte er seinen Besuch in der Galerie.
»Patrick Davy scheint ein ganz netter Kerl zu sein.« Als Diana darauf nichts erwiderte, fuhr er fort: »Ich war auch in der Muschelhöhle. Das ist ja wirklich was ganz Besonderes, nicht wahr?«
»Doch, sicher. Roy und ich waren mal dort, kurz nachdem wir hergezogen sind, aber ich fand es gruselig. Roy hat sich natürlich köstlich amüsiert. Er hat dauernd rumgealbert und Geistergeräusche gemacht. Ich war heilfroh, als ich wieder draußen war.«
Joe äußerte sein Mitgefühl und fuhr fort: »Es würde mich interessieren, wie es so war, als ihr damals nach Trelennan kamt.«
Sie sah ihn von der Seite an. »Da gibt es nicht viel zu erzählen.«
»Na ja, ich meine, was hat Roy so von Leon Race gedacht und umgekehrt? Ein pensionierter Polizist lässt sich in der Stadt nieder – da würde man doch erwarten, dass die beiden sich füreinander interessieren?«
»Eigentlich nicht. Damals war alles noch nicht so – es war einfach anders.« Diana lächelte, wie um ihn zu beschwichtigen, aber sie wussten beide, dass sie sich verplappert hatte.
Sie hatte sagen wollen: Damals war alles noch nicht so schlimm .
Um des lieben Friedens willen ließ Joe das Thema fallen. Beim Essen unterhielten sie sich über die Unbilden des Gastgewerbes. Diana bestätigte seine Vermutung, dass das Beste an dem Beruf zugleich auch das Schlimmste sein konnte: die Menschen, mit denen man zu tun hatte.
Auf einmal war die erste Flasche Wein leer, und es war gerade einmal sechs Uhr. Draußen war es dunkel, und es regnete in Strömen. Noch ein, zwei Gläser, dann hätte er bestimmt die nötige Bettschwere.
Du verträgst auch nichts mehr , dachte er.
Diana schlug vor, die zweite Flasche mit ins Wohnzimmer zu nehmen. Als er aufstand, summte sein Handy. Er hatte eine SMS von Alise, abgeschickt vor knapp einer Stunde. Offenbar hatte er sie überhört.
Joe, ich habe beschlossen, Trelennan zu verlassen. Ich habe schon zu viel Zeit mit dieser Sache vergeudet. Meine Schwester muss ihren eigenen Weg gehen. Tut mir leid, dass wir uns nicht auf Wiedersehen sagen konnten. Alles Liebe.
Er las die Nachricht mehrmals durch. Als er Dianas interessierten Blick bemerkte, hielt er ihr
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