Fee und der Schlangenkrieger
wiederholte Tom und lächelte dann traurig, „diese Begegnung mit Ela ist das Verwirrendste für mich. Als wir in Bonn waren, habe ich die Leute um mich herum oft nicht verstanden. Ich glaubte ja, ich wäre eine Waise, und hatte mein Gedächtnis verloren, ich dachte, deshalb war mir alles so fremd. Bis auf Ela. Als ich Ela traf, hatte ich sofort das Gefühl, sie zu kennen. In ihrer Gegenwart kam ich mir nicht wie ein Fremder vor.“
Das Lächeln verschwand.
„Ich hab mich nicht in Ela verliebt. Ich liebe sie einfach wieder, so wie ich Elinorak geliebt habe. Es ist einfach wieder so, wie es immer war. Und erst jetzt, wo wir hier sind und ich mich erinnere, verstehe ich das alles und kann das so benennen.“
Er legte den Kopf schief und sah Fee mit einem Blick an, den sie nicht deuten konnte.
„Charlotte würde mir wieder vorwerfen, dass es Heuchelei ist, aber ich habe wirklich das Gefühl, dass ich dem Schicksal ausgeliefert bin und nicht wirklich selbst Einfluss nehmen kann. Sonst hätte ich mich nie für Ela entschieden, bitte glaub mir das, Fee.“
Fees Herz schlug wie verrückt. Sie ballte die Hände zu Fäusten, denn sie wusste, dass sie sonst zittern würden.
„Kannst du mich bitte Hannah nennen“, bat sie um Zeit zu gewinnen. Ning lächelte beinahe, schwieg aber. Fee sah ihn vor sich stehen. Niemals hätte sie sich vorstellen können, Tom solche Sachen sagen zu hören. Doch sie sprach auch nicht mit Tom. Der Mann vor ihr trug noch immer neuzeitliche Kleidung, doch sie wusste, dass Tom verschwand. Er hörte auf zu existieren. Es würde nicht mehr lange dauern, und nur noch Ning wäre übrig. Vielleicht war es ein bisschen Ning gewesen, den sie in Bonn immer in ihm erahnt hatte.
„Niemand kann beeinflussen, wen er liebt“, sagte sie. Ning lachte bitter.
„Das habe ich auch begriffen. Ich habe versucht, alles Mögliche zu verstehen, aber ich kann es nicht.“
„Wenn du Ela-Elinorak liebst, weil es dein Schicksal ist, unterscheidet sich das dann davon, wie du sie lieben würdest, wenn du Einfluss hättest nehmen können? Wenn es deine Entscheidung gewesen wäre?“
„Vermutlich nicht“, er schob sich die Ärmel zu den Ellenbogen hoch und nickte entschlossen, „und damit bin ich wieder da, wo ich war, bevor ich diese Zeit verließ. Es gibt hier einiges, was ich tun muss. Komm mit, Hannah, dann erzähle ich euch allen den Rest.“
Sie setzten sich unter das Vordach von Slowens Haus. Fee bemerkte geschäftiges Treiben auf dem Dorfplatz. Menschen eilten von hier nach dort, trugen Felle, Decken und Gefäße ins Langhaus, vor dem Holz für ein Feuer aufgeschichtet wurde.
„Das ist alles für die Zeremonie nachher“, erklärte Ning, „es gibt ein Festessen.“
„Wird der Nehr die Zeremonie durchführen?“, fragte Fee und Ning schüttelte den Kopf.
„Nein. Nehr Keseke ist nicht da, er lebt nicht im Dorf. Er kommt und geht nur nach seinem eigenen Ermessen, niemand weiß, wo er gerade ist. Die Erste Priesterin, ich weiß nicht mal wer das jetzt ist, wird die Zeremonie gemeinsam mit den Dorfältesten durchführen. Es dauert nicht mehr lange, dann geht es los. Beeilen wir uns.
Ich hatte also alles, was ich mir wünschen konnte“, fuhr Ning mit seiner Erzählung fort, „ich war gesund, meinem Volk ging es gut, ich war beliebt bei meinem Volk und die Ältesten hatten zugestimmt, dass ich die Frau, die ich liebte, heiraten durfte. Die Vorbereitungen liefen auf Hochtouren. Wenn Elinorak und ich durch das Dorf ritten, strahlten die Leute uns an und riefen uns Glückwünsche hinterher. Wir waren so etwas wie der lebendige sichtbare Beweis für die Menschen, dass die Götter uns wohlgesonnen waren.“
Ela lächelte Ning zu und Ning erwiderte das Lächeln traurig. „Wir waren glücklich“, sagte er, „doch dann brachen die Schlangenkrieger erneut über uns herein.“
Ela bemerkte, dass Nings Stimme zitterte und sie ahnte, dass sie nun zu dem Moment in seiner Erzählung kamen, an dem das Glück den jungen Kriegerfürsten verließ. Auch Fee bemerkte die Falte, die zwischen seinen Brauen erschienen war, und sie beobachtete, wie Ela sich näher zu Ning beugte. Ohne es zu wissen, hatte sie den Atem angehalten, und sie rückte ein Stück näher zu Schlotte und lächelte ihrer Freundin zu.
„Der Kriegerfürst des Schlangenvolks überfiel unser Dorf in der Nacht vor meiner Hochzeit. Er ist ein Mann von unendlicher Grausamkeit, angetrieben von Ehrgeiz und Gier… mein größter Feind. Und er lebt
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