Fee und der Schlangenkrieger
noch immer. Vierzehn Jahre habe ich ihn nicht gesehen, und nun werde ich ihm früher oder später wieder gegenübertreten müssen.“
Ela beobachtete sein Gesicht. Sie konnte sehen, wie nahe Ning die Erinnerung ging und wie sehr ihn der Gedanke an seinen Erzfeind mit Furcht erfüllte.
„Er überfiel unser Dorf und raubte Elinorak. Er verschleppte sie in sein Dorf“, Ning sah Ela an, der es bei seiner Erzählung kalt den Rücken hinunterlief, „er schleppte dich in sein Dorf.“
„Was hat er mit mir gemacht?“, hauchte Ela.
Schlotte sah angewidert von einem zur anderen.
„Bah, ihr seid solche Freaks!“
Ning ignorierte sie.
„Er wollte mich erpressen“, fuhr er mit leiser Stimme fort, „er schickte einen Boten mit der Nachricht, dass ich dich unversehrt zurückbekäme, wenn ich ihm das Geheimnis der Bronzeherstellung verriete und die Sonnenscheibe aushändigte.“
„Das kommt davon“, murmelte Schlotte, doch Ela ignorierte sie.
„Und dann?“, fragte Ela sanft.
„Ich ließ mich darauf ein. Ich stahl die Sonnenscheibe und ritt zum Volk der Schlange. Doch als ich ankam, erfuhr ich, was das Wort dieses Hundesohns wert ist. Er hatte dich bereits getötet… Lenyal.“
Ela zitterte. Sie konnte die Überwindung, die es Ning kostete, diese Dinge zu erzählen und den Namen seines Feindes auszusprechen, beinahe körperlich spüren. Schlotte und Fee waren nicht so feinfühlig.
„
Wie
heißt der?“ fragte Schlotte irritiert.
„Lineal?“ bot Fee hilfsbereit an und Schlotte lachte.
Ning hob die Hand und strich Ela eine Strähne ihres goldenen Haars hinter das Ohr. „Ich denke, dass dies der Grund ist, weshalb mich die Götter ins zwanzigste Jahrhundert geschickt haben. Damit ich dich wiederfinde und den Mut zu beenden, was ich hier begonnen habe. Denn die Geschichte geht weiter.“
Er wandte sich um und sah Fee und Schlotte an.
„Ich hatte mein Volk und meine Götter verraten, als ich mit der Sonnenscheibe zu Lenyal ging, nur um zu erkennen, dass ich naiv und dumm gewesen war. Lenyal und seine Krieger griffen mich an, ich verteidigte mich und tötete ich weiß nicht wie viele. Besonders aber brannte der Hass und die Verzweiflung über den Verlust Elinoraks in mir, ich hasste ihn so brennend und ich wollte, dass er genau so leidet wie ich. Deshalb tötete ich seine Frau.“
Fee starrte ihn an.
„Ich weiß, was jetzt kommt.“
Ning hielt ihrem Blick stand.
„Die Frau war ich, nicht wahr?“
Ela riss die Augen auf und Schlotte wandte ruckartig den Kopf, um von Ning zu Fee und wieder zurück zu sehen.
„Das stimmt“, sagte Ning ruhig, „und es tut mir leid. Aus heutiger Sicht. Damals fand ich es gerechtfertigt.“
„Ich kann nicht sagen, wieso ich das wusste. Ich kann mich nicht daran erinnern. Keine Angst, Ning, ich trage dir das nicht nach. Aber ich wusste es, eben als du davon sprachst… Wie war mein Name, hier?“
„Ennaj“, sagte Ning, „und dein Haar war länger. Ich habe davon geträumt, oft, als ich schon im zwanzigsten Jahrhundert war. Ich bin nachts aufgewacht, weil ich dein Gesicht gesehen hab, mit den offenen toten Augen und den blutverklebten, langen schwarzen Locken, das Blut, das auf deiner Stirn zu trocknen begann… aber ich wusste nicht, wieso ich davon träumte, ich wusste nicht wer du bist. Und ich vergaß die Träume. Ich fuhr nachts aus dem Schlaf, aber am nächsten Morgen wusste ich es nicht mehr. Erst jetzt kann ich mich wieder daran erinnern.“
Fee nickte.
„Bitte sag mir nicht, dass ich auch irgendeine reinkarnierte Bronzezeittrulla bin“, sagte Schlotte, die sich die letzten Enthüllungen kopfschüttelnd, aber schweigend angehört hatte, „ich bekomme langsam Angst.“
Zu ihrer Überraschung begann Ning zu lachen.
„Da kann ich dich beruhigen: ich hatte dich noch nie gesehen, bis ich dich im Institut traf. Ich habe keine Ahnung, wieso du hier bist.“
Schlotte verzog das Gesicht und nickte.
„Mal wieder nur ich. Am falschen Ort zur falschen Zeit.“
„Ich weiß nicht, wie ich dann ins zwanzigste Jahrhundert gelangte. Dieser Teil der Ereignisse ist mir völlig schleierhaft. Ich hatte die Bronzescheibe und die Schlangenkrieger waren hinter mir her. Ich wusste, ins Dorf kann ich nicht zurück, da ja niemand wusste, dass ich die Sonnenscheibe gestohlen hatte und ich nicht erwarten konnte, dass mir irgendjemand helfen würde, wenn sie es erführen. Lenyal war im ersten Moment zurückgeblieben, fassungslos über Ennajs Körper zusammengesunken, ich
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