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Federschwingen

Federschwingen

Titel: Federschwingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Seidel
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gehandelt hatte.
    Erael kam zurück und schwebte die Treppe herunter wie ein … ja, wie ein Engel. Er kam ihm so überirdisch schön vor, dass es Dantalion den Atem verschlug. Möglicherweise bildete er sich das nur ein, doch er hörte Robert ebenfalls scharf einatmen. Fehlte nur der Heiligenschein und vielleicht eine Harfe, dann wäre das Bild komplett. Von den fehlenden Flügeln mal abgesehen, Dantalion wusste ja, dass Erael überaus entzückende Schwingen hatte.
    „Norton ist einverstanden.“ Die Mitteilung ließ Robert lächeln, wodurch er regelrecht hübsch ausschaute. Zumindest so hübsch ein Teenie mit stereotyp gestylter Frisur, die effektiv seine Stirnpartie verdeckte, sein konnte. Er passte einwandfrei in die breite Masse von Jugendlich en hinein, mit seinem karierten Hoody und den tief sitzenden Hosen.
    Jetzt aber hob er den Kopf, sodass man seine blauen Augen erkennen konnte. Es lag nichts Falsches mehr darin, er verstellte sich nicht mehr. Trotzdem versuchte er, cool rüberzukommen, als er seinen langen Pony ein wenig zur Seite strich.
    „Wär ’ mir eh egal gewesen“, sagte er lässig, aber ohne gehässigen Unterton.
    Erael ließ ihm diese Frechheit diesmal durchgehen, vielleicht, weil ihm bewusst geworden war, dass sich etwas in dem Jungen verändert hatte. Zwar würde es zu seiner vollständigen Wandlung noch viel Zeit brauchen, aber die äußerste, härteste Schale war geknackt, jetzt konnte die eigentliche Arbeit mit ihm losgehen. Die jedoch lag in Eraels Verantwortung, nicht in seiner. Zum Glück. Er konnte sich vorstellen, dass es wesentlich schwerer sein musste, jemanden zum Guten zu verleiten, als ihn auf die schiefe Bahn zu locken.
     
    „Lust auf einen Verdauungsspaziergang?“ Nachdem sie Robert wieder abgeliefert hatten, standen sie nun vor dem Wohnheim an der Straße und Dantalion lächelte Erael leicht an. Statt des insgeheim erwarteten Freudenausbruchs – woher er die Vermessenheit nahm und sich Erael jubelnd über seinen Vorschlag vorstellte, wusste Dantalion nicht – schüttelte Erael leicht den Kopf.
    „Ich muss nach Hause und Jelial Bericht erstatten.“
    Dantalion fühlte sich, als hätte man ihn mit Eiswasser übergossen.
    „WAS?“ Ohne es zu wollen, war dieses Wort aus ihm herausgeplatzt. Er wedelte hektisch mit den Händen und verhaspelte sich beim Sprechen, sodass er nach einem Räuspern neu anfangen musste, nachdem Erael ihn verständnislos anblinzelte. Verdammt, was war nur los? Solche Anwandlungen hatte er sonst nie gehabt!
    „Ich dachte, wir verbringen den Tag zusammen.“
    Erael zog die Augenbrauen zusammen und schaute zur Seite. Als ob der Asphalt neben ihm eine Ausrede parat hätte.
    „Ich habe dir eine Nacht versprochen, Dantalion. Nicht mehr und nicht weniger. Sag mir, wo wir uns treffen und ich werde da sein.“
    „Von Nacht war nie die Rede. Aber es muss nicht sein, ich habe nur geglaubt, du würdest dich gleich bedanken wollen, damit du mir nichts schuldest, weil ich meinen Teil der Abmachung eingehalten habe.“
    „Ich kann jetzt aber nicht!“ Erael wirkte hektisch, fast panisch und so griff Dantalion nach seiner Hand.
    „Nicht so schlimm. Ich dachte nur, dass wir jetzt Zeit hätten“, lockte er in bester dämonischer Manier.
    „Dantalion, ich habe noch andere Verpflichtungen als dir gegenüber. Ich muss zumindest Jelial Bescheid geben, dass …“
    „Ruf sie an“, schlug Dantalion gelassen vor. Erael schien hochgradig verunsichert und so strich Dantalion mit dem Daumen über seinen Handrücken.
    „Du machst dir immer viel zu viele Gedanken. Sag ihr einfach, dass alles gut gelaufen ist und du heute privat unterwegs bist. Das dürfte für einen Engel, der mit vollem Körpereinsatz schuftet, ja kein Problem sein.“
    Erael hatte sich selbst verkauft, um Hilfe bei Robert zu bekommen. Lag es nur an seinem Job, dass er bereit war, so weit zu gehen? Oder war es vielleicht so, dass Erael einen Grund brauchte, um sich dazu durchzuringen? Wenn das so war, so ließ er Erael gern alle möglichen Gründe vorschieben, solange das Ergebnis war, dass er mit ihm schlafen konnte.
    Eraels Hände zitterten, als er sein Handy hervorkramte. Mit gerunzelter Stirn beobachtete Dantalion ihn. War das Angst oder war es Aufregung, die Erael so beben ließ? Das blasse Gesicht mit den knallroten Hektikflecken und die unsichere Stimme, mit der Erael seinen Bericht an Jelial weitergab, ließen auf Angst schließen. Dantalion war drauf und dran, ihn nach Hause zu schicken,

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