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Federschwingen

Federschwingen

Titel: Federschwingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Seidel
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ohnehin zu spät. Sein Herz war gebrochen und schmerzte in jeder Sekunde, die er nicht bei Dantalion sein konnte.
    Zuerst war es Dantalions schönes Äußeres gewesen, das ihn angezogen hatte. Dann hatte er ihn mit seiner Dreistigkeit und seinem Witz becirct, hatte ihn gerettet und ihm eine andere, sanfte Seite von sich gezeigt. Und jetzt erfuhr er, dass Dantalion in seiner Freizeit gern andere Leute prügelte, um sich daran aufzugeilen. Freiwilligkeit hin oder her, so etwas ging gar nicht!
    Erael warf sich auf sein Bett, um wieder einmal seine Kissen vollzuheulen. Dieses Mal versiegten seine Tränen jedoch schnell und machten der brennenden Wut Platz, die in ihm schwelte, seit Zamael Dantalions Namen in den Mund genommen hatte. Was er von ihm wohl außerdem im Mund gehabt hatte? Nein! Daran wollte er nicht denken! Wie konnte es überhaupt sein, dass jemand, der so zärtlich und verständnisvoll sein konnte wie Dantalion, derart die Beherrschung verlor und seinen Bettgenossen so zurichtete? Das passte nicht zusammen!
    Erael setzte sich ruckartig auf. Es war nicht so, dass er Zamael nicht glaubte, aber er wollte von Dantalion hören, dass er sich so in ihm geirrt haben sollte. Er musste es von ihm selbst bestätigt bekommen!
    Hektisch kramte Erael in seinem Schrank herum, bis er einen schlichten Pullover, mit dem er fliegen konnte, und eine Jeans in den zitternden Händen hielt. Schnell zog er beides an, öffnete sein Fenster und sprang ins Freie. Zum Glück wusste er ja, wo sich der Hauptsitz der Dämonen befand.
    Die Sonne hatte sich gerade vollständig über den Horizont geschoben, als er auf dem Dämonengrundstück landete. Anscheinend rechnete Leonard nicht mit himmlischem Besuch, sonst hätte er bestimmt Bannkreise gezogen, die verhinderten, dass ein Engel ihren Bereich betreten konnte. Dass das nicht der Fall war, war lediglich ein unwesentlicher günstiger Umstand. Er war noch lange nicht im Haus und in Dantalions Zimmer. Wie sollte er dorthin gelangen? Klingeln und nach Dantalion fragen konnte er schlecht, und er wusste nicht, welches Fenster zu Dantalions Zimmer gehörte. Die Möglichkeit, auf dem Fensterbrett zu landen und so lange zu warten, bis Dantalion ihm aufmachte, fiel also weg. Um das Haus kreisen, bis er Dantalion zufällig entdeckte, ging ebenfalls nicht, die Gefahr, dass Leonard ihn dabei erwischte, war viel zu groß.
    Während Erael weiter überlegte, wie er am besten zu seinem geliebten Dämon gelangen konnte, quietschte hinter ihm das riesige schmiedeeiserne Tor. Entsetzt fuhr er herum und hielt die Luft an. Als er erkannte, wer da langsam auf ihn zuschlurfte, wurden seine Augen groß. Dantalion schien ebenso geschunden wie Zamael, ein Flügel hing nutzlos über seine Schulter, der andere war offenbar angesengt, jedenfalls dem Gestank nach zu urteilen, den ein kühler Luftzug zu Erael herüberwehte. Nein, so konnte niemand aussehen, der einen anderen gerade missbraucht hatte! Er glich vielmehr einem Krieger, der soeben von einer Schlacht heimkehrte! Zamael hatte ihn angelogen und er hatte Dantalion zu Unrecht vorverurteilt! Ohne zu überlegen, stürzte er auf Dantalion zu und schlang ihm die Arme um den Hals.
    „Dantalion!“
    Der Angesprochene erstarrte, aber er wehrte sich nicht.
    Erst nach einer kurzen Weile, in der er die Wärme seines Geliebten genoss, konnte er sich von ihm lösen. Auf Armlänge hielt er ihn von sich, ohne den Körperkontakt zu unterbrechen und schaute ihn besorgt von oben bis unten an. Er sah wirklich schlimm aus.
    „Erael“, murmelte Dantalion überrascht. „Du … hast dir die Haare geschnitten.“
    Eine von seinen Händen griff nach einer der längeren Strähnen auf der Vorderseite.
    „Das ist jetzt gar nicht wichtig!“, ereiferte sich Erael. „Was ist mit dir passiert?“
    Dantalion grinste schief. „Ich bin total abgebrannt.“
    Obwohl Erael nach wie vor besorgt war, musste er leise lachen. Der Dämon stank angekokelt und konnte immer noch Witze reißen. „Das ist nicht komisch, Dantalion. Bist du verletzt?“
    Dantalion schüttelte den Kopf. „Der rechte Flügel ist ein wenig angeknackst, sonst ist alles okay.“
    „Du kannst nicht fliegen.“
    Dantalion zuckte mit den Schultern. „Gibt Schlimmeres.“ Er schaute Erael mit so intensivem Blick an, dass der den unterschwelligen Vorwurf verstehen musste. Er hatte ihm die kalte Schulter gezeigt und ihn damit verletzt. Nein, dazu müsste er Gefühle für ihn haben. Wohl eher vor den Kopf gestoßen, seinen

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